Das Rote Kornfeld
Genossen zu Boden fielen, schlugen sie mit den Flügeln und erhoben sich wie Geschoßsplitter in die träge Luft.
Als Vater jung war, hat er gelegentlich beim alten Geng Spatzen gegessen. Sie schmeckten köstlich und waren sehr nahrhaft. Dreißig Jahre später verwickelten mein älterer Bruder und ich in einem Experimentierfeld mit Mischhirse ein paar schlaue Spatzen in ein hartnäckiges Gefecht. Damals war der alte Geng schon über siebzig, er war pensioniert und lebte allein. Er gehörte zu den angesehensten Personen unseres Dorfes. Er war es, den man aufforderte, auf Versammlungen zu sprechen, wenn es darum ging, Beschwerden gegen die alte Ordnung vorzutragen, und auf dem Podium entblößte er dann den Oberkörper, um seine Narben zu zeigen. «Die Japaner haben mir achtzehn Bajonettstiche versetzt», erzählte er, «bis man die Haut vor lauter Blut nicht sehen konnte. Aber ich bin nicht gestorben. Und wisst ihr auch, warum? Weil mich ein Fuchsgeist beschützt hat. Ich weiß nicht, wie lange ich dagelegen bin, aber als ich die Augen aufgemacht habe, konnte ich nur strahlendrotes Licht sehen. Der Fuchsgeist hat meine Wunden mit der Zunge geleckt ...»
Der alte Geng - Geng mit den Achtzehn Stichen - hatte eine Geistertafel für den Fuchsgeist im Haus. Während der Kulturrevolution beschlossen die Roten Garden eines Tages, die Geistertafel zu zerbrechen. Aber sie überlegten es sich schnell anders und verschwanden, als sie ihn mit einem Beil in der Hand vor der Geistertafel knien sahen.
Der alte Geng nahm den Fuchs ins Visier. Er wusste genau, in welche Richtung er laufen würde, aber er zögerte, als es darum ging abzudrücken. Er wusste, dass er den feinen buschigen Pelz für gutes Geld verkaufen konnte. Wenn er überhaupt schießen wollte, dann jetzt. Der Fuchs hatte ein gutes und erfülltes Leben gelebt. Jede Nacht hatte er sich ins Dorf geschlichen und ein Huhn gestohlen. Wie stark die Dorfbewohner ihre Hühnerställe auch befestigten, er fand immer einen Weg hinein, und wie viele Fallen sie auch aufstellten, er entkam immer. Es war, als hätten die Dorfbewohner ihre Hühnerställe nur als Speisekammer für den Fuchs gebaut.
Der alte Geng hatte das Dorf beim dritten Hahnenschrei verlassen und war direkt zu dem niedrigen Damm am Sumpf gegangen, um dem Hühnerdieb aufzulauern. Das trockene Sumpfgras stand hüfthoch, und eine dünne Eisschicht, gerade stark genug, das Gewicht eines Mannes zu tragen, bedeckte das stehende Wasser, das sich während der Herbstregen gesammelt hatte. Die gelben Quasten der gefangenen Halme zitterten in der eisigen Morgenluft. Helle Lichtstrahlen vom fernen östlichen Himmel fielen auf die Eisfläche, die ein feuchtes Licht wie von Karpfenschuppen ausstrahlte. Dann wurde der Himmel im Osten hell und tauchte Eis und Sumpfgras in ein kalt strahlendes Rot, ein Rot, das geronnenem Blut glich. Der alte Geng nahm den Fuchsgeruch wahr und sah, wie sich in einem dicken Grasbüschel plötzlich Wellen teilten und wieder schlossen. Er steckte den halberfrorenen Zeigefinger der rechten Hand in den Mund, ließ seinen Atem darüberstreichen und legte ihn dann an den reifbeschlagenen Abzug.
Der Fuchs sprang hinter dem Grasbusch hervor, stand auf der weißen Eisfläche und verwandelte sich in eine rotglühende Flamme. Dunkelrotes geronnenes Hühnerblut bedeckte die spitze Schnauze, eine hanffarbene Hühnerfeder war in den Schnurrhaaren hängengeblieben. Der alte Geng stieß einen Schrei aus, und der Fuchs blieb wie angefroren stehen und versuchte, den Damm zu überblicken. Der alte Geng schüttelte sich vor Kälte, und die aufblitzende Wut in den Fuchsaugen saugte ihm das Blut aus dem Herzen. Der Fuchs schlich über das Eis auf das Riedgras zu. Irgendwo da drin hatte er seinen Bau. Der alte Geng schloss die Augen und drückte ab. Der Rückstoß war so heftig, dass sich seine Schulter taub anfühlte.
Wie ein Blitz verschwand der Fuchs im Ried. Der alte Geng stand mit der Flinte in der Hand auf und schaute auf den dunkelgrünen Rauch der Mündung, der sich in der Luft verteilte. Er wusste, dass der Fuchs sich im Sumpfgras verbarg und ihn voll Abscheu anstarrte. Der alte Geng stand unter dem silbergrauen Himmel und wirkte größer und kräftiger als sonst. Ein Gefühl, das einem schlechten Gewissen verdächtig ähnlich war, regte sich in ihm. Er wünschte, er hätte nicht geschossen, und dachte an das vergangene Jahr zurück und an das Vertrauen, das der Fuchs ihm erwiesen hatte. Er hatte immer
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