Das Rote Kornfeld
Nordsee-Geld annehmen wollte. Der Bauer besaß kein Tigerreiter-Geld, wie es die Eisengesellschaft ausgab. Zwanzig von den kleinen Klößchen ruhten schon sicher in seinem Magen. «Das ist alles, was ich habe», sagte er. «Wenn du es haben willst, nimm es. Wenn nicht, dann sag dir, du hättest die zwanzig Klößchen gespendet, um die Bettler zu vertreiben.» Die Zuschauer rieten dem Verkäufer, das Nordsee-Geld anzunehmen, das ja seinen Wert wiedergewinnen musste, sobald sich das Jiao-Gao-Regiment den Rückweg erkämpft hatte. Die Menge zerstreute sich, der Verkäufer nahm unter ärgerlichem Gemurmel das Nordsee-Geld an und begann wieder seine Waren anzupreisen: «Klöße! Fleischgefüllte Klöße! Frisch aus dem Ofen!»
Die Dorfbewohner, die mit dem Frühstück fertig waren, versammelten sich voll Neugierde und Vorfreude um das Hauptzelt, wurden aber durch das furchteinflößende militärische Gehabe und die Waffen der Soldaten der Eisengesellschaft mit ihren glänzenden glatten Stirnen daran gehindert, das Zelt zu betreten. Drinnen sah man noch die Brandspuren vom Vorabend. Man hatte die verkohlten Leichen des Kräuterarztes und seines hageren Maultiers an die Bucht vor dem Dorf geschleppt, wo der Gestank der bis zur Unkenntlichkeit entstellten Leichen aasfressende Krähen anlockte. Die Krähenschwärme kreisten über dem Aas und stürzten sich dann wie die Steine und Ziegel eines zusammenbrechenden Hauses darauf, bis die beiden verwesenden Körper unter einer metallblauen Decke schlagender Flügel verschwanden. Die Dorfbewohner dachten darüber nach, wie schnell sich der muntere energische Arzt von gestern abend mit seinem Maultier in einen Leckerbissen für Aaskrähen verwandelt hatte, aber es gelang ihnen nicht, ihre Gefühle in Worte zu fassen.
Die Soldaten der Eisengesellschaft hatten die Gegend rund um Großmutters Sarg von Leinwandfetzen und Zeltstücken freigekehrt, und die wenigen unzerstörten Trinkschalen, die unter der Asche lagen, waren unter die Zähne ihrer Harken geraten. Großmutters Sarg glänzte hässlich und erschreckend im Morgenlicht. Flammen hatten die einst so feierliche und ehrfurchtgebietende scharlachrote Oberfläche verzehrt, und der dicke Lack, den man so sorgfältig mit weicher Watte aufgetragen hatte, war geschmolzen und gerissen, so dass ein Labyrinth von Sprüngen den Sarg überzog. Die Begräbnisutensilien glänzten schwarz, als habe man sie mit einer hässlichen Schicht aus stinkendem dunklem Öl überzogen. Mein sechzehnjähriger Vater stand neben dem gewaltigen Sarg, der ihm bis zum Adamsapfel reichte, und die mächtige Kiste erschien der größte Gegenstand der Welt zu sein; sie raubte ihm den Atem. Er erinnerte sich daran, wie sie den Sarg beschlagnahmt hatten und wie der alte Mann, der aussah, als sei er mindestens hundert, und sein weißes Haar immer noch zu einem kleinen Zopf gebunden trug, sich an ihn geklammert und geweint hatte: «Das ist mein Zuhause ... das kann kein anderer haben ... ich habe unter der Großen Qin-Dynastie das Examen abgelegt, und selbst der Bezirksrichter hat mich <älterer Bruder> genannt... nur über meine Leiche, ihr Banditenpack.» Auf die Tränen folgten Flüche.
Großvater war an diesem Tag im Lager geblieben und hatte unter dem Befehl seines vertrauten Adjutanten, des Anführers der Reitertruppe, ein paar Mann abkommandiert, die den Sarg besorgen sollten. Vater war mitgegangen. Er hatte erfahren, dass dieser Sarg aus vier Stücken Zypressenholz bestand, von denen jedes viereinhalb Zoll dick war. Er stammte aus dem ersten Jahr der Republik und war seitdem jedes Jahr lackiert worden: schon dreißig Schichten Lack. Der alte Mann wälzte sich wie ein störrischer Esel vor seinem Sarg auf dem Boden, und man konnte nicht erkennen, ob er lachte oder weinte. Offenbar hatte er den Verstand verloren. Der Anführer der Reitertruppe warf ihm ein Bündel Tigerreiter-Geld der Eisengesellschaft zu und sagte mit gehobener Augenbraue: «Wir zahlen für das, was wir nehmen, alter Mann.» Mit den wenigen Zähnen, die ihm verblieben waren, riss der alte Mann das Bündel auf und fluchte: «Ihr Banditen, ihr Räuberbande, nicht einmal der Kaiser hat Leuten ihre Särge gestohlen ... ihr Banditen!»
«Du alter Trottel», rief der Reiterführer zurück, «hör mir gut zu! Jeder von uns muss seinen Beitrag zum antijapanischen Widerstandskampf leisten, du Nachkomme eines stinkenden Esels. Du hast noch Glück, wenn sie dich in ein paar Hirsepflanzen wickeln und in
Weitere Kostenlose Bücher