Das rote Band
Damen wussten meine Großzügigkeit stets zu schätzen“, erklärte er lapidar, wobei er ihren Blick mied.
„Behalt dein Geld!“, rief sie mit letzter Kraft. „Ich bin keine ... Hure, die du für ihre Dienste bezahlen musst.“
„Für eine Hure halte ich dich auch nicht. Aber du wärst die Erste, die mein Geld ablehnt.“ Er zögerte kurz. „Sag, warum hast du sonst die Nacht mit mir verbracht?“
Eloïse lächelte gequält. Musste sie ihm dies wirklich erklären? Sie hatte ihm doch bereits ihre Liebe gestanden. Sie schluckte ihre Tränen hinunter. „Weil ich mich in dich verliebt habe und ich den Eindruck hatte, du empfindest ebenso für mich.“
„Das hast du falsch eingeschätzt, tut mir leid“, entgegnete er scharf und fügte hinzu: „Außerdem – eine Verbindung zwischen uns wäre sowieso unmöglich.“
„Und warum?“ Wieder stiegen Tränen in ihre Augen. „Wir kennen uns lange, und du weißt, dass du mir vertrauen kannst.“
„Wir kennen uns genau ein halbes Jahr, von dem du mir zwei Monate lang vorgespielt hast, du seist ein Mann“, korrigierte er sie.
„Aber … aber ... du hast doch gestern Abend gesagt, dass du mich liebst!“, erwiderte sie mit erstickter Stimme.
„Ich sagte, ich will dich, und nicht, dass ich dich liebe. Das ist ein großer Unterschied. Außerdem war ich betrunken.“
Eloïse konnte nicht antworten. Jedes seiner Worte traf sie wie ein Messerstich.
Doch Victorian schien überhaupt nicht zu merken, wie sehr er sie verletzte und fuhr unerbittlich fort: „Du bist nur die Tochter eines Barons, Eloïse, und nicht vermögend genug, um deinen geringen Stand zu überdecken.“
„Und Besitz ist das Wichtigste, was du von deiner Frau erwartest?“ Ihr Tonfall sollte spöttisch klingen, doch es gelang ihr nicht. „Ich dachte immer, deine Überheblichkeit wäre nur eine Fassade, ein Selbstschutz“, brachte sie mühsam hervor. „Aber scheinbar geht es dir tatsächlich nur um Ansehen und Reichtum.“
„Dir doch auch“, erwiderte er knapp. „Warum sonst hast du dich mit mir angefreundet?“
Entsetzt sah sie ihn an. „Das glaubst du von mir?“, flüsterte sie.
„Warum nicht? Eines der ersten Dinge, die ich über dich wusste, war, dass deine Familie vor dem Ruin steht. Wie passend, sich einen vermögenden Freund auszusuchen.“
Eloïse sah Victorian an, doch es war, als sähe sie ihn das erste Mal – ein Fremder stand vor ihr. Kein Mitgefühl, kein Bedauern zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Wie hatte sie jemals annehmen können, sie sei ihm wichtig? Der Mann, der vor ihr stand, empfand nicht das Geringste für sie. Er hatte mit ihr gespielt, und in ihrer Unerfahrenheit hatte sie es nicht gemerkt. Eloïse drehte den Kopf beiseite. Mit seinen grausamen Worten hatte Victorian in wenigen Augenblicken ihre Welt zum Einstürzen gebracht, und ihn weiter anzusehen, war mehr, als sie ertragen konnte.
„Überleg dir, ob du mein Geld nicht doch annehmen willst“, wiederholte er, „denn gebrauchen kannst du es. Deshalb bist du doch hierher gekommen, das ist doch der wahre Grund für dein Erscheinen hier. Ich habe Greystone verlassen, bevor es sich für dich finanziell ausgezahlt hatte!“
Unter dieser ungeheuerlichen Anschuldigung brach Eloïses Beherrschung endgültig zusammen. Ein Zittern erfasste ihren ganzen Körper und Tränen liefen ihr über die Wangen. „Geh endlich, Victorian“, schluchzte sie, „und tritt mir nie mehr unter die Augen!“
Er blickte sie ungerührt an. „Ich hole dich in einer Stunde zum Frühstück ab.“
Victorian schloss Eloïses Tür hinter sich, und sein Gesicht verzog sich im Schmerz. Was hatte er getan? Aus dem Raum drang Eloïses Weinen – sie hatte ihm seine Lügen abgenommen, und er musste sich zwingen, nicht wieder hineinzugehen und ihr die Wahrheit zu sagen. Seine Gefühle für sie waren tief, doch als Erbe von Walraven durfte er ihnen nicht nachgeben! Eloïse war einfach nicht die richtige Frau für einen zukünftigen Duke, und sein Vater würde ihm eine Ehe mit ihr niemals erlauben. Sich von ihr loszusagen, war der einzige Weg, auch wenn es ihr – und ihm – das Herz brach. Es gab keine gemeinsame Zukunft für sie. Victorian fuhr sich mit den Händen über das Gesicht und ging langsam den Gang hinunter. Die vergangene Nacht war ein Fehler gewesen, und doch wusste er, dass er sie niemals vergessen würde. In seinen Träumen würde Eloïse für immer seine Winterprinzessin bleiben.
Kurze Zeit später klopfte
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