Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
ü cherregal. Die Vampirin stand reglos im matten Schein der übrig gebliebenen Regalbeleuchtung. Mit seltsam abgehackten Schritten, als müsse sie sich erst an ihren Körper gewöhnen, stakste Iduna auf sie zu. Ihr transparentes G e wand wehte um ihren Körper und ihre Augen blickten geweitet ins Nichts. Sie bot eine gespenst i sche Erscheinung. Langsam näherte sie sich ihnen, als sauge etwas sie zum Sofa zurück. Rudger zog Leyla aus dem Weg. Jarno und Marie setzten sich schützend vor Sandra.
„Sie wird doch nicht wieder in das Mädchen fahren?“, flüsterte Le y la.
Erleichtert nahm sie sein Kopfschütteln zur Kenntnis. Unmittelbar vor Leyla erstarrte Iduna. Sie erweckte den Eindruck, als wo l le sie auf ewig so verharren. Ratlosi g keit machte sich breit.
Plötzlich holte Iduna tief Luft, sodass sich ihr Brustkorb weitete. Der transp a rente Stoff ihres Kleides spannte sich über ihrem schlanken Leib. Unter ihrer Haut schienen kleine Wellen wie auf der Oberfläche eines Sees zu laufen. Ihre Gesichtshaut nahm die raue Oberfläche von Stein an. Langsam zog sich der grau-blaue Schatten zu ihrem Haaransatz hinauf, sodass sich das blonde Haar metallisch blau färbte. Zuvor nussbraune Augen schimmerten nun in einem irisierenden Blau. Mit einem Griff an ihren Kragen riss sie sich das Gewand vom Leib, als sei es störender Ballast. Es war mehr als eindeutig, dass aus der Vampir-Iduna in diesem M o ment die Göttin-Iduna wurde.
Zum Vorschein kam der Körper einer Steinstatue, der zum Gro ß teil aus Beinen bestand. Sie trug eine Art Lederdress, der an eine mittelalterliche Brünne erinnerte. Wie ein Schutzpanzer faltete sich die zweite Haut an manchen Stellen stark, wodurch die schme i chelnden Wölbungen ihrer kleinen Brüste betont wurden. Breitbeinig stand sie da und suchte mit ihrem Blick den Raum ab. Als schien sie sich orientieren zu wollen, fix ierte sie jeden Ei n zelnen im Raum. Dabei bewegte sie ihren Kopf so ruckartig, dass Leyla innerlich zusammenzuckte, weil sie ein Knacken der Genickknochen erwa r tete.
Die Göttin hatte nicht viel Ähnlichkeit mit der lieblichen Maid, unter der sich die Me n schen Iduna vorstellen. Der Wirtskörper hatte ohne Wirt mehr Ähnlichkeit mit den Abbi l dungen von Iduna gehabt. Stets zeigten die Bilder die Göttin der Jugend als sanfte Schönheit mit buttergelbem Haar; einen Korb mit prallen, roten Äpfeln der Verjüngung unter dem Arm. Laut Überlief e rung lag es in ihrer Macht, die Götter davon speisen zu lassen, damit sie nicht alterten. Fragte sich, wer sich mome n tan darum kümmerte.
Nach einem letzten prüfenden Blick auf Sandra ging Iduna zur Tür. Ein plötzlicher Ruck durchfuhr ihren Körper, und obwohl ihr Gesicht ohne jegliche Regung blieb, ließen die krampfhaften Zuckungen, unter denen sie sich wand, große Schmerzen erahnen. Sie ve r steifte sich und drehte sich um.
„Warum ist dieser Raum so klein wie der Käfig eines Hasen? Ich kann kaum atmen.“
Ihre Stimme klirrte mit dem Beiklang von reibendem Metall. Sie bli n zelte verwirrt, fasste sich, und schlug mit der Faust gegen die Wand neben der Tür. Ihre übermenschlichen Kräfte durchdrangen festes Maue r werk.
Leyla blickte sich verdutzt in dem weiträumigen Büro um. Der ehemalige Kinosaal gehörte zwar zu den kleinsten Sälen im Aurodom, hatte aber immerhin gut hundert Leuten bequem Platz geboten. Die zahlreichen Bücherborde trennten den Raum zwar optisch ab, aber von klein konnte wohl kaum die Rede sein. Vielleicht kam der Begriff Walhalla, heilige Hallen, nicht von irgen d woher, und Götter hatten ein ebenso anderes Verständnis von Räumen als auch von Zeit.
Niemand im Raum wagte, sich zu rühren. Angst machte sich breit, weil keiner von ihnen das Verhalten der transformierten Gö t tin abschätzen konnte. Alle Blicke richteten sich abwa r tend auf Iduna, die nun Rudger ins Visier nahm.
„Du bist sehr alt und mächtig. Mächtiger als deine Art für gewöhnlich ist. Und dennoch bist du keiner von uns.“ Sie legte den Kopf schief und musterte ihn.
Er starrte zurück. Die Vermutung lag nahe, dass eine Göttin über mindestens dieselben Gedanken-Fähigke i ten verfügte, wie er.
Abrupt drehte sich Iduna um, stolzierte auf den Ausgang zu, und ve r ließ den Raum.
Nachdem sie verschwunden war, herrschte für einen Moment atemlose Stille im Saal. Nur langsam entspannte sich die Atm o sphäre, als wurde nun allen klar, haarscharf einer tödl i chen Gefahr entronnen zu sein. Marie und Jarno
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