Das rote Band
und Spitze verzierten Kleid.
Nach einem Blick in den Spiegel hatte Eloïse sehr unglücklich gewirkt, und Joanna hatte sich ihrer angenommen. Sie hatte die Haare der jungen Frau mit Klammern aus dem Gesicht zurückgesteckt und sie dezent geschminkt. Der Gesamteindruck hatte sich damit enorm verbessert, doch mit dem eleganten Aussehen der anderen Studentinnen konnte Eloïse nicht konkurrieren. Je näher das Ende der Ferien rückte, desto bedrückter wirkte die junge Frau, und trotz ihrer gegenteiligen Behauptung war es unverkennbar: Die veränderten Umstände bereiteten Eloïse Sorge.
Die Blätter der Bäume hatten sich bereits bunt gefärbt, als die Studenten aus den Ferien zurückkehrten. Der Wald um Greystone bot ein farbenprächtiges Bild, doch Eloïse konnte es nicht genießen. Sie stand in der Apotheke und starrte aus dem Fenster hinaus auf den Vorplatz, wo Kutschen und Reiter eintrafen. Wie würden die jungen Männer auf sie reagieren und wie die Studentinnen?
„Eloïse, kommst du?“, fragte Ian. „Es wird Zeit für das Abendessen.“
Sie löste sich vom Fenster und ging zu ihm. Für seine Bereitschaft, diese erste Mahlzeit gemeinsam mit ihr einzunehmen, war sie sehr dankbar.
„Es wird sicher nicht schlimm“, sagte Ian. „Die Studenten mochten dich alle.“
Und genau da lag das Problem. Die jungen Männer hatten Korin gemocht. Dass sie ihr genauso viel Kameradschaft entgegenbringen würden, bezweifelte Eloïse stark. Sie fürchtete sich, vor sie zu treten, vor allem in diesen altmodischen und abgetragenen Kleidern, in denen sie sich schon immer unwohl gefühlt hatte. Doch der Earl hatte ihr nicht erlaubt, weiterhin Hosen zu tragen, und für neue Röcke reichte das Geld nicht. Eloïse verzog das Gesicht. Sie sah genauso jämmerlich aus, wie sie sich fühlte!
Mit hängenden Schultern folgte Eloïse Ian in die Halle, und mit einem Mal wurde ihr ihre Körpergröße wieder völlig bewusst. Von nun an würde man sie wieder mit den Frauen vergleichen! Schnell krümmte sie ihren Rücken noch ein bisschen mehr, damit ihr hoher Wuchs weniger auffiel. Ian suchte einen Platz nahe dem Eingang, sodass ihr das Durchqueren des Saales erspart blieb. Trotzdem hörte sie das Tuscheln an den Nachbartischen und das nur halbherzig unterdrückte Lachen.
„Das ist nur heute so“, tröstete Ian. „Morgen haben sie sich daran gewöhnt, und der Unterricht bringt sie wieder auf andere Gedanken. Als meine Enterbung während des letzten Ausbildungsjahres bekannt wurde, war das Gerede auch nur von kurzer Dauer.“
Eloïse nickte und löffelte schweigsam ihre Suppe. Hoffentlich behielt er recht!
Am nächsten Morgen verzichtete Eloïse auf ihr Frühstück und lief in ihrem Zimmer auf und ab, bis der Gong ertönte, der den Anfang des Unterrichts ankündigte. Sie wollte erst kurz vor dem Lehrer im Saal eintreffen, um mit niemandem sprechen zu müssen.
Tatsächlich saßen alle Studenten bereits auf ihren Stühlen, als sie eintraf. Mit gesenktem Kopf huschte sie zu ihrem Platz neben Victorian, aber als sie dort ankam, war ihr Tisch nicht mehr da! Verwirrt drehte sie sich um und entdeckte einen letzten freien Tisch in der Ecke, dort, wo sie am ersten Unterrichtstag gesessen hatte, bevor Victorian den Tisch neben seinen getragen hatte! Eloïse ließ die Schultern hängen. Es war vollkommen klar, was ihr Victorian damit zu verstehen geben wollte. Da Lord Lionsbridge in diesem Moment das Zimmer betrat, ließ sie sich schnell nieder, doch die Enttäuschung saß tief, und der Unterricht lief an diesem Morgen an ihr vorbei.
Nach dem Ende der letzten Stunde wartete Eloïse, bis alle jungen Männer den Raum verlassen hatten, ehe sie zum Mittagessen ging. Gerne hätte sie diese Mahlzeit ebenfalls ausfallen lassen und die große Halle umgangen, aber ihr Bauch knurrte entsetzlich. Vielleicht hatte sie Glück, und Ian war noch da. Doch der Fechtmeister war in der Halle nicht zu sehen. Eloïse drückte ihre Tasche an sich und sah sich um. Ganz in der Nähe saßen vier Studentinnen an einem Tisch. Sie nahm all ihren Mut zusammen und ging auf die Frauen zu. „Darf ich mich zu euch setzen?“
„Du darfst dich setzen“, erwiderte Maralda, „aber nicht zu uns. Wir sind fertig mit dem Essen.“ Sie stand auf, und die drei anderen Studentinnen erhoben sich ebenfalls.
Eloïse ließ sich auf die Bank sinken und starrte auf den leeren Teller vor sich. Hunger verspürte sie keinen mehr.
Den Nachmittag verbrachte Eloïse auf ihrem
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