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Das Rote Kornfeld

Das Rote Kornfeld

Titel: Das Rote Kornfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Jiao-Gao-Regiment abgenommen hatten. Mit der Reitgerte spielend, trat er selbstzufrieden vor die Gefangenen. Vater konnte schweres Atmen hinter sich hören und brauchte gar nicht erst hinzuschauen, um sich den wütenden Ausdruck auf Großvaters Gesicht vorzustellen. Zugführer Lengs Mundwinkel waren nach oben gebogen, und die feinen Fältchen über seinen Wangen wanden sich wie kleine Schlangen.
    «Hast du schon darüber nachgedacht, was ich mit dir anfangen werde, Kommandant Yu?» fragte er kichernd.
    «Das musst du selber wissen», antwortete Großvater.
    «Es wäre schade, dich zu töten. Aber wenn ich es nicht tue, entführst du mich vielleicht eines Tages wieder.»
    «Du kannst mich töten, aber meine Augen werden sich nicht schließen.»
    Mit einem geschickten Tritt schleuderte Vater einen Pferdeapfel gegen Zugführer Lengs Brust.
    Der hob die Peitsche und ließ sie dann wieder sinken. «Ich höre, dieser kleine Armleuchter hat nur ein Ei. Vielleicht sollte man ihm das andere auch noch abschneiden. Dann hört er vielleicht auf, zu beißen und um sich zu treten.»
    «Leng, alter Junge, er ist doch nur ein Kind», sagte Großvater. «Was immer du vorhast, tu es mir an!»
    «Bloß ein Kind? Der Kleine ist streitsüchtiger als ein Wolf.»»
    Füßchen Jiang, der aus seiner Ohnmacht erwacht war, stand mühsam auf.
    «Kommandant Jiang»», sagte Zugführer Leng kichernd, «was meinst du, was ich mit dir anstellen soll?»»
    «Du hast nicht das Recht, mich zu töten, Zugführer Leng!»
    «Dich zu töten wäre nicht mehr, als eine Ameise zu zertreten.»»
    Vater sah ein paar graue Läuse, die auf Kommandant Jiangs Hals umherkrabbelten. Er senkte den Kopf und versuchte, sie mit den Zähnen zu erwischen. Das erinnerte Vater an den Tag des Überfalls, als die Jiao-Gao-Soldaten sich im Sonnenschein die Hemden ausgezogen hatten, um einander die Läuse vom Rücken zu sammeln.
    «Wenn du mich umbringst, gerätst du nur in Schwierigkeiten, Zugführer Leng»», sagte Kommandant Jiang kühn und selbstbewusst, obwohl sein Gesicht in kalten Schweiß gebadet war. «Der Tag wird kommen, an dem das Volk mit dir wegen des unerhörten Verbrechens abrechnet, edle Kämpfer des antijapanischen Widerstands ermordet zu haben.»»
    «Ihr könnt warten, bis ich etwas gegessen habe. Ich kümmere mich nachher um euch.»»
    Die Leng-Soldaten saßen auf der Erde, aßen Pferdefleisch und tranken Hirsebrand. Der Wachposten auf der nördlichen Dorfmauer feuerte einen Schuss ab und lief, das Gewehr hinter sich herschleifend, ins Dorf. Er schrie aus vollem Hals: «Die Japaner kommen! Die Japaner kommen!»
    Erschreckt sprangen die Soldaten auf, rempelten einander im allgemeinen Wirrwarr an und verstreuten Pferdefleisch und Hirsebrei auf dem Boden.
    Bis der Wachposten die Truppe erreicht hatte, war er außer Atem. Zugführer Leng hielt ihn am Ärmel fest und fragte zornig: «Wie viele Japaner? Echte Japaner oder Marionettentruppen?»
    «Ich glaube, Marionettentruppen. Sie tragen gelbe Uniformen. Eine ganze Schlachtreihe mit gelben Uniformen stürmt vornübergebeugt auf das Dorf zu.»
    «Marionetten? Bringt die Schweinehunde um! Unteroffizier Qi, führe deine Leute an die Mauer; aber ein bisschen plötzlich!»
    Die Soldaten griffen zum Gewehr und rannten zur Dorfmauer. Zugführer Leng wandte sich an zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete Posten und sagte: «Passt auf die Gefangenen auf. Knallt sie ab, wenn sie verrückt spielen.»
    Von einer Leibwache umgeben, eilte er vornübergebeugt zum nördlichen Dorfrand.
    Zehn Minuten später brachen die Kämpfe los. Auf die ersten Gewehrsalven folgte Maschinengewehrfeuer, und es dauerte nicht lange, bis die Luft sich mit glänzenden Geschossen füllte, die im Dorf explodierten und Granatsplitter gegen die Dorfmauer und die Bäume schleuderten. Unter das Kampfgeschrei der eigenen Truppen mischte sich unverständliches Geheul in einer fremden Sprache.
    Es waren echte Japaner, keine Marionettentruppen. Zugführer Leng und seine Leute verteidigten verbissen die Dorfmauer, von der die Schreie der Verwundeten aufstiegen.
    Nach einem halbstündigen Kampf gaben sie ihre Stellungen auf und zogen sich in die Deckung eingestürzter Hauswände zurück. Sie versuchten weiter, die Japaner an der Einnahme der Dorfmauer zu hindern.
    Schon fielen japanische Artilleriegranaten in die Bucht. Nervös stampften die Soldaten des Jiao-Gao-Regiments und der Eisengesellschaft mit den Füßen auf und nickten mit den Köpfen. «Bindet uns

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