Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
den Raum und zu ihm zurück. In se i nem Gesichtsausdruck las sie mehr als bloße Betroffe n heit, dass er sie ausgeknipst hatte. Seine Augen waren dunkel vor Kummer. Etwas belastete ihn. Da steckte mehr dahinter.
Großer Gott! Hatte er sie hierhergebracht, um sie zu verwandeln?
Unwillkürlich schnappte sie nach Luft. Sie wusste nicht, ob sie bestürzt oder wütend sein sollte. Nein, da war kein Zorn, nur Fr a gen. Mit einem Schritt war er bei ihr und griff nach ihrer Hand.
„Bitte verzeih mir, mina Fagreþæ“, sagte er ungewohnt hastig. „Ich hielt es für die einz i ge Chance, dich zu schützen, indem ich dich unsterblich m a che. Es war ein Fehler.“
Schuldbewusst versuchte er, ihrem Blick auszuweichen, doch wie unter Zwang richtete er ihn immer wieder auf Leyla. Müde sah er aus. Das Haar zerzaust, dunkle Ringe unter den Augen. Gleichzeitig standen ihm Gewissensbisse wie Leuchtbuchstaben ins Gesicht g e schrieben. Seine Haltung verriet, dass er sich auf die vermeintliche Konsequenz seiner Handlung gefasst machte. Wärme stieg in Leyla auf, ließ sie auf ihn zug e hen. Schweigend streichelte sie seine Wange. Was hätte sie sagen sollen? Ihre Gefühle waren so wide r spruchsvoll, dass die entsprechenden Worte voller wirrer Unlogik gewesen wären. Er hatte sie aus dem Verkehr gezogen, ohne sie zu fragen und damit entschieden, dass seine Sorge um sie stärker wog als ihre Meinung. Das war ihr inzwischen klar. N a türlich verzieh sie ihm, sie konnte gar nicht anders. Ihr Herz schlug noch, obwohl er sie zu einem Vampir machen wollte. Liebe und eine nahezu arglose Dankbarkeit erfüllten sie dort, wo Verwi r rung oder gar Zorn sein sollte. Nun wusste sie endlich, dass er bereit sein würde, sie zu einer der Seinen zu machen. Seine Meinung hatte sich geändert. Zumindest was den u n ausweichlichen Fall anbetraf. Es war ihr nicht möglich, entsetzt zu sein, stattdessen war sie zutiefst ergriffen über seine Ergebenheit und Liebe. Er war bereit gewesen, eine folgenschwere Entscheidung zu treffen. Und sie musste festste l len, auf ewig mit ihm verbunden zu sein, war ihr lieber als der Tod. Wenn auch als Vampir. Sie ging auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Übe r raschung blitzte in seinen schönen Augen, machte ihn menschlich. Sofort senkte er seinen Kopf, um ihren Kuss zu erwidern.
„Ebenso gut hättest du meine Erinnerungen an die vergangenen Stu n den löschen und meinen Verstand manipulieren können.“
„Ja, das hätte ich tun können“, flüsterte er.
„Ich weiß“, entgegnete sie sanft.
Boris wartete geduldig im Abseits, bis sich Leyla aus Rudgers Umarmung befreite. Wä h rend er sie über die neusten Ereignisse in Kenntnis setzte, streckte sie ihren Rücken, ve r wundert über die Entspannung. Ob die suggerierte Erholung oder ein paar Stunden Schlaf verantwortlich waren, wusste sie nicht. Letztlich war es Rudger, dem sie ihre Kraft zu ve r danken hatte. Allem Anschein nach gab es Grund zum Hoffen. Natürlich erwartete sie nicht, dass sie an der Oberfläche eitler Sonne n schein erwarten würde. Wenn das so einfach wäre. Kaum vorstellbar, dass sich so ein Chaos schnell vertreiben ließ. Doch Rudger und Boris hatten angedeutet, dass es eine reelle Chance gab, da sich die Anzeichen für ein dr o hendes Inferno zurückgezogen hatten. Einer Horde mutierter Vampire entgegenzutreten, war das kleinere Übel. Sei’s drum. Sie war bereit, einen erneuten Versuch zu starten und mit vereinten Krä f ten gegen das Böse anzutreten.
„Wo sind meine Waffen?“, fragte sie voller Tatendrang.
„Dort auf dem Sofa“, antwortete Rudger.
Ihre komplette Ausrüstung lag ordentlich aufgereiht auf dem plüschigen Bezug. Sogar die Ersatzmunition für beide Pistolen hatte Rudger aus ihrem Auto herscha f fen lassen. Leyla steckte so viele Patronen ein, wie sie konnte, legte die Holster an, verstaute ihr Stilett im Stiefelschaft. Mit der Katana in der Hand drehte sie sich zu Rudger um.
„Das Einzige, das fehlt, ist eine Dusche. Aber hey, man kann nicht a l les haben.“
Endlich lächelte er, griff nach seiner Waffe und gewährte ihr mit einer galanten Geste den Vortritt. Boris stand bereits am Au s gang. Gemeinsam eilten sie aus dem Aufzug ins menschenleere Foyer. Ohne ihre Schritte zu verlangsamen, registrierte Leyla den sonnendurchfluteten Eingangsbereich. Inmitten der ungewohnten Helligkeit stoppte sie und star r te verblüfft auf die geschlossenen Türen. Unmengen von Staubpartikeln flirrten durch die Luft.
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