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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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nicht Korin, eine unbekannte Frau. Wenn er jetzt das einst vertraute Gesicht ansah, war es für ihn vollkommen unverständlich, wie er sie jemals für einen Mann hatte halten können! Diese Fremde hatte ihn hinters Licht geführt. Er hatte sich Korin geöffnet, wie nur wenigen Menschen zuvor, und sie hatte ihn betrogen. Insgeheim gab er Harper recht. Es war bestimmt ihr Plan gewesen, sich mit dieser Verkleidungsposse einen reichen Ehemann unter den Studenten zu angeln. Und unglücklicherweise hatte es ihn getroffen.
    Die Worte seines Vaters kamen ihm ins Gedächtnis. ‚ In unserer Position gibt es keine Freunde, mein Sohn. Das ist die erste Lektion, die du lernen musst: Vertraue niemand!‘ Tausendfach hatte er sie während seiner Kindheit und auch darüber hinaus zu hören bekommen, wenn sich ein scheinbarer Freund wieder einmal mehr als Bittsteller erwiesen hatte. Und in diesem Fall verhielt es sich nicht anders. Es wäre schön gewesen, doch sie hatte ihn ausgenutzt wie alle anderen zuvor auch. Doch wenigstens hatte sich jetzt seine sonderbare Zuneigung zu Korin erklärt. Sie hatte ihn unbewusst mit ihren Reizen betört, und er war blindlings in ihre Falle getappt! Natürlich war es kein Zufall gewesen, dass er ihr Bildnis in dem Skizzenbuch entdeckt hatte. Sie hatte es geplant, um sein Interesse zu wecken.
    Victorian blickte auf die drei gelben Rosen in seiner Hand, die er im Garten gepflückt hatte, um sie Korin auf den Nachttisch zu legen. Aber verdammt noch mal! Das war nicht Korin, sondern irgendein dahergelaufenes Frauenzimmer, für dessen Taten er nur Verachtung empfinden konnte! Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Hoffentlich schickte der Earl diese Betrügerin fort, sodass ihm ihr Anblick nach den Ferien erspart blieb. Zornig verließ er den Raum und warf die Blumen achtlos zu Boden.
     
    Am Mittag des nächsten Tages öffnete sich die Tür des Krankenzimmers, und der Earl of Greystone trat ein, begleitet von Lady Joanna und Ian. Eloïse wappnete sich innerlich. Jetzt war es soweit, ihr Rauswurf stand kurz bevor.
    „Wie geht es Euch, Eloïse?“, fragte der Burgherr und setzte sich auf den Stuhl neben ihrem Bett, während Ian und Lady Joanna hinter ihm stehen blieben.
    „Danke, Mylord, die Schmerzen sind erträglich“, antwortete sie leise.
    „Warum habt Ihr Euch als Mann in Greystone angemeldet?“, kam er ohne Umschweife zur Sache.
    In knappen Worten schilderte Eloïse die Notlage von Coldhill sowie die gesundheitlichen Beschwerden ihres Bruders. „Ich hatte nie die Absicht, jemandem zu schaden. Es tut mir alles sehr leid. Ich weiß, dass Ihr mich der Akademie verweisen werdet, Lord Greystone.“
    Der Earl sah sie eine Zeit lang nachdenklich an, bevor er ihr antwortete: „Eloïse, Ihr müsst die Burg nicht verlassen, sondern dürft das Ausbildungsjahr beenden. Vorausgesetzt, Ihr wollt und besteht die Zwischenprüfung.“
    „Wie bitte?“ Eloïses Augen wurden groß. „Ich darf bleiben, und Ihr bestraft mich nicht?“
    Der Earl lächelte. „Ihr werdet den Unterricht in der Klasse der Männer fortsetzen, mit allem, was dazugehört. Das könnte unter Umständen Strafe genug sein.“
    „Eloïse“, wandte sich Lady Joanna an sie, „wir werden heute Abend beim Bankett allen Studentinnen und Studenten sagen, wer Ihr seid und warum Ihr Euch als Mann ausgegeben habt.“ Sie hob die Hände. „Nicht alle werden Eure Beweggründe anerkennen. Rechnet damit, nach den Erntedankferien manch unangenehme Bemerkung zu hören.“
    Trotzig hob Eloïse das Kinn. „Ich bin Spott gewohnt. Es geht um Coldhill, alles andere ist unwichtig.“
    „Gut“, sagte der Earl. „Ihr werdet die Ferien in Greystone verbringen und Euch erholen und nicht wie die anderen Studenten nach Hause fahren, denn reisefähig seid Ihr noch nicht. Lord Lionsbridge wird einen Brief an Eure Familie schreiben, die Ereignisse schildern und darum bitten, Euch angemessene Kleidung zu schicken.“
    Eloïse schluckte. Dass ihre Eltern nun die Wahrheit erfahren würden, daran hatte sie noch nicht gedacht.
    Ian schien ihre Gedanken zu erraten. „Deine Mutter und dein Vater werden sehr stolz auf ihre tapfere Tochter sein.“
    „Das sagst du“, murmelte sie und ließ ihren Kopf zurück aufs Kissen sinken.
    Lady Joanna trat zu ihr ans Bett. „So, das war genug Aufregung für Eloïse heute. Ian, Jake, verlasst bitte das Zimmer, ich will mir ansehen, wie ihre Wunde verheilt.“
    Die beiden Männer nickten und gingen hinaus. Der Earl schloss die

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