Das Rosenhaus
lange nicht mehr dem Mann glich, den sie von früher
kannte und den sie liebte.
Sie ließ Peter und Liam allein am Tisch sitzen und über alles
mögliche andere reden, während sie mit Dylans Hilfe das Mittagessen zubereitete
und sich an Liams Lächeln erfreute.
Liam erkundigte sich sogar nach dem Kunstzentrum. Er hatte das Thema
bisher gemieden wie der Teufel das Weihwasser, und nachdem Peter ihm versichert
hatte, dass alles nach Plan verlief, wechselte er auch sofort wieder das Thema.
Irgendwann fing er an, von ihrer gemeinsamen Studienzeit zu reden,
erzählte alte Anekdoten und Abenteuer, die für viel Gelächter sorgten, und
alles fühlte sich fast so an wie früher.
Lily war nicht die Einzige, die das dachte. Auch Peter war
hocherfreut darüber, seinen Freund endlich wieder lachen zu sehen und alte
Geschichten erzählen zu hören. Er staunte, wie jemand, der sich in letzter Zeit
so dramatisch verändert hatte, plötzlich wieder ganz der Alte sein konnte.
Er wollte, dass sie einen schönen Tag miteinander verbrachten. Er
wollte, dass sie das Leben in seiner ganzen Schönheit zelebrierten, und auch
die Zukunft, in die sie sich alle voller Zuversicht und Freude bewegten – denn
obwohl Peter zu seinem eigenen Leben schwieg, brodelte es in ihm. Er konnte es
kaum abwarten, seine Gefühle herauszulassen und seine Freunde an seinem Glück
und seiner Hoffnung teilhaben zu lassen.
Er hatte es schon vor Augen. Ganz wie in alten Zeiten, nur noch viel
besser, weil sie nicht zu dritt, sondern zu viert um den Küchentisch herum
sitzen würden. Wendy wäre das neue Familienmitglied.
Peter hatte seine Liebe gefunden, dessen war er sich ohne jeden
Zweifel sicher. Er hätte nie gedacht, dass es so einfach sein würde, aber zu
seiner Überraschung und Freude war es das, und wenn es nach ihm ginge, würde er
den Rest seines Lebens mit ihr verbringen.
Lilys und Liams Beziehung war immer sein großes Vorbild gewesen, und
es hatte ihn geschmerzt, dabei zusehen zu müssen, wie dieser Leitstern immer
mehr verblasste und fast zu Staub zerfallen war. Und so kam zu seiner Freude,
mit Wendy die Frau seines Lebens gefunden zu haben, auch die Freude darüber,
dass trotz der Widrigkeiten der letzten Zeit jenes unbestimmte Etwas, das Lilys
und Liams Beziehung besonders gemacht hatte, noch immer vorhanden war.
Peter lächelte, wenn Liam Lily anlächelte. Er lachte vor Freude,
wenn Liam über ihre Witze lachte. Und er nickte zufrieden, als Liam Lilys Hand
nahm und ihre Handfläche gegen seine Lippen drückte.
Während beim Essen teilweise gefräßige Stille geherrscht hatte,
überschlugen sich danach alle mit Komplimenten an die Köchin. Beinahe gestand
Lily, dass die Ehre für den wunderbaren Kirschkuchen zum Dessert nicht ihr
gebührte, aber dann war sie doch so frei, ausnahmsweise mal etwas zu
verschweigen und sich im Ruhm eines anderen zu sonnen. Nicht, weil sie das für
ihr Ego brauchte, sondern weil sie die nette Stimmung nicht stören wollte.
Sie blieben in der Küche sitzen, schalteten, nachdem die CD durchgelaufen war, auf Radio um und hörten die Hitparade.
Als sie bei Hit Nummer sieben waren, gelang es Lily endlich, das
Gespräch auf Peters Liebesleben zu lenken. Peter fragte Liam wie verabredet,
was er von einem gemeinsamen Abendessen am folgenden Wochenende halten würde,
und Liam sagte sofort zu. Darüber hinaus blieb Peter aber zurückhaltend und
verriet ihnen nur unverfängliche Details wie das Restaurant, in das er die Dame
seines Herzens eingeladen hatte, und wie ihm das Essen dort geschmeckt hatte.
Sie bohrten so lange nach, bis er schließlich einräumte, dass auch
der gestrige Abend mit Wendy ganz phantastisch gelaufen sei, dass er die Sache
aber nicht beschreien wolle. Alle lachten und nahmen Peter nacheinander in den
Arm. Doch selbst dieses Geständnis war noch nicht die ganze Wahrheit. Die ganze
Wahrheit war, dass er im Moment überhaupt nicht über sein Liebesleben reden
wollte. Am gestrigen Abend, als er sich in ihrem Lächeln verlor, war ihm
aufgegangen, dass er etwas unglaublich Kostbares gefunden hatte, das er einfach
nur schweigend betrachten und ehrfurchtsvoll in all seiner Schönheit genießen
wollte.
Dylan, der ein Einzelkind und seinen etwas ungewöhnlichen Eltern
einigermaßen entfremdet war, genoss größtenteils schweigend das gesellige
Beisammensein, als handele es sich um ein wärmendes Feuer. Hin und wieder
meldete er sich zu Wort, aber im Großen und Ganzen war er vollauf damit
zufrieden,
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