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Das Rote Kornfeld

Das Rote Kornfeld

Titel: Das Rote Kornfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Spitze des Zugs, während der gesprächige Wuluan, der die Kommunisten und die Guomindang gleichermaßen hasste, neben Großvater hertrabte. Sein gescheckter Hengst war noch sehr jung und riss den Kopf hoch, als er die fünf anderen Pferde sah, die an der Spitze galoppierten, weil er es ihnen gleichtun wollte. Aber Wuluan hielt ihn energisch zurück. Verärgert schnappte er nach Großvaters Rappen, um zu zeigen, dass er nicht mit seinem Reiter einverstanden war. Großvaters Pferd bäumte sich auf und schlug aus. Also blieb er zurück und ließ Wuluan vorreiten.
    Die warmen hellblauen Wasser des Schwarzwasserflusses sangen ein fröhliches Lied und ließen einen leichten feuchten Nebel über den Feldern am Ufer aufsteigen. Der größte Teil der Hirse vom letzten Jahr lag als leblos brauner Haufen über die Felder verstreut. Man sah die Spuren der Schlachten vom vergangenen Jahr. Hier und da standen Bauern mit hilflosen Mienen herum, während ihre schlaueren Brüder die Felder abbrannten. Die staubtrockene Hirse knisterte und knackte, verwandelte sich bald in Asche und nährte die schwarze Erde, die ihr das Leben geschenkt hatte.
    Die Flammen der Hirse, die die Bauern entzündet hatten, flatterten an den breiten Ufern des Schwarzwasserflusses wie dunkelrote Stoffstreifen. Grüne Rauchbänder wanden sich vor einem eisklaren Himmel, und der durchdringende Geruch von brennender Hirse drang Großvater kratzend in Hals und Nasenflügel. Sie ritten weiter, und Wuluan, der nie um Worte verlegen war, wandte sich um und sagte: «Kommandant Yu, ich habe die ganze Zeit nur geredet. Du hast überhaupt nichts dazu gesagt.»
    Großvater lächelte trocken und sagte: «Ich kann kaum zweihundert Zeichen lesen. Von Mord und Totschlag verstehe ich etwas, aber wenn ich über nationale Fragen oder Parteiprobleme reden soll, kannst du mich gleich vergessen.»
    «Gut, aber wem, meinst du, sollten wir das Land übergeben, wenn wir die Japaner einmal vertrieben haben?»»
    «Das geht mich nichts an. Ich weiß nur, dass sich keiner trauen sollte, mir an den Schwanz zu gehen.»»
    «Was würdest du dazu sagen, wenn die Kommunisten die Macht übernähmen?»»
    Vater schnaubte verächtlich durch ein Nasenloch.
    «Und wie wäre es mit der Guomindang?»
    Er schnaubte durch das andere Nasenloch.
    «Ganz meine Meinung! Was China braucht, ist ein Kaiser. Ich habe die Geschichte der Drei Reiche und die Räuber vom Liangshan-Moor gelesen, als ich noch klein war, und habe es mir genau überlegt: Kämpfe kommen und gehen, lange Zeiten der Trennung gehen der Einheit voran, und auf lange Phasen der Einheit folgt Trennung, aber das Reich fällt immer wieder einem Kaiser in die Hände. Das Volk ist die Familie des Kaisers, und der Kaiser ist der Vater des Volks. Deshalb setzt er alle seine Kräfte an die Regierungsaufgaben. Aber wenn eine politische Partei die Macht übernimmt, macht jeder, was er will. Opa sagt, es sei zu kalt, und Oma beschwert sich über die Hitze, und alles gerät in Unordnung.»
    Wuluan parierte seinen Schecken und wartete, bis Großvater aufgeholt hatte. Dann lehnte er sich zu ihm hinüber und sagte mit geheimnisvoller Stimme: «Kommandant Yu, ich habe schon in meiner Kindheit die Geschichte der Drei Reiche und die Räuber vom Liang-shan-Moor gelesen und kann sie immer noch auswendig. Ich habe Mut für drei, aber leider habe ich bisher keinen weisen Herrn gefunden, dem ich dienen konnte. Ich habe geglaubt, Schwarzauge sei ein kühner Führer, also bin ich von zu Hause weggelaufen, um mich ihm anzuschließen. Ich wollte Tausende von Meilen vor starkem Wind über stürmische Wogen fahren, um etwas Großes zu vollbringen, bevor ich eine Frau nehme und mich zur Ruhe setze. Wie hätte ich wissen sollen, dass er so dumm ist wie ein Schwein und so blöd wie ein Ochse, keinen Mut hat und nichts im Kopf. Er kümmert sich doch um nichts als seine anderthalb Morgen Land an der Salzwassermündung. Unsere Vorfahren sagten: