Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
ihren aktuellen Auftragg e bern auch Vampire waren, ließ er sich nichts anmerken. Leyla sah Rolf deutlich an, dass ihm dieser Gedanke nicht behagte. Es hatte in ihrer Laufbahn Klienten gegeben, vor denen er sie in seiner Eigenschaft als Kommissar und Freund diskret gewarnt hatte. Das waren Menschen, die nicht immer unschuldig waren. Dass sie für Vampire arbeitete, warf eine unterschwellige Kluft zwischen ihnen auf. Doch er bemühte sich ihre Arbeit als Privatdetektivin zu respektieren. Für Rolf Fuhrmann waren Vampire zunächst Verdäc h tige. Eine umgekehrte Situation war bisher nicht eingetreten. Leyla beschäftigte sich mit der Frage, wer Interesse daran hätte, Mitglieder aus Fjodoras Gefolge zu töten. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Mörder gewusst hatte, in welch mächtigen Kreisen sein Opfer verkehrte. Sie ve r sprach Rolf ihren Bericht per E-Mail zu schicken, da sie es auf einmal eilig hatte, den Tatort zu verlassen. „Ich brauche jetzt erst mal ein Frühstück, alles andere muss warten.“
Mit der Gewissheit, dass sie ihn darüber in Kenntnis setzen würde, falls sie mehr über den Fall herausfinden sollte, nickte Rolf. Sie ve r abschiedete sich am Absperrband von ihm und ging auf ihr Auto zu. Die durchwachte Nacht und die kleine Blutspende für den Mei s tervampir zollten ihren Tribut. Ihr Magen knurrte vernehmlich und schien unbeeindruckt von der unappetitlichen Szene einer blutüberströmten Leiche. Ein wiederkehrender Schwindel machte ihr zu schaffen. Sie ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und schloss für einen A u genblick die Augen.
„War es schlimm?“, fragte Marie.
„Das Übliche. Gibt es hier in der Nähe ein Café?“
Nach dem Frühstück machten sie sich auf den Weg zum Thetania Hauptsitz. Auf der Fahrt sprachen sie über Maries Beziehung zu Marc. Leyla bemerkte mit einem Seitenblick auf das Mä d chen, wie sich ihr Gesicht dabei aufhellte. Sie mochte Marie und fühlte sich ihr auf ungewohnte Weise verbunden. Vielleicht lag es daran, dass sie außer ihrer Großmutter keine Familie hatte.
„Du magst ihn, nicht wahr?“, fragte Marie unvermittelt.
„Wen, Marc? Nun, er ist ein netter Junge, ein bisschen störrisch.“
„Ja, das ist er. Ihn hatte ich aber nicht gemeint.“ Sie blickte Leyla unverwandt an.
Leyla fühlte es siedend heiß in sich hoch kriechen, ein warmes Flattern in ihrer Mageng e gend. Sie blickte zu Marie hinüber und hatte das Gefühl, als laufe eine bewegliche Leuchtreklame mit Rudgers Namen für alle sichtbar über ihre Stirn. Sie parkte den W a gen auf dem Seitenstreifen einer dicht bewaldeten Landstraße und schaltete den Motor ab. „Möglich“, antwortete sie versp ä tet und öffnete die Tür.
„Ach komm, Leyla, das muss dir nicht unangenehm sein. Es ist o kay.“
„Es ist … schwierig.“
„Es ist immer schwierig, wenn man jemanden mag, der anders ist. Ich glaube, die Me n schen brauchen für jeden neuen Wandel in der Gesellschaft ihre Zeit. Man darf nicht viel darauf geben, was andere sagen.“
Das tat Leyla ohnehin nicht. Zumindest was den Großteil der Leute betraf. Da reichte schon ein ungewöhnlicher Job, um ins G e rede zu kommen. Bei Menschen an denen ihr gelegen war, verhielt es sich etwas anders. Sie lächelte Marie zu und stieg aus dem Wagen.
Die Stimme surrte durch die Sprechanlage. Leyla bat um ein G e spräch mit Herrn Kremer, dem Bezirksleiter von Thetania. Dank Maries Familienname, der im Hause Thetania b e kannt war, gewährte man ihnen ohne weitere Fragen Einlass. Sie gingen durch das schmiedeeiserne Tor. Nebelschwaden zogen über die dunkelgrüne Oberfläche eines riesigen Zie r teichs, der vor der Villa Beauty lag. Die winterliche Morgensonne wärmte schwach Leylas Gesicht.
„Erlesene Klientel“, sagte Leyla.
„Zu irgendwas muss mein adeliger Name gut sein“, entgegnete Marie lächelnd. Ihre Mi e ne wurde ernst. „Mutter hat mich einige Male hierher geschleppt. Ich sollte es mir mal anschauen und unseren Mutter-Tochter Beautytag genießen.“ Sie stieß ein verächtl i ches Schna u ben durch ihre Nase. Mit dem Kopf deutete sie auf ein verziertes Schild mit der Aufschrift: Willkommen in der Villa Beauty. Darunter befand sich der goldene Schriftzug von Thetania. Sie überquerten einen hölzernen Steg über einen künstlich angele g ten Teich. Unter den Resten von verblühten Seerosen schwammen die schimmernden Körper eines ganzen Schwarms von Kois. Sie befanden sich inmitten einer weitläufigen
Weitere Kostenlose Bücher