Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
schaffte er gleichzeitig die Gratwanderung zwischen seiner Existenz als Vampir und seiner Menschlic h keit. Fjodora würde das nicht einsehen. In ihrer Dekadenz sah sie die Vampire als höhere Wesen mit sich selbst an der Spitze. Sie war mächtig genug, um Rudgers innere Zerrissenheit zu erkennen und auszunutzen. Er hasste ihre skurrilen Showeinl a gen im Roten Palais, weil sie auch seine niederen Instinkte zielsicher ansprachen. Doch viel müßiger waren die ständ i gen Bemühungen diese dunkle Prinzessin bei Laune zu halten, damit ihre fragwürdigen Aktivitäten nicht über geheime Blutorgien hinau s gingen.
„So? Haben sie das? Sie haben meinen Hohepriester getötet. Er war auf dem Weg hie r her, um mir bei der Wandlung zu helfen“, entge g nete Fjodora.
Sie sprach von den Leichen am Güterbahnhof. Ihre Gargoyles waren mit demselben Zug ang e kommen wie der Vampir im Sarg.
„Es gab auch eine menschliche Leiche am Waggon. Die Polizei untersucht den Fall, und Leyla Barth könnte helfen die Ermit t lungen voranzutreiben“, schlug Rudger vor.
Es spielte sich etwas in ihrer Miene ab, das er nicht zu deuten vermochte. Ihre Züge glätteten sich und der Zorn wich einem Ausdruck von hämischer Grausamkeit.
„Gut, bring sie zu mir, deine Leyla. Dann werde ich entscheiden, ob sie mir von Nutzen sein kann. Doch vorerst befasse ich mich mit dir.“
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m nächsten Nachmittag sah Leyla einen weißen Jaguar vor der Tür ihrer Priva t detektei und beschleunigte ihren Schritt. Sie war spät dran und ihr Klient wartete schon. Als sie den ersten Stock erreichte, sah sie am and e ren Ende des spä r lich beleuchteten Ganges einen Mann vor ihrer Bürotür stehen. Nervös drehte er seinen Schlüsselbund zwischen den Fingern. Der Anhänger mit dem Jaguar Emblem baumelte herab. Neben ihm stand eine junge Frau mit verschrän k ten A r men gegen die Wand gelehnt.
„Bitte entschuldigen Sie die Verspätung, Herr von Rode.“ Leyla reichte ihrem Klienten die Hand. Sein feuchter Händedruck ve r riet seine Aufregung und sie widerstand dem Drang, sich die Hand an ihrer Jeans abzuwischen.
„Ist in Ordnung, wir sind erst seit ein paar Minuten hier.“
Leyla grüßte auch die junge Frau, die keine Reaktion zeigte.
„Meine Tochter Sandra“, antwortete er anstelle seiner Tochter.
Es war unnötig, das zu erwähnen. Sandra war das weibliche Abbild ihres Vaters, sehr schlank und dunkles, kurz geschnittenes Haar. Wobei sich bei Herrn von Rode graue Strähnen an den Koteletten gebildet hatten. Beide waren sonnengebräunt, als wären sie von einem Segeltörn zurückgekehrt. Ihre betont sportliche Aufmachung war von exquisiter Wahl. Über seinem Poloshirt trug Herman von Rode einen dunkelgrünen Pullover aus Schurwolle und Designerjeans. In Sandras Ausschnitt ihrer weißen Bluse stec k ten die Enden eines Seidenhalst u ches.
Die beiden folgten Leyla in ihr Büro und nahmen auf den Stühlen vor dem Schreibtisch Platz.
„Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“ Leyla hoffte, dass sie keinen Champagner verlan g ten. Das Einzige, das sie anbieten konnte, war Mineralwasser oder Kaffee, den sie allerdings erst aufbrühen musste.
Vater und Tochter schüttelten gleichzeitig den Kopf.
„Was kann ich für Sie tun, Herr von Rode?“ Sie blickte in sein b e sorgtes Gesicht. Sandra hatte damit angefangen nervös auf ihren Fingernägeln zu kauen.
„Es geht um meine Frau …“ Herr von Rode stockte und blic k te auf seine Hände.
„Meine Frau ist vor zwei Wochen gestorben.“ Er blickte Leyla an.
Viele ihrer Klienten waren peinlich berührt, wenn sie mit ihren Anliegen zu Leyla kamen. Ob es den klassischen Fall von Seite n sprung eines Ehepartners betraf oder einen Konflikt mit den Mitbürgern der Nacht, es schien den meisten Menschen ungehörig zu sein, die Hilfe eines Dri t ten in Anspruch zu nehmen. Leyla war bekannt für ihre diskrete Arbeit, doch konnte sie Herrn von Rode nicht ersparen, sein Anliegen vorzutragen.
„Das tut mir leid“, sagte sie und blickte ihn ermutigend an.
„Wie gesagt, sie ist gestorben. Wir hielten die Totenfeier ab und hatten uns von ihr am offenen Sarg verabschiedet. Am nächsten Tag sollte die Beisetzung sein, doch ihr Leic h nam war verschwunden. Einfach so. Können Sie sich vorstellen, wie es sich anfühlte, als das Beerdigung s institut in meinem Büro anrief, um mir mitzuteilen, dass der Leichnam meiner Frau verschwunden war?“ Er machte eine Pa u se, ohne eine Antwort zu erwarten. „Am
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