Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
Fjodora war sie unang e bracht und eine gefährliche Schwäche. Leyla war es gewohnt, ihre Empfindungen zurückzustellen und einer Konfro n tation beherzt zu begegnen. Hinterher würde es genügend Zeit geben, um zusammenzubrechen. Dieses Mal war da noch e t was anderes in ihr, das sich nicht unterdrücken ließ. Zweifel, die sich zäh in ihre Eingeweide bohrten. Sie fragte sich, ob Rudger ihr beistehen konnte. Sie war eine Bindung mit ihm eingegangen, indem sie mit ihm geschlafen hatte. Doch über das wahre Ausmaß dieser Ve r bindung war sich Leyla noch nicht im Klaren. Sie wusste, dass er Fjodoras Macht u n terstellt war, er war ihr Geschöpf.
Seine Gesichtsmuskeln waren angespannt und sein Blick richtete sich düster auf die Tür. Gemeinsam traten sie aus der Terra s sentür des Penthouse, bereit ihrem ungewissen Schicksal zu begegnen. Le y las Zweifel schwanden in einem Nebel der Nichtigkeiten dahin; mit oder ohne Rudger an ihrer Seite, sah sie sich einem ungleich stärkeren Gegner entgegentr e ten: Fjodora und ihr Hofstaat. Mochte man Isabellas Fähigkeit der Verwandlung bewundert haben, wurde Fjodora dem unanfechtbaren Titel als Meisterin der I n szenierung mehr als gerecht.
Zu beiden Seiten des Daches ragten die mannshohen Buchstaben der Leuchtreklame, die das Wort Aurodom bildeten, in die Höhe und warfen ihren magentafarbenen Schein in den nächtlichen Himmel. An den Dachkanten reihten sich flackernde Pechf a ckeln; weitere bildeten einen beleuchteten Weg zu Fjodoras purpurnem Thron. Leyla brauchte einen Moment, um die bizarre Sz e nerie zu erfassen. Sie befanden sich auf dem höchsten Gebä u de im weiteren Umkreis, sodass kein Anwohner der umliegenden Häuser Zeuge von dem Spektakel werden konnte. Die Leuchtbuchstaben waren das einzige Licht, das ein zufälliger Passant erbl i cken wü r de.
Dann erkannte sie, dass der Thron eine erhöhte Dachwölbung war, unter der sich ve r mutlich Heizungsrohre oder Bestandteile der Kl i maanlage des Kinos befanden. Ein großes Samttuch verhüllte die technischen Details und ergab zufällig die Form eines Throns mit überdimensionalen Armlehnen. Zu beiden Seiten ragten gewölbte Lüftungsschächte empor, auf denen Fjodoras Gargoyles mit ihren Krallen Halt gefunden hatten. Ihre pergamentartigen Schwingen w a ren an ihre Körper gefaltet und über ihren schrumpeligen Hälsen, ragten sie neugierig ihre Köpfe in die Nachtluft. Mächtige Sturmwolken zogen durch den Nach t himmel. Wie passend. Unmittelbar neben den Gargoyles standen Jurij und Pjotr, die sibirischen Steppenreiter. Ihre düsteren Gestalten wir k ten wie massige Felsen. Sie trugen Perlen in den Enden ihrer langen Mongolenschnäuzer. Jeder von ihnen hatte sich auf den Knauf eines gewaltigen Krummsäbels gestützt. Die beidseitig geschliffenen Messingklingen glän z ten im Schein der Fackeln.
Leyla verwunderte es nicht zwischen den vier übrig gebliebenen Nannys die selbstgefäll i ge Gestalt von Isabella zu erblicken. Sie hoc k te ergeben vor Fjodoras Füßen. Offenbar war mehr nötig als ein Messerstich in die Brust, um sie zu vernichten. Fadar Raimar stand in der linken Ecke des Daches und warf seinen gelangweilten Blick in die Runde. Anscheinend beeindruckten ihn die Esk a paden seines Mädchens nicht mehr. Ihm entgegengesetzt stand Vincent mit einem boshaften Lächeln auf den grell geschminkten Lippen. Seine arrogante Haltung bröckelte, als er Leyla anstarrte. Sie starrte zurück und nahm undeutlich eine G e stalt wahr, die vor seinen Füßen lag und fast hinter den Bodenrohren verschwand. Fjodoras geschmeidiger Körper flegelte sich lässig in ihrem impr o visierten Thron und hatte nichts mehr von dem zweigeschlechtlichen Wesen. Abg e sehen von der Gefahr, die wie eine wabernde, unsichtbare Macht von ihr ausging. Die Luft schien zu knistern und die fe i nen Härchen auf Leylas Armen richteten sich auf. Sofort legte sich eine düstere Ahnung um ihr Herz und erschwerte ihr das Atmen.
Rudger stand ruhig neben ihr. Er hatte verwundert die Augenbrauen angehoben, als er Fjodoras neue Gestalt musterte. Ihre la n gen, schlanken Beine lagen locker angewinkelt auf der Sitzfläche und waren großflächig mit einer grünen Schuppenhaut überzogen. Die d a zwischen aufblitzende Haut war schneeweiß. Ihre Füße ruhten in Isabellas Schoß. Leyla fragte sich, ob es Nagellack war oder Teil ihrer Metamorphose, als sie auf die grünen Fußnägel blickte. Ihre Finge r nägel und ihre Lippen leuchteten ebenfalls
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