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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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Kopf. Er hätte bei Victorian mit vielem gerechnet, aber nicht mit diesem trockenen Humor und dieser Fähigkeit zur Selbstkritik! Der junge Mann legte die hohen Maßstäbe, die er von anderen erwartete, auch bei sich selbst an. „Ich ziehe mich vorher noch an“, sagte er und bückte sich nach seinen Kleidern und dem Waffengürtel, die über den Weg verstreut lagen.
    Victorian reichte ihm sein Schwert. „Ich spreche währenddessen mit dem Händler und erkläre ihm den Fall.“
    Als sie kurz darauf vor das Schankzelt traten, wurden sie unverhohlen angestarrt, doch Victorians eisiger Blick verhinderte, dass jemand sie ansprach, worüber Ian sehr froh war. Die Wirtin stellte zwei Humpen mit Bier vor ihnen auf dem Tisch ab, und er griff gierig danach. Das kühle Getränk tat seinem Hals gut, und er leerte seinen Becher in langen Zügen. Als er ihn absetzte, stand Harper vor ihm.
    „Ah, hier steckst du, Ian, beim Trinkgelage mit Victorian! Und wir haben dich überall gesucht“, sagte der Student vorwurfsvoll. „Es gab Gerüchte, ein Ehrloser in adliger Kleidung sei von den Stadtwachen abgeführt worden.“ Er sah Ian scharf an. „Du hast zufällig nichts davon mitbekommen?“
    „Nein, lieber Harper“, antworte Victorian, bevor Ian etwas erwidern konnte, „denn wir besitzen deine Gier nach Sensationen nicht.“
    „Meine Gier nach … verdammt , es war Lady Joanna, die uns auf die Suche nach Ian geschickt hat.“ Er drehte sich um, sah Raine zwischen den Zelten laufen und rief: „Sag der Burgherrin Bescheid: Ian ist hier!“
    Harper lachte und bemerkte nicht, wie Ian bei seinen Worten zusammengezuckt war. „Hoffentlich erwischt Raine Lady Joanna noch, bevor diese den Stadtvogt in die Hände bekommt“, fuhr Harper fort. „Meine Güte, ich hätte nie gedacht, eine Dame von Stand könnte zu solchen, äh, klaren Worten fähig sein. Die Stadtwachen, die sie sich vorgenommen hat, konnten einem wirklich leidtun.“ Er grinste in Erinnerung an die Szene. „Ich glaube, sie ist furchtbar wütend auf dich, Ian.“
    Ian blieb ihm eine Erwiderung schuldig, denn in diesem Moment erschien Joanna in Begleitung von Raine. Und Harper hat recht: Joanna war außer sich, aber nicht vor Wut, sondern vor Sorge! Doch er erkannte es nur in ihren Augen, äußerlich wirkte sie vollkommen beherrscht. Zu gerne wäre er zu ihr gegangen und hätte sie in die Arme geschlossen, aber wie so oft blieb ihm die Erfüllung dieses Wunsches verwehrt.
    Mehrere Schritte von ihm entfernt blieb Joanna stehen. „Ian, ich habe gehört, es gab Schwierigkeiten mit den Soldaten der Stadt und einigen Edelleuten?“
    Ian hob die Hand, damit Victorian verstand, dass er ihn nicht zu schützen brauchte. „Ein bedauerlicher Irrtum, nichts weiter. Es tut mir leid, wenn ich Euch Anlass zur Beunruhigung gegeben habe. Victorian hat meine Identität bestätigt und das Missverständnis aufgeklärt.“
    Joanna schenkte dem Studenten ein strahlendes Lächeln. „Das werde ich Euch nie vergessen, Victorian! Ich stehe in Eurer Schuld“, erklärte sie und die Wangen des jungen Mannes röteten sich. Dann richtete sie den Blick wieder auf Ian. „Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“ Zögernd trat sie auf ihn zu. „Was ist das für eine Rötung rund um deinen Hals?“ Sie hob die Hand, wurde sich aber ihrer Zuschauer bewusst und ließ sie wieder sinken. Tonlos fügte sie hinzu: „Sag mir, dass es nicht das ist, wofür ich es halte.“
    „Es war nicht schlimm.“ Ian legte so viel Überzeugungskraft wie möglich in seine Stimme – vergeblich.
    „Nicht schlimm?“, rief sie entsetzt. „Wenn jemand eine Schlinge um deinen Hals zuzieht, ist es nicht schlimm ? “
    Ian antwortete nicht, aber sein Mund formte lautlos das Wort später .
    Joanna atmete tief durch. „Wir fahren alle auf der Stelle zurück nach Greystone“, sagte sie. „Und sobald wir die Burg betreten haben, will ich dich in der Apotheke sehen, Ian. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
    „Wie immer, Mylady“, erwiderte Ian ihr mit einem Nicken, das sein Lächeln nur schlecht verbarg.
    „Und Ihr, Victorian, werdet mir bereits während der Rückfahrt Rede und Antwort stehen!“, ordnete Joanna an, bevor sie sich umdrehte und in Richtung der Kutschen ging.
    „Mit Lady Joanna ist nicht gut Kirschen essen, wenn sie zornig ist.“ Raine klopfte Ian lachend auf den Rücken. „Du solltest dich vorsehen, Ian. Ich glaube, sie ist noch nicht ganz fertig mit dir.“
    „Ja“, sagte Ian, „das befürchte

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