Das rote Band
ich auch.“ Allerdings freute er sich auf das, was folgen würde, sobald Joanna ihre Angst zum Ausdruck gebracht haben würde. „Kommt, lasst uns die anderen zusammensuchen, bevor ich noch mehr Minuspunkte bei ihr sammele.“
Harper sah sich um. „Wo steckt eigentlich Korin? Ich habe ihn seit unserer Ankunft nicht mehr gesehen.“
„Er ist bei den Händlern mit den bunten Bändern und dem Haarschmuck hängen geblieben“, erklärte Victorian.
„Was will er denn dort?“, fragte Harper.
Raine zuckte mit den Schultern. „Vermutlich ein Geschenk für seine Schwester kaufen.“
Ian seufzte. Raines Antwort erinnerte ihn an die Bernsteinkette und an Victorians Worte über den ihm zustehenden Lohn. Es ärgerte ihn maßlos, dass Jake ihm niemals eine Vergütung angeboten hatte, obwohl er seit nun mehr zwei Monaten sehr hart für ihn arbeitete und der Earl genau wusste, dass er absolut nichts besaß ! Doch noch mehr ärgerte Ian sich über sich selbst, nicht auf die Idee gekommen zu sein, Jake danach zu fragen. Aber das würde er schleunigst nachholen.
Als einer der Letzten erreichte Eloïse die Pferde und die abfahrbereiten Kutschen und trat zu ihren Freunden.
Ian stand neben Victorian und legte seine Hand auf dessen Unterarm. „Ich wünsche dir viel Vergnügen auf der Fahrt mit der Burgherrin, Victorian“, erklärte der Fechtmeister und lachte.
Dir? Eloïse wunderte sich. Seit wann durfte Ian Victorian formlos ansprechen? Und warum klang seine Stimme so rau? Neugierig trat sie näher. „Habe ich irgendwas verpasst?“
„Lass mich überlegen“, erwiderte Raine und legte die Stirn in Falten. „Ian wurde des Diebstahls bezichtigt, stranguliert und fast eingekerkert, bevor Victorian ihn mit Waffengewalt befreit hat. Und Lady Joanna hat sich beinahe ein Duell mit der Stadtwache geliefert … Aber nein, im Grunde genommen hast du nichts verpasst.“
Eloïses Augen wurden groß und sie starrte ihn an.
„Mund zu, Korin!“ Harper schlug ihr auf die Schulter. „Haarbänder aussuchen war bestimmt auch spannend!“
Ian hatte gerade die Apotheke betreten, wo Joanna bereits auf ihn wartete, als Jake hereinstürmte. Prüfend sah der Earl auf Ians Hals. „Es stimmt also: Der junge Walraven hat deinen Hals aus der Schlinge gezogen!“
Jakes Worte klangen kühl, doch für einen Moment hatte Ian das Gefühl, Besorgnis in seinem Blick wahrzunehmen. Aber als Jake weitersprach, verschwand dieser Eindruck sofort wieder.
„Wie konntest du nur diesen Markt besuchen, Ian? Ich kann mich nicht erinnern, es dir erlaubt zu haben.“
„Oh, brauche ich jetzt schon deine Erlaubnis, um aus der Burg zu gehen?“
„Ja, denn erinnere dich: Ich habe mich für dich verbürgt! Du hättest dich mit mir absprechen müssen.“ Jakes Tonfall wurde immer gereizter. „Stell dir vor, was Joanna hätte passieren können, oder den Studenten!“
„Ich bin der Einzige, der Schaden davon getragen hat, wenn es dich beruhigt“, erwiderte Ian eisig.
„Nein, tut es nicht!“, rief Jake wütend. „Du hast keinen blassen Schimmer, was hinter dem ganzen Vorfall steckt. Wie konntest du nur so dumm sein, Adcoque in die Arme zu laufen?“
„Was?“ Ian machte einen Schritt auf ihn zu. „Der Viscount hat mich verfolgt, nicht umgekehrt!“
Jake schlug mit der Hand auf den Tisch. „Du verstehst nichts! Vielleicht hätten es dir ein paar Tage in seinem Kerker klarer gemacht!“
„Jake!“ Joanna trat vor ihren Bruder. „Bitte, geh jetzt.“
Der Earl warf Ian einen zornigen Blick zu und verließ die Apotheke. Joanna schloss die Augen, als die Tür mit einem lauten Knall hinter ihrem Bruder ins Schloss fiel.
Ian sah sie finster an. „Sag jetzt nichts, Joanna! Weder Jake hat es nicht so gemeint noch In Wahrheit hat er furchtbar Angst um dich . Wir wissen beide, es wäre gelogen.“
Joanna senkte den Kopf. „Lass mich nach deinen Verletzungen sehen“, erwiderte sie leise.
Für einen Moment überlegte Ian, sich ihr zu widersetzen, doch dann ließ er sich auf den Stuhl neben dem Schreibtisch nieder. Er wollte ihr nicht noch mehr wehtun, denn er wusste, wie sehr sie seine Auseinandersetzungen mit Jake quälten.
Nach dem Abendessen klopfte es an Ians Zimmertür, und Galad stand auf der Schwelle. „Darf ich reinkommen?“
Ian nickte und wies auf den Stuhl an seinem Tisch. „Setz dich“, forderte er den jungen Lehrer auf und nahm selbst auf der Kante seines Bettes Platz. „Was führt dich zu mir?“
„Ich bin aus zwei
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