Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
teil der Stadt.“
„Scheinbar birgt unser altes Krinfelde einige Geheimnisse. Man sollte meinen, dass man die Stadt kennt, in der man sein ganzes L e ben verbracht hat“, entgegnete Leyla.
Es war unfassbar, dass sie von diesen Gängen noch nie etwas g e hört hatte. Sie kannte nur die ehemalige Unterführung, die von Ru d ger benutzt wurde, um ungesehen zum Revier zu gelangen. Ihr kam der erschreckende Gedanke, was die Vampire wohl noch alles verheimlichten. Sie erreichten ein Verlies, anders konnte man den g e mauerten Raum nicht nennen. Es gab rostige Scharniere, die von der Decke hingen und an denen man Ketten befestigen konnte. An manchen Stellen tropfte Feuchtigkeit von den Wänden. Es roch nach Verw e sung und Tod. Für einen Moment hatte Leyla den Eindruck, diesen Raum schon mal gesehen zu haben. Sie warf einen Blick auf die dun k len Flecken am Boden.
„Wie ich hörte, haben Sie nach mir gesucht“, erklang eine weibliche Stimme aus dem Schatten.
Isabella, die Verwandlungskünstlerin erschien vor ihnen. Glatte schwarze Haare fielen ihr bis auf die Hüften. Sie trug einen L e derbody, der aus zwei Streifen bestand, die sich über ihre vollen Brüste spannten und an ihrem Unterleib zu einem Höschen z u sammenliefen. Lacklederstiefel reichten bis über ihre Knie und hatten unglau b lich hohe Absätze. So sah also das Resultat eines Marathons aus Schönheitsoperati o nen und krankhaftem Körperkult aus. Isabella hatte ihren Körper für ihr neues unsterbliches Dasein in Hochform gebracht. Sie sah zwanzig Jahre jünger aus, als sie tatsächlich war und wirkte wie die Inkarnation einer bekan n ten Comic-Heldin. Vincent hatte sich neben sie g e stellt.
„Vampirella gehörte zu den Guten“, sagte Leyla.
„Vampirella“, rief Isabella. Ihr lautes Lachen klang hohl. „Das gefällt mir, vielleicht sollte ich zur Abwechslung mal meinen N a men ändern.“
„Wo ist Ihre Tochter, Isabella?“
„Marie? Ich habe sie Fjodora geschenkt. Sie wollte gern eine neue Puppe haben und pr o biert sie nun aus. Ich bin überzeugt, dass sie ihr gefällt.“
Was immer mit ausprobieren gemeint war. Voll Unbehagen fiel Leyla die Blutorgie im Film ein. Menschenleiber an Fleischerh a ken. Sollte es sich dabei womöglich um eine Selbstinszeni e rung besagter Fjodora gehandelt haben?
„Sie haben Ihr eigenes Kind verschenkt?“ Die Worte hinterließen ein pelziges Gefühl in ihrem trockenen Mund. Eine Welle von Übe l keit zog über sie hinweg.
„Das ist es ja, was es für den Meister besonders macht“, erwiderte Isabella.
Leyla konnte es nicht fassen. Die Grausamkeit und Kälte Vampirellas übertraf ihre kühnsten Vorstellungen, was mit Marie g e schehen sein mochte. „Sie müssen schon immer krank gewesen sein.“
Vincent kam so schnell auf sie zugestürzt, dass sie noch kurz überlegte, wohin sie ausweichen sollte und gleichzeitig erkannte, dass sie es nicht schaffen würde. Rudger sprang hinter ihr hervor, konnte jedoch nicht mehr eingreifen. Für einen Moment schien die Welt stillzustehen, dann kam Vincents Hand aus dem Nichts und traf Leyla am Kopf. Die Wucht trieb ihr die Luft aus der Brust und riss ihren Körper zur Seite. Mit dem Oberkö r per krachte sie gegen die Wand. Der Aufprall schleuderte sie zurück. Sie schlug hart auf den Boden, und bunte Punkte flimmerten vor ihren Augen. Das Letzte, das sie sah, bevor alles schwarz wurde, war Rudgers Gesicht. Seine Lippen formten ihren Namen.
Leyla schnappte nach Luft wie eine Ertrinkende. Sie hielt noch eine Weile die Augen g e schlossen und lauschte den Stimmen um sich herum. Sie lag auf dem feuchten Boden und wünschte sich zu träumen. Sie erinnerte sich an Vincents Schlag mit der flachen Hand. Hätte er seine Faust b e nutzt, wäre ihr Gehirn jetzt das, wonach es sich anfühlte. Rudgers Stimme drang aus weiter Ferne zu ihr, doch sie verstand seine Worte nicht. Als sie schließlich die Augen öffnete, stach ihr das Licht wie bre n nende Nadeln in den Kopf. Sie fühlte Rudgers kühle Hand auf ihrer Wange. Der Schmerz in ihrem Kopf schwoll an. Sie bewegte sich, wodurch sie We l len von Übelkeit erzeugte. Der Versuch sich aufzurichten, endete in einem schmerzvollen Stöhnen. Sie fühlte Rudgers G e sicht nahe an ihrem. Er flüsterte altgermanische Worte, die sich wie Beschwörungsformeln anhö r ten. Leyla verstand kein Wort, doch der Klang seiner Stimme tat gut. Ihr Kopf dröhnte, als sie erneut versuchte ihn zu bewegen. Sie war kurz davor, ein zweites Mal das
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