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Das rote Flugzeug

Das rote Flugzeug

Titel: Das rote Flugzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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gehe ich auf dem Postamt vorbei und schicke ein Telegramm an Colonel Spendor.«
    Gemeinsam gingen sie zum Postamt, dem einzigen Backsteinbau in Golden Dawn. Sergeant Cox blieb draußen, um mit Constable Lovitt zu sprechen, den sie dort trafen.
    Der Postbeamte saß an einem Pult hinter der Theke und schrieb, als Bony eintrat. Durch eine Glaswand konnte man die Telefonvermittlung sehen. Die Glastür stand weit offen, und Bony konnte nicht umhin, die junge Frau auf der anderen Seite zu bemerken, die sich neugierig nach ihm umdrehte. Ihre blauen Augen waren kalt und abschätzend, und wäre sie nicht so eine attraktive Person gewesen, hätte man ihren Blick zweifellos als unverschämt bezeichnet.
    Bonys Telegramm an den Commissioner in Brisbane war kurz:
    ›Die Sache gefällt mir. Wetter ausgezeichnet. Sergeant Cox ein ungewöhnlich kluger Kollege.‹
     
     
     
    8
    Ein Stachelrochen unter den Fischen
     
    Auf den meisten australischen Schaf- und Rinderfarmen sind die Menschen in drei Klassen eingeteilt, denn selbst unter den demokratischsten der angeblichen Demokraten Australiens herrscht ein starkes Klassenbewußtsein. An der Spitze der Hierarchie auf so einem Gut stehen der Eigentümer oder staatliche Verwalter und seine Familie. Sie leben im sogenannten government house, dem Hauptgebäude und Verwaltungszentrum. Auf vielen Farmen gibt es ein zweites, weniger aufwendiges Haus, in dem die Praktikanten und der Aufseher untergebracht sind. Das Haus hat meistens auch einen Aufenthalts- und einen Eßraum. Die ›unteren Ränge‹, die Viehhüter und Handwerker, wohnen in einer Hütte, und ihr Eßraum schließt sich an die Küche an, in der ihr eigener Koch herrscht.
    Auf Coolibah gab es für die Praktikanten und den Aufseher kein Extrahaus. Normalerweise hätte Ted Sharp zum mittleren Stand gehört, und als Nettlefold ihn fragte, ob er auf ein paar Tage ins government house ziehen würde, um nachts das Haus zu bewachen, erklärte Ted sich zwar gern bereit, die Bewachung zu übernehmen, äußerte aber den Wunsch, weiterhin mit den Leuten zusammenzuwohnen.
    »Ich arbeite mit ihnen, und ich esse mit ihnen«, sagte er, »und ich würde lieber auch weiterhin mit ihnen zusammen wohnen.«
    Aber davon wollte Elizabeth nichts hören; nicht etwa, daß sie demokratischer gewesen wäre als andere ihres Standes, aber schließlich war Ted Sharp ja kein gewöhnlicher Viehhüter und außerdem … nun ja …
    »Wenn Sie gut genug sind, jede Nacht das Haus zu bewachen«, sagte sie mit Bestimmtheit, »sind Sie auch gut genug, bei uns zu leben. Bitte, Ted, widersprechen Sie mir nicht.«
    »Na schön«, meinte er und seufzte, obwohl er insgeheim erfreut war.
    Schnell hatte er sich an die Umstellung gewöhnt. Tagsüber schlief er in einem kühlen Zimmer im Haupthaus, nahm seine Mahlzeiten mit Nettlefold und Elizabeth ein, und nachts machte er Rundgänge oder saß auf der Veranda vor dem Zimmer der Patientin. Elizabeth bekam ihn während ihres Nachtdiensts nie zu sehen, aber sie wußte, daß er nicht weit weg war, und war daher unbesorgt.
    Jedoch einen Kriminalbeamten mit Eingeborenenblut in den Adern als Gleichgestellten im Haus aufzunehmen – das war eine ganz andere Sache. Als Hetty sie weckte, um ihr die Ankunft Dr. Knowles’ und eines Beamten mitzuteilen, der ein australisches Halbblut war; als sie hörte, daß dieser Beamte eben jetzt mit dem Doktor und ihrem Vater im Arbeitszimmer saß und daß ihr Vater Anweisung gegeben hatte, für diesen Menschen ein Zimmer zu richten, fand Elizabeth, das wäre wirklich die Höhe.
    Nettlefold und Dr. Knowles ihrerseits waren Bony zunächst mit kalter Zurückhaltung begegnet, aber es gab nur wenige, die der angenehmen Ausstrahlung dieses ungewöhnlichen Menschen auf Dauer widerstehen konnten. Seine etwas großartige Art, sich auszudrücken, wurde wettgemacht durch das humorvolle Blitzen der blauen Augen, das eine kräftige Portion Selbstironie enthielt. Bei seiner Ankunft hatte Bony gebeten, ein Bad nehmen und sich umziehen zu dürfen, ehe man sich zu einer ersten Besprechung zusammensetzte, und in dieser Zeit hatte Knowles Nettlefold alles erzählt, was Cox ihm über Mr. Napoleon Bonaparte berichtet hatte.
    Frisch rasiert und im tadellosen dunkelblauen Anzug war Bony schließlich wieder erschienen, und nun saßen die drei Männer also im Arbeitszimmer zusammen, Dr. Knowles wie immer mit dem unvermeidlichen Whiskyglas in der Hand. Als Elizabeth zur Tür hereinkam, sprang Knowles sofort auf und machte

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