Das rote Band
„Majestät, wir bieten Euch das Dreifache des Wertes von Highfalls in Gold, wenn Ian der neue Viscount wird.“
Theodoric betrachtete ihn skeptisch. „Ist das alles, Galad?“
„Nein. Was die Gerüchte um Jake und mich angeht, so liegt die Entscheidung ebenfalls in Eurer Hand, Majestät. Bestraft uns, und ihre Wahrheit wird bestätigt. Ignoriert Ihr sie aber … Wer würde es wagen, das Urteilsvermögen des Königs anzuzweifeln? Und was den zukünftigen Erben von Greystone betrifft: Der Titel des Earls of Greystone wird an den erstgeborenen Sohn von Joanna und Ian übergehen.“
Nachdenklich strich der König sich mit der Hand über sein Kinn. „Wenn ihr mir das Dreifache für Highfalls bietet, weiß ich, ihr könnt auch das Fünffache zahlen. Außerdem erwarte ich, dass ihr euer Stadthaus in Delaria aufgebt und dass du, Galad, mir fortan jeden Sommer am Königshof als Berater zur Verfügung stehst.“ Er lächelte. „Willigt ein, und wir beginnen mit der Adelungs- und Einsetzungszeremonie. Weigert euch und mein erstes Urteil gilt.“
Jake blickte kurz zu Galad, Ian und Joanna, bevor er mit fester Stimme antwortete: „Der Festsaal steht bereit, Majestät. Und außerdem dürft Ihr auch noch Joanna und Ians Verlobung bekannt geben.“ Jake ging voraus, öffnete die Tür und hielt inne, als er Amira davor stehen sah. „Was wollt Ihr hier, Mylady?“, erkundigte er sich verwundert.
Amira trat an ihm vorbei in die Bibliothek und verbeugte sich tief vor dem König. „Majestät, ich bin Amira, die älteste Tochter des Marquess of Bellham. Ich bitte inständig um ein Gespräch mit Euch, denn Ihr, Majestät, seid meine letzte Hoffnung.“ Mit großen Augen und bebender Brust sah sie ihn an.
Der König ließ seinen Blick wohlwollend über ihren Körper wandern. „Nun gut“, erwiderte er. „Jake, bereite alles vor. Ich folge in Kürze in den Festsaal, wenn mein Gespräch mit dieser überaus zauberhaften Lady hier beendet ist.“
„Weißt du, warum Amira gekommen ist, Joanna?“, fragte Galad beim Hinausgehen.
Doch Joanna konnte ihm nicht antworten. Sie musste sich zu sehr darauf konzentrieren, nicht erneut in Tränen auszubrechen. Die Anspannung war von ihr gewichen und damit auch all ihre Kraft. Sie würde Ian nicht verlieren, nein, sie würde sich gleich mit ihm verloben! Was immer Amira vorhatte, in diesem Augenblick war es ihr egal. Sie blieb mitten im Gang stehen und schlang die Arme um Ians Hals. Er sagte nichts, sondern zog sie nur an sich. Und, als sie zu ihm aufsah, wunderte es sie nicht, auch in seinen Augen Tränen zu entdecken.
„Also sprecht, Lady Amira, wie kann ich euch behilflich sein?“, fragte Theodoric.
Amira senkte den Blick. „Ich bin die Verlobte von Victorian of Walraven“, begann sie schüchtern. „Ein Umstand, der mich mehr als glücklich gemacht hat, bis ich ihn hier in Greystone näher kennenlernte.“
„Victorian ist mein Patenkind und mir seit seiner Geburt vertraut. Sein Verhalten erschien mir immer untadelhaft. Von daher müsst Ihr Euch erklären.“
Verzweifelt sah sie ihn an. „Er benimmt sich mir gegenüber auch nicht unhöflich, sondern kalt und abweisend. Erst dachte ich, das lege sich mit der Zeit, doch seine Ablehnung mir gegenüber blieb. Ich … ich bot mich ihm an, was mehr als unschicklich ist, doch nie hat er auch nur versucht, mir einen Kuss zu stehlen.“ Sie seufzte. „Dann glaubte ich, er sei in eine andere Frau verliebt. Doch die einzigen beiden Ladies, mit denen er Umgang pflegt, sind Joanna of Greystone und Eloïse of Coldhill. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Burgherrin dem Fechtmeister Ian versprochen ist, wohingegen Eloïse … aussieht wie ein Mann!“
Der König warf ihr einen strengen Blick zu. „Das sind schwere Vorwürfe, die Ihr gegen Victorian erhebt.“
Amira schlug die Hände vor das Gesicht. „Ich weiß, und ich wünschte, ich hätte unrecht. Aber wieso besucht Victorian die Akademie? Immer wieder habe ich mir diese Frage gestellt, denn er braucht keinen Abschluss!“ Wehmütig blickte sie den König an. „Und dann habe ich die Gerüchte gehört, die sich um den Earl und seine Vorlieben ranken.“ Schmerz erfüllte ihr Gesicht. „Deshalb ist Victorian da: Er hofft auf Gleichgesinnte in Greystone.“ Sie sank auf die Knie. „Majestät, mit einer Nebenbuhlerin könnte ich leben, aber nicht mit dem Wissen, dass mein Gemahl mit einem anderen Mann das Bett teilt.“
Theodoric betrachtete sie stirnrunzelnd. „Erhebt
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