Das Rote Kornfeld
ging er wieder ins Haus und trank weiter mit Onkel Luohan, der immer noch Vorarbeiter in der Brennerei war. Als es hieß, Großvater sei ermordet worden, und als Großmutter mit Schwarzauge wegging, rollten die Brennereiarbeiter ihr Bettzeug zusammen und gingen auf Arbeitssuche. Doch Onkel Luohan blieb wie ein treuer Wachhund zurück und passte auf den Familienbesitz auf. Er war fest davon überzeugt, dass die dunkle Nacht bald zu Ende sei und ein neuer Morgen anbrechen werde. Er hielt die Stellung, bis Großvater, der den Klauen des Todes entsprungen war, aus dem Gefängnis ausbrach und sich mit Großmutter versöhnte, die bereit war, wieder zu ihm zu ziehen. Sie trug Vater in den Armen, als sie von der Salzwassermündung heimkehrte. Als sie an das verfallene Tor klopften, stürzte Onkel Luohan wie von Furien gehetzt aus dem Schuppen, in dem er sich eingerichtet hatte, und als er seinen Herrn und seine Herrin erkannte, warf er sich auf den Boden, und heiße Tränen rannen über sein wettergegerbtes Gesicht. Onkel Luohan war ein so grundanständiger und treu ergebener Mann, dass Großvater und Großmutter ihn wie ihren eigenen Vater behandelten. Wo es um die Angelegenheiten der Brennerei ging, ließen sie ihm - auch in Geldfragen - freie Hand, egal, um wieviel Geld es ging, und prüften nie seine Buchhaltung.
Die Sonne stand hoch im Südosten, als man wieder Gewehrfeuer hörte, und Großvater wusste, dass das Geräusch irgendwo aus der Gegend der Salzwassermündung kam, vielleicht sogar aus dem Dorf selbst. Besorgt und ungeduldig wollte er das Maultier fertigmachen und losziehen, aber Onkel Luohan bat ihn abzuwarten, wie die Dinge sich entwickeln würden, und sich nicht voreilig in eine mögliche Katastrophe zu stürzen. Onkel Luohans Vorschlag war vernünftig, aber Großvater war zu unruhig, um still sitzen zu bleiben. Während er auf den Bericht des Arbeiters wartete, der auf Befehl Onkel Luohans die Lage erkunden sollte, lief er ständig aus der Empfangshalle heraus und wieder hinein. Atemlos, mit schweißbedecktem Gesicht und schlammbedecktem Körper, kam der Mann kurz vor Mittag zurück und berichtete, dass die Japaner das Dorf an der Salzwassermündung bei Tagesanbruch umzingelt hatten. Niemand wusste genau, was im Dorf vor sich ging. Er hatte sich anderthalb Kilometer vor dem Dorf in einem Schilfbusch versteckt. Er hatte bestialische Schreie und Wolfsgeheul gehört und dicke Rauchsäulen über dem Dorf gesehen. Der Mann ging, und Großvater schenkte sich etwas Schnaps ein, warf den Kopf in den Nacken, leerte die Schale und rannte los, um die Pistole zu holen, die er vor langer Zeit in einem Loch in der doppelten Lehmwand versteckt hatte.
Auf dem Weg aus der Empfangshalle traf er auf sieben oder acht abgerissene, bleiche Flüchtlinge von der Salzwassermündung. Sie führten ein glotzäugiges haarendes Maultier mit zwei Körben auf dem Rücken. Eine zerrissene Jacke mit herausquellendem Futter bedeckte den linken Korb, der Inhalt des rechten war ein etwa vierjähriger Junge. Großvater sah auf den hageren Nacken, den zu großen Kopf und die langen, fleischigen Elefantenohren des Jungen, der friedlich in einem Korb saß, sich um nichts kümmerte und mit einem rostroten Messer an einem weißen Weidenzweig herumschnitzte. Holzspäne flogen aus dem Korb. Großvater, der von dem Kind fasziniert war, erkundigte sich bei seinen Eltern nach dem Stand der Dinge im Dorf. Dabei sah er die ganze Zeit das Kind an, das so in seine Schnitzerei versunken war und so große Ohren hatte: Vorzeichen für Glück, ein langes Leben und Erfolg.
Seine Eltern wollten die Taten der Japaner im Dorf beschreiben und unterbrachen einander ständig. Sie hatten es ihrem Sohn zu verdanken, dass sie entkommen waren, denn der hatte am Nachmittag herumgequengelt und verlangt, seine Großmutter mütterlicherseits zu besuchen, und nichts hatte ihn davon abbringen können. Schließlich hatten sie nachgegeben und früh am Morgen ihr Maultier beladen. Als die ersten Schüsse fielen, waren sie den Japanern, die sofort das Dorf umzingelten, immer um einen Schritt voraus. Die anderen Flüchtlinge, die knapp dem Rachen des Todes entkommen waren, erzählten von ihrer Flucht. Als Großvater nach Zweiter Großmutter und meiner kleinen Tante Xiangguan fragte, schüttelten sie die Köpfe, machten ein besorgtes Gesicht und stotterten, ohne etwas zu sagen.
Der Junge im Körbchen ließ die fleißigen Hände auf den Bauch sinken, hob den Kopf und sagte mit
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