Das rote Band
Schwertkampf zu verbessern.“
„Das ist Ian auch tatsächlich gelungen“, bestätigte Eloïse stolz. „Leroy hat enorme Fortschritte gemacht und seine Zwischenprüfung erfolgreich bestanden.“
Victorians Vater machte eine wegwischende Handbewegung. „Meinem Sohn konnte dieser hochgelobte Fechtmeister bestimmt nichts mehr beibringen. Victorian hatte die besten Ausbilder und beherrscht sein Schwert perfekt.“
„Stimmt, und Ian hat ihm beigebracht, wie er sich damit auch vernünftig verteidigen kann“, erwiderte Eloïse fest und streckte kämpferisch das Kinn vor. Es war eine Sache, wenn sie beleidigt wurde, doch wenn über Menschen, die ihr nahe standen, schlecht geredet wurde, konnte sie das nicht widerspruchslos hinnehmen – auch nicht aus dem Munde eines Dukes!
Maximilian of Walraven revanchierte sich mit einem süffisanten Lächeln. „Ihr seid sehr überzeugt von Eurem Fechtmeister, Lady Eloïse. Sicher hat dieser Ehrlose viel Zeit damit verbracht, Euch den richtigen Umgang mit seinem Schwert zu zeigen.“
Eloïse schloss kurz die Augen, um nicht unüberlegt zu antworten. Die Worte des Dukes widerten sie an. „Es ist leicht, alles zu verspotten, was man nicht kennt, Mylord“, antwortete sie schließlich. „Für mich ist Greystone die letzte Hoffnung und für viele andere auch.“
„Wahrscheinlich“, entgegnete er mit geringschätziger Miene. „Wenn man Eure Situation und Euer Aussehen zusammennimmt, ist die Aussicht, dass Ihr einen Ehemann findet, der Euch ein gemachtes Nest bietet, äußerst gering.“
In diesem Augenblick gab Eloïse auf. Das waren eindeutig zu viele Demütigungen für einen Tag. Sie vermochte nicht, sich gegen noch mehr zur Wehr zu setzen. „So ist es“, sagte sie deshalb schlicht.
Ein Diener, der die abfahrbereite Kutsche meldete, verhinderte den Fortgang des Gesprächs. Und Eloïse war froh darüber, denn sie wollte und konnte keine weitere Kränkung mehr hören. Wäre sie nur niemals nach Walraven gekommen! Stumm erhob sie sich von ihrem Platz und folgte dem Duke und Victorian nach draußen auf den Vorplatz des Schlosses.
Während sein Vater im Eingangsportal stehen blieb, begleitete Victorian sie wider Erwarten bis an die Kutsche. Doch seine geheuchelten Abschiedsworte waren das Letzte, was Eloïse brauchte. Der Schmerz in ihr war wieder aufgebrochen, doch die Wut über ihre abfällige Behandlung gab ihr die Kraft zu sprechen: „Lebewohl, Victorian, ich will dich niemals wieder sehen müssen!“, stieß sie hervor, noch bevor er den Mund öffnen konnte. „Und deine Mutter hatte vollkommen recht: Du bist genau wie dein Vater!“ Eloïse riss an der Muschelkette um ihren Hals und warf sie ihm vor die Füße. Ohne eine Erwiderung abzuwarten, stieg sie in die Kutsche ein und zog die Tür zu.
Das Lachen des Dukes schallte über den ganzen Vorhof. „Hattest du Spaß mit ihr im Bett, Victorian?“, rief er laut. „War sicherlich amüsant mit so einem kleinen Wildfang. Schade, dass Lady Eloïse nicht länger bleibt. Sonst hätte sie die nächste Nacht gerne mit mir verbringen können.“
Victorian sagte nichts, sondern sah der abfahrenden Kutsche einen Moment lang hinterher. Dann beugte er sich hinunter und hob die Kette vom Boden auf. Wehmütig strich er über die feinen Rillen der Muschel, bevor er sie in seine Tasche steckte und auf seinen Vater zuging. „Ich muss mit dir reden“, erklärte er. „Sofort!“
Der Duke hob wissend eine Augenbraue. „Du kennst meine Bedingungen, Sohn.“
„Ja, du hast sie oft genug wiederholt.“ Sein Gesicht verdüsterte sich. „Ich akzeptiere sie.“
Eloïse drückte sich in das weiche Sitzpolster im Inneren der Kutsche und zog den warmen Reiseumhang fest um sich. Sie konnte Walraven gar nicht schnell genug verlassen, nachdem der Duke sie öffentlich bloßgestellt hatte. Doch gerade, als sie das Tor durchfahren wollten, hielt die Kutsche an. Eloïse sah aus dem Fenster und entdeckte zu ihrer Verwunderung Manon.
Die alte Frau hielt ihr einen prall gefüllten Lederbeutel, der leise klimperte, durch das Kutschenfenster entgegen. „Lady Eloïse, Torin bat mich, Euch das zu geben.“
Eloïse fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Wollte Victorian sie ein letztes Mal erniedrigen? Ihr zeigen, dass sie in seinen Augen doch nichts weiter war als eine Hure? Aber diese Genugtuung würde er nicht erfahren! „Ich habe Victorian bereits gesagt, ich will sein Geld nicht!“, rief sie aufgebracht.
Manon blickte sie
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