Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
Vom Netzwerk:
nötig …» Clara brach ab, Lina musste ja nichts über den schrecklichen Todeskampf des kranken Lehrers erfahren. «Ende nächster Woche?»
    «Ja. Ich freue mich.»
    «Morgen Abend nach Ladenschluss können wir den Vertrag unterzeichnen.» Sie hielt inne, weil sie jemanden auf der Treppe hörte.
    Beide traten aus dem Wohnzimmer auf den Flur und stießen fast mit Commissar Borghoff zusammen. «Ach, Herr Commissar», sprach Clara ihn an. «Sie kennen doch Fräulein Kaufmeister?»
    «Sicher.» Er lächelte und gab Lina die Hand.
    «Fräulein Kaufmeister wird die Zimmer des Lehrers mieten», sagte Clara. «Der Commissar bewohnt die beiden Mansardenzimmer.»
    «Dann verlassen Sie also den Schoß Ihrer Familie?», fragte er.
    Lina nickte nur. Ihr Herz raste. Wenn ihr Bruder es ernst nahm mit seiner Vormundschaft, wäre die Polizei gleich im Hause, um sie zurück zur Carlstraße zu schleifen.
    «Dann werden wir uns in Zukunft ja öfter sehen, Fräulein Kaufmeister.» Damit war er auf der schmalen Treppe zur Mansarde verschwunden.
    Vorsichtig stieg Lina mit Clara wieder hinunter ins Erdgeschoss. «Dann sehen wir uns morgen?», fragte Clara zum Abschied.
    «Morgen Abend nach Ladenschluss», bestätigte Lina, atmete tief durch und machte sich auf den Weg zurück nach Hause.

    Clara hatte Wort gehalten, und Lina konnte am nächsten Tag den Mietvertrag unterzeichnen. Den Rest der Woche verbrachte sie mit Vorbereitungen für ihren Umzug. Sie weihte niemanden, nicht einmal Mina, ein. Lina engagierte Träger, die ihr Bett, die Waschkommode, den Toilettenstuhl und den Schrank aus ihrem Schlafzimmer hinüber zur Harmoniestraße bringen würden, und gab Heinrich gegenüber vor, das bisher unberührte Zimmer ihres Vaters endlich ausräumen zu wollen, als sie ihn bat, einige Körbe nach oben zu bringen. Im Keller hatte sie noch ein zierliches, aber stabiles Tischchen gefunden, das sich vorzüglich als Schreibtisch ebenso wie als Unterbau für ihre Nähmaschine eignete. Außerdem wollte sie einen Sessel und den Bücherschrank aus dem Zimmer ihres Vaters mitnehmen. Eine kleine Eckkommode würde Platz bieten für ein paar Haushaltsgegenstände, die sie mitzunehmen gedachte, ein englisches Teeservice, einen kleinen Suppentopf, ein paar Essteller, Gläser und Besteck.
    Sie fieberte dem Tag entgegen, da Georg und Aaltje auf ihre Reise nach Rotterdam gingen. In jedem Frühjahr traf sich Georg mit Aaltjes Familie, um die Geschäfte des laufenden Jahres zu besprechen. Oft nahmen sie auch die Kinder mit, aber diesmal wollten sie länger als gewöhnlich bleiben, und Karl und Elisabeth sollten nicht so lange in der Schule fehlen. Mit Lina und Mina im Haus waren die beiden ja bestens versorgt.
    Am Tag der Abreise, gerade als die Kutsche mit Georg und Aaltje den Hof verlassen hatte, weihte Lina ihre Zwillingsschwester in ihr Vorhaben ein.
    Mina schnappte nach Luft. «Bist du völlig von Sinnen, Lina? Gegen Georgs Willen ausziehen! Er wird dich an den Haaren wieder herschleifen lassen …»
    «Genau das denke ich nicht», sagte Lina fest. «Er ist der Letzte, der einen Skandal will.»
    «Du bist der Skandal, Lina. Ich glaube nicht, dass auch nur eine meiner Freundinnen dich noch grüßen wird, wenn …»
    «Deine Freundinnen sind deine Sache, Schwester. Ich hatte nie viel mit ihnen zu schaffen.» Lina hatte damit gerechnet, dass Mina ihr das Vorhaben ausreden würde, trotzdem war sie enttäuscht.
    «Ruhrort ist eine kleine Stadt. Alle werden wissen, dass du etwas tust, was sich nicht gehört. Und alle werden es dich spüren lassen.» Ihre Schwester blickte zu Boden. «Glaub mir, ich weiß, wie das ist. Bevor Justus und ich Frankfurt verlassen mussten, haben wir wie Ausgestoßene gelebt. Das war keine Freude.»
    Lina griff ihr ans Kinn und zwang sie sanft, sie anzusehen. «Wirst du mich schneiden?»
    Heftig schüttelte Mina den Kopf. «Niemals, und das weißt du. Aber du wirst kein Geld haben, Lina. Georg sitzt auf deinem Erbe …»
    «Und er hat mir meine Rente vorenthalten.»
    Mina sah sie erstaunt an. «Selbst die von Mutter?»
    «Selbst die. Aber die Jahresmiete ist bereits bezahlt, und ein paar Thaler habe ich auch gespart.»
    «Stell dir das nur nicht so einfach vor, Lina», sagte Mina ernst. «Es ist sehr hart, arm zu sein. Und du hast das bisher nie erfahren müssen.»
    «Bis zum nächsten Jahr hat sich Georg an den Gedanken gewöhnt und wird mir das geben, was mir zusteht.» Aber sicher war Lina sich da nicht.

    Zwei Tage später stand

Weitere Kostenlose Bücher