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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Feldhoff nähen. Lina, die in ihrem Leben viele schlimme Schmerzen ertragen hatte, ertrug auch diese tapfer.
    Etwas später musste sie sich dann übergeben. Dr.   Feldhoff hatte sie gewarnt, dass das passieren könne und dass sie ruhig liegen bleiben solle.
    «Der hat gut reden», sagte Lina, als er fort war. «Ich habe schließlich kein Bett mehr.»
    «Willst du nicht zu uns kommen? Wenigstens, bis du wieder gesund bist.»
    Lina schüttelte heftig den Kopf und bereute es gleich wieder, weil es sehr weh tat. «Ich werde diese Wohnung nicht verlassen, Guste.»
    «Ist ja gut.» Ihre Schwester überlegte. «Kann ich dich jetzt allein lassen? Ich muss mit Bertram reden.»
    «Bring Georg nicht auch noch gegen dich auf, Schwester.»
    «Du siehst das falsch, Lina. Ich bin aufgebracht gegen Georg. Sehr aufgebracht sogar.» Guste war eine sanfte Person, aber wenn sie einmal wütend war, dann kam man ihr besser nicht in die Quere. Dann hatte sie viel gemeinsam mit ihrem jähzornigen Bruder.
    «Ich werde die Witwe Dahlmann bitten, später noch einmal nach dir zu sehen, Liebes.» Sie küsste Lina auf die weniger verletzte Seite ihres Gesichtes und ging dann.

    Am frühen Nachmittag kam Antonie zu Lina mit einem trockenen Stück Brot und einer klaren Suppe.
    «Die hat ihre Schwester geschickt», sagte Antonie, als hätte sie Linas Befürchtungen wegen ihrer Kochkünste erraten.
    Lina setzte sich auf und begann, die Suppe zu löffeln. Sie hoffte, sie würde sie bei sich behalten können. Ihr Schädel brummte, die Schmerzen waren kaum zu ertragen.
    Antonie wartete bei ihr und setzte sich auf ihre Einladung hin auf einen Stuhl. Das Mädchen sah das aufgeschnittene Kleid und die zugeschnittenen neuen Teile, die wild im Zimmer herumlagen. «Sie können richtig gut nähen, nicht wahr?»
    «Ja. Aber mein Bruder und die Packer haben auf allem herumgetrampelt, und eine Wäscherin kann ich mir nicht mehr leisten.»
    «Das tut mir leid.» Lina konnte spüren, dass Antonie es aufrichtig meinte. Als Lina aufgegessen hatte, brachte sie den leeren Teller wieder hinunter.
    Kurze Zeit später kam Clara zu ihr. «Wie geht es Ihnen?»
    «Besser. Ich habe die Suppe bei mir behalten.»
    «Wir haben oben noch eine Dachkammer mit einem Bett, sie war eigentlich für ein zweites Mädchen gedacht … Aber für heute können Sie gerne dort schlafen. Ich habe Antonie schon gesagt, dass sie frische Laken hinaufbringen soll, und Sie können das Kissen mitnehmen. Ein Nachthemd bekommen Sie von mir.»
    «Vielen Dank.» Lina konnte ihr nicht in die Augen sehen. «Frau Dahlmann … ich bin jetzt völlig mittellos. Ich kann keine Wäscherin und kein Brennholz bezahlen, geschweige denn meine nächste Jahresmiete. Ich hätte Verständnis, wenn Sie sich lieber einen anderen Mieter …»
    «Die Miete ist bis März nächsten Jahres bezahlt.» Clara setzte sich zu ihr. «Machen Sie sich keine Sorgen. Brennholz brauchen Sie erst einmal nicht, und alles Weitere wird sich finden – Sie haben es Ihrem Bruder selbst gesagt.»
    «Ja. Aber ich habe es nur dahingesagt.»
    Clara sah sie nicht an. «Ich habe diese Kerle so satt, die sich anmaßen, einer Frau vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen hat.»
    Sie nahm Linas Hand. «Sehen Sie, was unterscheidet uns beide denn? Bin ich besser, klüger, geschäftstüchtiger, nur weil ich einmal verheiratet war? Seit ich Witwe bin und das Geschäft selber führe, ist es so viel erfolgreicher als zu den Zeiten meines Mannes. Er sagte immer ‹Davon verstehst du nichts› und hat nie auf mich gehört. Und Sie hätten sehen sollen, wie viele Männer mich – oder besser das Geschäft – heiraten wollten, und sie hätten es genauso schlecht gemacht wie er.»
    «Aber genau diese Heirat ist es, die uns unterscheidet. Sie durften erben, und Sie sind geschäftsfähig. Selbst wenn man mich trotz der verkrüppelten Hüfte als Lehrerin anstellen würde, müsste ich noch die Erlaubnis meines Bruders haben, um die Stelle antreten zu können.»
    «Ja», sagte Clara leise. «Ich weiß. Aber gerecht muss ich das nicht finden. Kommen Sie, wir gehen hinauf. Es ist etwas muffig da oben, aber für heute Nacht wird es schon gehen.»

    Lina hatte eine Weile geschlafen. Das Bett war eng, ein typisches Dienstbotenlager, und der Raum noch um einiges kleiner als ihr Schlafzimmer unten. Sie lag in einem fensterlosen Raum, der nur abgeteilt und ohne Decke zum Dachstuhl war. Clara hatte recht, hier roch es muffig, aber nicht feucht, sondern nach trockenem

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