Das Rote Kornfeld
warf, war der junge Soldat mit den schönen Augen. In seinem Gesicht war nichts als Scham zu sehen, nur die schönen Augen füllte die Panik eines gehetzten Kaninchens. Sein Körper roch nach Wermutkraut. Zwischen zitternden vollen roten Lippen glänzten die Zähne silbrig. Ein Anfall von Mitleid überkam Zweite Großmutter, und traurige und zugleich süße Stiche einer Nadel von Stahl bohrten sich in ihr betäubtes Herz. Unter Tränen blickte sie in ein Gesicht auf, das unter Schweißperlen von Selbsthass und Scham gezeichnet war. Zuerst rieb er sich an ihrem Körper, aber dann hörte er damit auf und wagte sich nicht mehr zu bewegen. Sie spürte seine Gürtelschnalle, die sich in ihren Bauch presste, und das Zittern, das durch seinen Körper ging.
Die Soldaten, die um das Bett standen, brüllten vor Lachen und machten spöttische Bemerkungen über ihren impotenten jungen Kameraden. Der hagere Japaner, der inzwischen wieder bei Atem war, sprang auf das Bett, riss den jungen Soldaten roh beiseite und führte seine eigene Potenz ohne einen Anflug von Scham oder Verlegenheit vor. Zweite Großmutter fühlte sich vom Hals abwärts wie tot. In ihrem Kopf kreiste etwas Gelbes, etwas Gelbes und Elliptisches ...
Später hörte sie aus weiter Entfernung einen Schrei meiner kleinen Tante, der ihr das Blut gerinnen ließ. Mühsam öffnete sie die Augen und sah etwas, das sie für einen Alptraum hielt : Der junge Soldat mit den schönen Augen stand auf dem Bett und hob meine kleine Tante auf der Spitze seines Bajonetts in die Luft, ließ sie ein paar Mal in weitem Bogen kreisen und schleuderte sie dann von sich. Wie ein großer Vogel mit flatternden Flügeln segelte meine kleine Tante langsam durch die Luft und landete neben dem Bett auf dem Boden. Die kleine rote Jacke öffnete sich im Sonnenschein, begann sich auszubreiten wie ein Stück weiche, glatte rote Seide und füllte allmählich das Zimmer mit wehenden, hellen Wogen.
Die Arme meiner kleinen Tante erstarrten im Flug, und das Haar stand ihr vom Kopf wie die Borsten eines Stachelschweins. Der junge japanische Soldat stand da und hielt sich an seinem Gewehr fest. Aus seinen Augen flossen klare blaue Tränen.
Zweite Großmutter schrie so laut sie konnte und versuchte sich aufzurichten. Aber ihr Körper war bereits tot. Vor ihren Augen flammte eine Welle von Gelb auf, dann ein grünes Licht. Schließlich versank sie in einer tuscheschwarzen Flut.
Schwingt eure Säbel und schlagt die Japaner!
Die Hirse ist rot, der Feind kommt von Ost.
Sie schänden das Land. Sie schänden die Frauen.
Brüder, die ihr das Vaterland liebt,
Gekommen ist zum Kampf die Zeit.
5
Großvater kam am nächsten Morgen in das Dorf an der Salzwassermündung. Er war vor Morgengrauen auf einem unserer beiden großen schwarzen Maultiere aufgebrochen und kam an, als die Sonne über den Bergen erschien. Bei seiner Abreise hatte er sich mit Großmutter gestritten, und seine schlechte Laune hatte sich auf dem ganzen Weg nicht verflüchtigt. Das prächtige Kaleidoskop farbigen Morgenlichts im Sonnenaufgang über dem schwarzen Boden von Nordost-Gaomi würdigte er keines Blickes und sah auch die Krähen nicht an, die auf grünen Schwingen in den vormorgendlichen Himmel aufstiegen. Er peitschte das Maultier gnadenlos mit den Zügelenden aus gewundenem Hanf. Das wandte den Kopf und starrte den Mann auf seinem Rücken an. Es war überzeugt, sich ohnehin schon mit der höchstmöglichen Geschwindigkeit zu bewegen, und wusste, dass jeder weitere Versuch, es anzutreiben, zum Scheitern verurteilt war. Tatsächlich marschierte es recht flott voran.
Mit Großvater auf dem Rücken trottete das große schwarze Maultier so schnell es konnte über den gewundenen Feldweg. Die Hufe schleuderten Erdklumpen in die Morgenluft, und die Hufeisen glitzerten wie helle Mondsicheln. Pfützen von herbstlichem Regenwasser standen in den tiefen, engen Spuren der Wagenräder, die vor ihnen vorbeigezogen waren. Großvater saß bleich und stocksteif auf dem Rücken des Tieres und fing die Stöße und Schläge der Straße auf. Erdmäuse, auf der Suche nach ihrem Frühstück, brachten sich vor dem Hufschlag in Sicherheit.
Großvater hatte in der Empfangshalle der Brennerei mit dem alten Onkel Luohan getrunken, als er von Nordwesten her Artillerie- und Gewehrfeuer hörte. Fast wäre ihm das Herz stehengeblieben. Er stürzte aus dem Haus und sah sich auf der Straße um, aber alles schien seinen normalen Gang zu gehen, so
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