Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
für einen Moment wie eine Art Lobbyist vorgekommen war. Fragte sich, wessen Int e ressen er so veh e ment vertrat.
Jede Religion hat ihren eigenen Mythos vom Weltuntergang. Das sogenannte Schicksal der Götter in den altgermanischen Sagen erzählte vom drei Jahre langen Kampf und drei Jahren Winterzeit. Da die göttliche Zeitrechnung eine andere war, als die Menschen sie kannten, könnte es tatsächlich ein Hinweis auf die momentane Situation sein.
Danach sollen die zerstörerischen Kräfte der Welt überhandnehmen. Sonne und Mond würden von gewaltigen Wölfen ve r schlungen; Ungeheuer wie Fenriswolf und Midgardschlange kämen frei und verwüsteten die Erde. Im übertragenen Sinn vergleic h bar mit N a turkatastrophen.
Wenn die Feuerriesen gegen die Götter in die Schlacht ziehen, stehen die Einherjer, g e fallene menschliche Krieger, wieder auf, um den Göttern als Heer beiseitezustehen. In der Schlacht sterben zah l reiche Ungeheuer und Götter. Schließlich setzt Surt, der stärkste der Feuerriesen, die Welt in Brand, die dann zerstört wird. Durch den Weltenbrand werden Ordnung und Chaos ins Gleichgewicht gebracht. Der Allvater Odin e r schafft die Welt neu, die verbliebenen Asen treffen sich in den Resten Asgards.
„Sie glauben, dass wir uns am Beginn der großen Götterschlacht befinden?“, fragte Le y la.
Alois schüttelte den Kopf. „Nein, dann würde sich die Dunkelphase nicht nur über Krinfelde befinden und sich viel schneller ausbreiten. Aber ich denke, dass die Götter ihre Finger im Spiel haben. Da wir es mit einem Szenario zu tun haben, das für Vamp i re von Vo r teil ist, gehe ich davon aus, dass der Ursprung in Niflheim, dem Reich der Unterweltgöttin Hel zu suchen ist.“
Kam ihr der Professor während seiner Ausführungen mitunter etwas überdreht vor, wirkte er mit einem Mal normal. Es gab Vampire und Götter, also lag es näher, an eine Form der Interpretation für Ragnarök zu glauben, als an Subraumverze r rungen und ihre vagen Folgen.
„So etwas wie das Schaffen von optimalen Bedingungen für artgerechte Haltung“, sinnierte Leyla mehr zu sich selbst. Immer noch stellte sie sich übermächtige Götterwesen vor, die Menschen oder wahlweise Vampire wie Kleintiere in Terrarien hielten. Und Vampire waren Hels Geschöpfe. Möglicherweise war es der Unterweltgöttin gelungen, die Atmosphäre in der Me n schenwelt so zu verändern, dass sich der Wirkungsraum der Vampire fortwährend erweiterte. Für einen Augenblick fühlte sie sich wie eine Figur auf dem Schachbrett, deren Schicksal vom Gu t dünken des Spielers abhing.
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„V
an Hallen, wie gut, dass ich Sie treffe!“
Mit einem stummen Aufstöhnen drehte sich Rudger um. Hätte er doch wie üblich die Geheimgänge benutzt, a n statt den gewöhnlichen Weg durch das Kino zu wählen, um zum Roten Palais zu gelangen. Normalerweise begegn e ten ihm selten Mitglieder der öffentlich-menschlichen Betriebsleitung und er nutzte die Gelegenheit, bei so l chen Rundgängen nach dem Rechten zu sehen.
Der Theaterleiter Peter Strade kam mit beschwingten Schritten aus dem Bereich der Büroebene. Der Hosenstoff seines gut g e schnittenen Anzugs tanzte bei jeder Bewegung um seine Beine und gab eine ausgeprägte O-Form preis. Ein Makel, den Strade zu gern verbe r gen wollte, galt er schließlich als vermeintlich attraktiver Mann. Allerdings hielt er sich für unwiderstehlich. Um das zu wissen, war es nicht nötig, seine Gedanken zu lesen. Das Gle i che galt für seine Abneigung gegenüber Vampiren im Allgemeinen, wie für seine Angst vor Rudger im Besonderen. Be i des versuchte er, hinter aufgesetzter Fröhlichkeit zu verbergen. Rudger empfing ihn mit einem N i cken.
„Herr Strade, was kann ich für Sie tun?“
„Naja, als gemeinsame Leiter des Hauses sollten wir uns hin und wieder austa u schen.“ Er hob die Hand zu einem angedeuteten Schulterklopfen, ließ es aber ang e sichts Rudgers ernster Miene bleiben.
„Wie man hört, laufen die Geschäfte gut“, entgegnete Rudger.
Seit der Einführung der neuen 3D-Technik war das Aurodom nahezu täglich ausve r kauft. Mit den passenden Filmen lockte diese Errungenschaft die Menschen scharenweise ins Kino. Die erdrückende Stimmung wegen der klimatischen Verä n derungen, sowie eine sich verschlechternde Wirtschaftslage, schienen bei den Menschen einen erhöhten Drang ausz u lösen, sich von der Misere abzulenken.
„Das kann man wohl sagen. Schlechte Zeiten, gute Geschäfte. Ist mein
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