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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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wusste.
    «Wann hat Mina es dir erzählt?», fragte sie.
    Guste seufzte, stand auf, holte eine Tasse aus dem Schrank. «Gleich, als du es ihr gesagt hattest. Sie kam zu mir, damit ich ihr helfe, es dir auszureden.»
    Lina konnte es kaum abwarten, dass Guste ihr den Kaffee eingoss. «Und warum habt ihr es dann nicht versucht?»
    Guste lächelte. «Hätte es etwas genützt?» Sie schaute zu, wie Lina ihren Kaffee trank, und nahm sich noch eine dicke Scheibe Weißbrot. «Bist du wenigstens zufrieden?»
    «Ich weiß es nicht. Ich … ich hatte es mir anders vorgestellt. Aber wenn ich mein Geld hätte …»
    «Dieses Geld wirst du niemals bekommen, jedenfalls nicht, solange unser Bruder lebt.» Guste deutete auf das Weißbrot. «Möchtest du?»
    Lina nickte. Sie strich sich Butter auf das Brot und biss hinein. Dann erzählte sie Guste von dem verunglückten Frühstück und der unverschämten Antonie.
    «Kein Wunder», sagte Guste. «Clara Dahlmann ist den ganzen Tag im Laden, und niemand schaut dem Mädchen auf die Finger. Aber das wird sich ja bald ändern. Schließlich hast du nichts anderes zu tun.»
    «Ich bin doch gerade erst eingezogen.»
    Guste wechselte das Thema. «Hast du überhaupt genug Geld?»
    «Im Augenblick noch. Aber ob ich jemals eine zweite Jahresmiete zahlen kann …»
    «Dann genieße dieses Jahr. Zu Kreuze kriechen kannst du immer noch.»
    «Du wirst also zu mir halten?»
    «Ich werde dir kein Geld geben können, wenn du das meinst. Bertram möchte Georg nicht vor den Kopf stoßen. Aber du bist in unserem Haus immer willkommen.» Guste goss noch einmal Kaffee nach. «Ich muss sagen, als Mina mir davon erzählte, war ich hin- und hergerissen. Es gehört sich nicht, so viel ist klar. Aber Vater wollte dir deinen Wunsch erfüllen, und ich kann verstehen, dass du nicht als alte Tante in Georgs Haus enden willst. Doch …» Sie zögerte. «Es gibt gute Ehevermittler. Du hättest dir einen Ehemann suchen können. Viele wollen eine tüchtige Hausfrau wie dich, egal, ob sie hinkt oder nicht.»
    Lina schüttelte heftig den Kopf. «Ich sehe keinen großen Unterschied darin, ob ich als unbezahlte Hausmamsell meinem Bruder oder einem Ehemann untertan bin. Ich will selbst entscheiden, wie ich leben will.»
    «Das kannst du ja nun, zumindest für ein Jahr. Aber was willst du entscheiden? Du kannst dich lediglich in deinen Zimmern aufhalten, essen und schlafen. Für die Damen der Gesellschaft wirst du wohl nicht mehr existieren, also wird es kaum Besuche oder Einladungen geben. Da bin ich lieber meinem Mann untertan und habe eine Aufgabe.»
    Lina schwieg. Guste hatte ihr Dilemma genau erfasst. Aber es sah nicht so aus, als könnte sie daran etwas ändern.
    «Vielleicht macht dir das ein wenig Freude», sagte Guste und stand auf, um einen kleinen Stapel Zeitschriften zu holen. «Bertram hat alles zusammengesucht, was er finden konnte, weil er meinte, dass du dich langweilen könntest.»
    «Was sagt er denn dazu?»
    «Er hat dich gern, Lina, das weißt du. Aber er ist sich sicher, dass Georg sich das nicht gefallen lassen wird. Er hat mir versprochen, das Schlimmste zu verhindern, wenn es dazu kommt.»
    «Das Schlimmste?»
    «Dich von der Polizei zurückbringen zu lassen oder einen Prozess anzustrengen. Du würdest trotz Vaters Papier den Kürzeren ziehen.»
    Lina seufzte. Sie wusste, dass dies nur allzu schnell Wirklichkeit werden konnte. Als sie ihren Kaffee getrunken hatte, stand sie auf. Die Schwester hatte sicher viel zu tun an diesem Morgen.
    Guste umarmte sie und brachte sie in den Flur. «Warte einen Moment!», rief sie plötzlich, dann verschwand sie in der Küche. Lina zog sich Cape und Hut an und griff nach ihrem Stock.
    Bald darauf kam Guste mit einem kleinen Korb zurück. Darin waren etwas Weißbrot, Kaffee, Tee, ein Stückchen Butter, eine hübsche große Zuckerdose und ein paar schon etwas schrumpelige Äpfel.
    «Die Zuckerdose kannst du behalten – aber bring sie beim nächsten Mal wieder mit, damit wir sie auffüllen können.»
    «Danke!»
    «Und wenn das Frühstück wieder so schlimm ist, komm vorbei.»
    «Ganz sicher.» Lina versuchte, die Zeitschriften noch in dem Korb zu verstauen. Er war jetzt ziemlich schwer.
    «Schaffst du das? Soll unser Diener dich begleiten?», fragte Guste besorgt.
    «Nein, nein, das geht schon. Der Weg ist ja nur kurz.»
    Sie küssten sich auf die Wange, und Lina machte sich auf den Weg.

    Als Clara Dahlmann Lina kommen sah, kam sie aus dem Laden und erwartete sie am

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