Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
atmeten erleichtert auf, während Leyla zu Rudger blic k te.
„Iduna meint nicht die Größe des Raumes, sondern leidet an einer Beklemmung in dem viel zu engen Körper. Das ist ein vor ü bergehender Zustand und legt sich, sobald sie sich wi e der an die neue, alte Gestalt gewöhnt hat.“
„Aber sie war doch die ganze Zeit in Sandras Körper. Das verstehe ich nicht.“
Rudger hob die Augenbrauen. Wie auf ein Zeichen erinnerte sie sich an seine Worte über Götter ohne phys i schen Leib. Sie zog scharf den Atem ein.
„Du meinst, dieses Licht- und Donnerspektakel, war ihre wahre G e stalt?“
„Zumindest so, wie wir es wahrnehmen. Über ihre tatsächliche Gestalt kann ich dir nichts s a gen. Schließlich bin ich kein Gott.“
Seine Mundwinkel kräuselten sich und Leyla wunderte sich über sich selbst, dass sie sein L ä cheln erwiderte.
„Tatsächlich? Ich weiß nicht, dich bei Zwielicht im Spiegel zu betrac h ten, hat schon was …“ Sie hielt inne und vergewisserte sich mit einem Blick, dass sie außer Rudger niemand gehört hatte. „Wohin ist sie gega n gen?“ Sie deutete auf die geschlossene Tür.
„Hinunter in Fjodoras Gemach.“ Die letzten Worte kamen ihm gemurmelt über die Li p pen, als sei es ihm unangenehm, diesen Ort zu erwähnen. Nach ihrem letzten Aufenthalt dort konnte sie es ihm nicht verübeln.
„Und woher weißt du das?“
„Ich habe es in ihren Gedanken gelesen.“
„Natürlich, verstehe. So viel zum Thema Hasenkäfig. Da ist so ein Karnickelbau tief u n ter der Erde wesentlich komfortabler.“
Jetzt war er es, der sie verdutzt anblickte und kurz darauf belustigt den Kopf schüttelte. Er lenkte ihre Aufmerksamkeit auf Marie und Jarno. Die beiden kümmerten sich hing e bungsvoll um Sandra und redeten leise auf sie ein.
„Leyla, sieh nur, sie wird wach.“ Marie winkte freudig erregt zu ihnen herüber. Leyla l ä chelte ihr zu und wandte sich erneut an Rudger.
„Und was soll nun mit der verirrten Göttin geschehen? Sie ist zwar dort unten gut unte r gebracht, aber sie wird sich kaum dort einsperren lassen.“
„Wir werden ihr helfen, das zu finden, was sie einst verlor. Selbst nach der Umsiedlung habe ich ihre Rastlosigkeit gespürt. Eine innere Leere, wie sie nur durch fehlende Liebe verursacht werden kann. Die Suche nach ihrem Wirtskörper hatte sie vorübergehend abgelenkt.“ Mit einem seltsam eindringlichen Blick musterte er sie, als würde ihm soeben etwas aufgehen, das nicht nur Iduna b e traf, so n dern auch ihn selbst.
„Du meinst, sie sucht einen Mann?“
„Nicht irgendeinen Mann, sondern Bragi. Allerdings scheint sie sich darüber noch nicht im Klaren zu sein. Liebe ist eine starke Macht, stärker als der Tod. Und wir neigen alle dazu, ihr Nichtvorhandensein u n bewusst mit anderen Dingen zu kompensieren. Menschen gehen dazu über, ihre Sehnsucht in Arbeit zu ersticken. Vampire versuchen, die Leere mit unterschiedlichen Leide n schaften zu füllen, zum Beispiel die für schöne Dinge. Wir bauen uns die Illusion eines erfül l ten Lebens. Doch die Wahrheit sehen wir erst, wenn die Liebe selbst ihren rechtmäßigen Platz einfordert. Niemand ist gefeit vor der grö ß ten Macht, auch die Götter nicht. Iduna und Bragi sind seit Anbeginn der Zeit füreinander bestimmt. Ve r worrene Umstände haben dazu beigetragen, dass sie getrennt wurden, doch nichts konnte etwas daran ändern, dass sie eina n der vermissten. Jeder auf seine Weise.“
Tief berührt über seine Erkenntnisse über die Liebe, atmete Leyla tief durch. Die wahre Identität des Rockstars Bragi hatte Rudger von A n fang an erkannt. Tatsächlich schien sich Bragis Art der Verwirrtheit auf ein ausgeprägt blutiges Verhältnis seinen Fans gegenüber zu konzentrieren. Sie hatten beide gesehen, welche Macht er während seiner Konzerte auf seine Fans ausübte, und wä h rend Leylas Gespräch mit Bragi, hatte er unmissverständlich dargelegt, was ihm seine Anhänger bedeuteten. Sie waren seine Droge, verhasst und unverzichtbar. Daran war sein vampir i scher Wirt sicher nicht ganz unbeteiligt.
Sandra ging es besser, doch ihr junger Körper hatte schwer gelitten. Bis sie vernehmungsfähig war, bedurfte es noch einer läng e ren Rekonv a leszenz. Um die notwendige psychische Betreuung zu gewährleisten, würde sich Leyla nach einer entsprechenden Klinik erkundigen. Die Polizei verfügte über eine Liste hervorragender Einrichtungen, in die b e sonders prekäre Fälle überwiesen wurden. Ob die Aussage des
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