Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
Bewusstsein zu verlieren, als sie Rudgers warme Lippen auf ihrem trockenen Mund spürte und Blut schmec k te.
„Was tust du da, Rudger?“, rief Vincent.
„Fjodora will sie lebend, also habe ich ihr geholfen.“
„Das wirst du erklären müssen“, keifte Isabella.
Leyla versuchte die Augen zu öffnen und dieses Mal gelang es ihr nahezu ohne Schme r zen. Sie spürte, wie Energie ihren Körper durchströmte. Sie war schon oft verletzt worden und besaß die Fähigkeit sich schnell zu erholen. Doch so schnell war es bisher nie gega n gen.
Sie setzte sich, gestützt von Rudger, halb auf und blickte an Isabellas langen Beinen hi n auf bis zu ihrem nackten Bauch. Zu ihrem Gesicht schaffte sie es nicht, weil sie dazu den Kopf zu weit in den N a cken hätte legen müssen.
„Was soll er erklären?“, wisperte sie.
„Er will Sie zu seiner Gefährtin machen“, höhnte Isabella.
Leyla erinnerte sich, dass sie Blut geschmeckt hatte. Das metallische Aroma lag noch auf ihrer Zunge. Sie wandte sich an Rudger.
„Sie haben mich nicht gebissen, oder?“
Rudger schüttelte langsam den Kopf, aber Isabella sprach. „Das meinte ich nicht. Ich rede von Gefährtinnen. Solche, die Me n schen bleiben, weil man sie für unentbehrlich hält. Sie sind gefeit gegen unseren Blick. Sie hatten schon vorher die besondere Gabe, sich uns zu widersetzen. Vi n cent hat mir alles erzählt. Mittlerweile kann kein Vampir mehr über Sie verfügen.“
„Wieso nicht?“, fragte Leyla.
„Das müssen Sie Ihren Helden fragen.“
„Ich wollte nicht, dass Sie sterben. Fjodora hätte uns bestraft“, sprach Rudger. „Gib mir deinen Umhang, Vincent!“
Vincent zog widerwillig seinen Umhang aus und warf ihn zu Rudger. Er bündelte ihn zu e i nem Ballen und legte ihn hinter Leyla, die ihren Oberkörper gegen die Wand lehnte.
„Man wird Sie hier abholen, wenn Fjodora es wünscht“, erklärte Rudger an Leyla g e wandt.
Dann stand er mit einer fließenden Bewegung auf und ging mit den beiden anderen zur Tür. Mit einem lauten Knall fiel sie ins Schloss, und Leyla fand sich in dem modrigen Loch eing e sperrt.
Sie war allein mit ihren Gedanken. Der Umhang hinter ihr ve r strömte Vincents Geruch. Sie griff danach und schleuderte ihn fort. Verdammter Idiot. Doch ihr Zorn galt Rudger, weil sie dabei war, ihm zu vertrauen. Stattdessen wurde sie niedergeschlagen, und er hatte ihre Bewusstlosigkeit dazu genutzt, irgendwas mit ihr anzustellen. Mit den Fingerspitzen untersuchte sie ihren Hals nach Bisswu n den. Es hätte sie nicht gewundert, wenn sie welche gefunden hätte. Doch was das betraf, hatte er nicht gelogen. Wenigstens hatte sie ihre Waffen. Sie tastete nach ihrem Hol s ter mit der Walther und nach den Riemen unter ihren Hosenbeinen, in denen jeweils ein Messer steckte. Das silberne Stilett lag warm an ihrem Rücken. Sie setzte sich lan g sam auf und fuhr mit den Händen über die feuchten Wände. Aus der gegenüberliegenden Ecke vernahm sie ein Rascheln, gefolgt von einem pie p senden Laut. Sie schauderte und zog die Beine an. Eine einzige Fackel warf ihren unheimlichen Widerschein auf das enge Gewölbe.
Das Blut rauschte in ihren Ohren, als sich Panik in ihr ausbreitete. Sie hatte viele Situat i onen allein gemeistert, doch dieses Mal überkam sie die dunkle Ahnung, es mit etwas Ne u em zu tun zu bekommen. Sie durfte jetzt nicht die Nerven verlieren. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf ihren Geist. Sie lenkte den Fluss des Ki, wie sie es unzä h lige Male im Aikidotraining geübt hatte. Ihre Atmung verlangsamte sich, als die tiefe Entspannung eintrat. Gleichzeitig bli e ben ihre Sinne klar und hellwach. Nach einer Weile hörte sie Schritte vor der Tür und der Schlüssel drehte sich im rostigen Türschloss. Man holte sie zur Audienz.
9
I
sabella ging mit klackernden Absätzen voran, und Leyla folgte ihr in einen riesigen unterirdischen Saal. Sie mussten sich weit unterhalb der ehemaligen Unterführungen vor dem Hauptbahnhof befinden. Vor Jahren waren die Schächte zug e schüttet worden. Die Stadt hatte diese Entscheidung getroffen, weil sich dort unten Kleinkriminelle und Drogensücht i ge trafen. Man bezweckte mit dieser Maßnahme eine Reinigung des Stadtbildes im Bereich des Bahnhofs. Dabei standen die finst e ren Gestalten, die damals dort kampierten, in keinem Vergleich zu dem, was sich nun hier abspie l te. Vor der hinteren Wand stand ein handgemeißelter Steinthron zwischen zwei halbhohen Säulen. Auf jeder
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