Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graeme Simsion
Vom Netzwerk:
habe?« Rosie war meine Freundin, und das Einzige, woran ich jetzt dachte, war, dass ich unsere Freundschaft nicht zerstören wollte. Die Sache mit dem Sex hatte sich verflüchtigt.
    »Nein, nein, es liegt an mir«, sagte sie. »Du warst unglaublich rücksichtsvoll.«
    Das war ein Kompliment, wie ich es selten bekam. Ein sehr befriedigendes Kompliment. Die Nacht war also kein totales Desaster gewesen.
     
    Ich konnte nicht schlafen. Ich hatte nichts gegessen, und es war erst 20 : 55  Uhr. Claudia und Gene wären jetzt bei der Arbeit, und ich hatte auch keine Lust, mit ihnen zu sprechen. Rosie erneut zu kontaktieren hielt ich für wenig ratsam, also rief ich den letzten Freund an, der noch blieb. Dave hatte schon gegessen, aber wir gingen in eine Pizzeria, und er aß ein zweites Mal. Dann besuchten wir eine Bar, sahen Baseball und redeten über Frauen. Ich weiß nicht mehr viel von dem, was wir erzählten, aber ich vermute, dass nur wenig davon für rationale Zukunftspläne geeignet war.

28
    Mein Verstand hatte ausgesetzt. Natürlich ist das eine Standardphrase und damit eine heillose Übertreibung der Situation. Mein Hirnstamm funktionierte weiterhin, mein Herz schlug noch, und ich vergaß auch nicht zu atmen. Ich konnte meine Tasche packen, auf dem Zimmer frühstücken, zum Flughafen JFK fahren, einchecken und das Flugzeug nach Los Angeles besteigen. Ich schaffte es auch, so weit mit Rosie zu kommunizieren, um diese Aktivitäten zu koordinieren.
    Doch meine Fähigkeit nachzudenken hatte ausgesetzt. Der Grund lag auf der Hand:
emotionale Überlastung!
Meinen sonst so gut kontrollierten Gefühlen hatte ich auf Claudias Rat hin –
dem Rat einer qualifizierten klinischen Psychologin!
– in New York quasi freien Lauf gelassen, und nun waren sie auf gefährliche Weise überstimuliert. Für mein Hirn war es wie ein Amoklauf, der meine Denkfähigkeit lähmte. Dabei hätte ich all meine Denkfähigkeit gebraucht, um das Problem zu analysieren.
    Rosie hatte den Fensterplatz, und ich saß am Gang. Ich folgte den Sicherheitsinstruktionen vor dem Start und stieß mich ausnahmsweise nicht an ihren ungerechtfertigten Annahmen und irrationalen Prioritäten. Im Fall eines drohenden Unglücks hätten alle etwas zu tun. Bei mir war das genaue Gegenteil der Fall. Ich war außer Gefecht gesetzt.
    Rosie legte eine Hand auf meinen Arm. »Wie fühlst du dich, Don?«
    Ich versuchte, mich bei der Analyse auf nur einen Aspekt der Ereignisse und die dazugehörige emotionale Reaktion zu konzentrieren. Ich wusste, wo ich anfangen musste. Logischerweise hätte ich nicht in mein Zimmer gehen müssen, um Genes Buch zu holen. Rosie ein Buch zu zeigen war nicht Teil des ursprünglichen Szenarios gewesen, das ich in Melbourne bei meiner Vorbereitung einer sexuellen Begegnung geplant hatte. Ich mag gesellschaftlich unbeholfen sein, aber nach dem Kuss mit einer nur in ein Handtuch gewickelten Rosie hätte es für den weiteren Verlauf sicher keine Schwierigkeiten gegeben. Meine Kenntnis von Positionen war ein Bonus, für das erste Mal aber vermutlich irrelevant.
    Warum also hatte mein Instinkt mich zu einer Handlung getrieben, die die Situation letztlich sabotiert hatte. Die vordergründige Antwort war offensichtlich: Er hatte nicht gewollt, dass ich weitermache. Aber warum? Drei Möglichkeiten fielen mir ein:
     
    1 . Ich hatte Angst, in sexueller Hinsicht zu versagen.
    Ich brauchte nicht lange, um diese Möglichkeit zu verwerfen. Möglicherweise wäre ich weniger kompetent gewesen als eine erfahrenere Person und vor lauter Angst vielleicht sogar impotent, was allerdings nicht sehr wahrscheinlich war. Aber ich war es gewohnt, mich zu blamieren, selbst vor Rosie. Der Sexualtrieb war sicher sehr viel stärker als jeder Wunsch, mein Image zu schützen.
     
    2 . Wir hatten kein Kondom.
    Als ich darüber nachdachte, fiel mir ein, dass Rosie vielleicht angenommen hatte, ich sei weggegangen, um eines zu kaufen. Natürlich hätte ich bei all den Ratschlägen zu Safer Sex ein Kondom besorgen müssen, und der Portier hätte vermutlich auch eine Notration parat gehabt, genau wie Zahnbürsten und Rasierer. Die Tatsache, dass ich keines holte, war ein weiterer Hinweis darauf, dass mein Unterbewusstsein nicht damit rechnete, den Akt tatsächlich durchzuführen. Gene hatte mir mal die Geschichte erzählt, wie er mit einem Taxi durch Kairo gerast war, um einen Kondomverkäufer zu finden. Meine Motivation war offensichtlich nicht so stark gewesen.
     
    3 . Ich konnte

Weitere Kostenlose Bücher