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Das rote Flugzeug

Das rote Flugzeug

Titel: Das rote Flugzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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Wasser und schwammen. Sorgsam darauf bedacht, keine Kräfte damit zu vergeuden, gegen die Strömung anzukämpfen, schwammen sie ruhig und gleichmäßig.
    Nicht einen Moment konnten sie in ihren Anstrengungen nachlassen, nicht einen Moment der Rast gab es, in dem sie sich hätten erholen können. Bonys Arme waren bleischwer. Seine Oberschenkel verkrampften sich schmerzhaft. Von einer Kraft, die weit größer war als seine, wurde er in einen Baumwipfel getrieben, der mit seinen gekrümmten Ästen über und unter Wasser eine gefährliche Falle war.
    Er spürte jemanden neben sich – jemanden, der ihn energisch anschob.
    »Schwimmen Sie, Bony!« rief Shuteye. »Schwimmen, Bony! Los, schwimmen Sie!«
    Mit letzter Kraft zog Bony Arme und Beine durch das wirbelnde Wasser. Er spürte die Krämpfe in seinen Beinen. Sie taten entsetzlich weh. Ach, hätte er sich doch einen Moment ausruhen können! Warum, zum Teufel, schob Shuteye ihn dauernd an?
    »Ruhig jetzt, Bony!« brüllte der dicke Schwarze neben ihm. »Alles klar. Legen Sie sich auf den Rücken. Los, auf den Rücken. Der olle John Kane hat da in dem Baum wie ein verängstigtes Huhn gehockt. Haben Sie ihn kreischen hören?«
    Bony gehorchte. Das klare Blau des stillen Himmels blickte in seine müden Augen hinunter. Eine merkwürdige Lethargie bemächtigte sich seiner. Er fand dieses sanfte Dahintreiben sehr angenehm.
    »Los, Bony. Schwimmen Sie! Stoßen Sie mit den Füßen!« flehte Shuteye. »Los, los! Schlafen Sie vielleicht? Sie sollen mit den Füßen stoßen!«
    Bony gehorchte. Er merkte, daß der Schmerz in seinen Beinen nachgelassen hatte, aber immer noch waren seine Glieder bleischwer. Die Zeit dehnte sich ins Unendliche. Stoßen! Und stoßen! Und stoßen! Wozu überhaupt? Es war so sinnlos. Er wollte nur ausruhen.
    Ganz plötzlich, ganz ohne Übergang wurde sein Kopf klar. Er konnte Shuteyes stoßweises Atmen hören, und er spürte das Wirbeln des Wassers um sich herum, das von Shuteyes Beinstößen verursacht wurde. Und er wußte, daß Shuteye ihn nicht im Stich lassen würde, nicht einmal, um sich selbst zu retten.
    »Lassen Sie los!« rief er schwach.
    Wie ein Aal drehte er sich um und schwamm neben dem keuchenden Shuteye her. So nahe jetzt, daß sie die Köpfe heben mußten, um ihre gewölbten Rücken sehen zu können, glitt eine Kette hellroter, kahler Sanddünen nordwärts. Verbissen schwamm er weiter. Er hörte jemanden rufen, aber Shuteye war es nicht. Er fragte sich, wer es sein könnte. Jetzt versuchte Shuteye etwas zu schreien – ein Röcheln in der Stimme. Bony war völlig ausgepumpt. Er konnte nicht mehr schwimmen. Warum auch schwimmen? Es war weder sinnvoll noch vernünftig zu schwimmen, wenn er gar nicht wollte. Das Licht erlosch in rötlichem Flimmern, das rasch zu schwarzer Finsternis wurde. Immer noch hielt ihn jemand, schob ihn, stieß ihn. Sie war nicht unangenehm, diese völlige Untätigkeit. Dann brach strahlend Tageslicht in seine Augen, und er sah das häßliche Gesicht von Bill Sikes. Er lächelte den Schwarzen an und schloß die Augen.
     
     
     
    26
    Das Wunder
     
    Es war wie ein Erwachen im warmen Sonnenlicht des frühen Morgens. Aus den Bäumen hinter den Dünen schallten die heiseren Schreie der Kakadus herüber. Doch als Bony sich bewegte und aufsetzte, wurde ihm speiübel. Der alte Illawalli, der an seiner Seite war, ergriff eine seiner Hände.
    »Ich habe gewartet, Bony. Ich hab’ gewußt, daß du schläfst. Gleich geht’s dir wieder gut. Du bist nur müde, aber gleich geht’s dir wieder gut.«
    Eine seltsame, köstliche Empfindung rann oberhalb der Hand, die der Häuptling hielt, seinen Arm hinauf, eine Empfindung, die rasch die schreckliche Lethargie, die ihn umfangen hielt, vertrieb. Das Kribbeln breitete sich in seinem ganzen Körper aus und verjagte wie eine frische Meeresbrise das Verlangen zu schlafen. Jetzt konnte er sich ohne Hilfe aufsetzen. Illawalli hielt weiter seine Hand.
    Die Nachmittagssonne hing über den fernen Reihen der Coolibah–Bäume jenseits der braunen Fluten, die an ihnen vorüberströmten und durch den Rundbogen der Dünenkette nach Westen gedrängt wurden. Bony und Illawalli saßen dicht am Rand der braunen Wasser, während etwas weiter entfernt Shuteye einen zugespitzten Stock zwischen seinen Händen wirbelte und Bill Sikes unablässig in ein Häufchen trockenes, zerriebenes Gras blies, in das der Stock vergraben war. Rauch stieg aus dem Grashäufchen auf, und der dicke Shuteye drängte seinen

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