Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
zu b e trachten, kam Leyla wie ein Beweis vor. Von den meisten der Schauspieler hätte sie nicht erwa r tet, dass sie einer Sekte angehörten.
Marie warf einen flüchtigen Blick auf eines der Bilder und nickte.
„Was bedeuten die Zahlen auf den Namensschildern?“, fragte Le y la.
„Es ist ihr Alter. Alle Thetaniamitglieder gehen mit ihrem Alter hausieren.“
Auf dem Weg durch den gläsernen Gang erklärte Marie, dass sich unter dem Dach der Villa Beauty das komplette Angebot einer Schönheitsfarm befand, die sich bis zum angre n zenden Rosengarten erstreckte. Ein angrenzender Klinikbereich war spezialisiert für alle nötigen Eingriffe, die im Dienste der Schönheit standen. Durch die gläsernen Wände konnten sie auf das ebe n falls verglaste Dach einer Wellnessoase mit Schwimmbad blicken. Dort befanden sich neben Saunen und Solarien die Kabinen für Massagen und Permanent-Make-up. Wie in den Prospekten beschrieben, die Leyla in Giselles Praxis gelesen hatte, erfüllte Thetania e.V. jeden noch so exotischen Wunsch. Das Unternehmen war gut organ i siert und abgesichert. Für die Sekte galt die freiwillige Umwandlung zum Vampir als höchstes Gut. Es bedurfte mehrerer Sitzungen, in denen der Blutaustausch zwischen Mensch und Vampir vollz o gen wurde. Dieses Angebot war exklusiv und wenigen vom Komitee auserwählten Personen zugänglich. Es wurde unter der Lade n theke gehandelt.
Jürgen Kremer begrüßte sie an seiner offenen Bürotür. Er trug einen grauen Anzug und hatte seine hellbraunen Haare ordentlich zurückgekämmt. Leyla suchte nach der Altersa n gabe auf seinem Namensschild. Er war fünfzig Jahre. Kein einziges graues Haar war über seiner maske n haften Stirn zu sehen. Sein Haaransatz verflüchtigte sich unaufhaltsam nach hinten und hob sich mit einem weißen Hau t streifen von der Sonnenbräune des letzten Urlaubs ab. Als Nächstes war bestimmt eine Haartransplantation geplant. Seine modellierte Nase war einen Hauch zu spitz und gerade.
„Ich grüße Sie, Marie, wie geht es Ihrer Mutter?“, fragte er übe r schwänglich.
„Den Umständen entsprechend, genau kann ich das nicht sagen.“
Leyla erwiderte seinen festen Händedruck und folgte ihm in sein Büro. Sie setzten sich auf zwei Stahlrohrstühle vor einem gl ä sernen Schreibtisch. „Ich würde mich gerne mit Ihnen über die vergangenen Vampi r morde in der Stadt unterhalten“, sagte Leyla.
Er blinzelte und wischte einen nicht vorhandenen Fleck von seiner Designerbrille. „Th e tania billigt keine Gewalt, Frau Barth“, entgegn e te er betont gelangweilt.
„Es gibt Hinweise darauf, dass der Mörder eines Ihrer Mitglieder ist und der letzte Mord g e schah nicht mehr als fünf Kilometer von hier entfernt.“
„Warum sollte jemand von Thetania Vampire töten? Was sollen das für Beweise sein? Unsere Prämisse ist die Toleranz im Mite i nander mit den Geschöpfen der Nacht.“
„Das mag die von Ihnen geschaffenen Vampire betreffen, sofern Sie die Kontrolle über sie wahren können. Nur Meistervampire sind dazu in der Lage oder jemand, der über eine ähnlich große Macht verfügt.“ Leyla stockte kurz bei dem Gedanken. Jemand mit der Macht eines Mei s tervampirs. Das warf ein völlig anderes Licht auf die Ermittlungen. „Wir kontrollieren niemanden, wir beraten und begle i ten“, beharrte er.
„Und nebenbei spielen Sie ein bisschen Gott, nicht wahr?“
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und faltete seine Hände vor die Brust. Er hatte saubere jungenhafte Fingernägel, die zu schmal und fehlplatziert an Männerhänden wir k ten. Ärzte hatten solche Hände. Leyla musste unwillkürlich an Rudgers gepflegte und krä f tige Hände denken.
„Frau Barth, Sie können sich vorstellen, dass dieser Vorwurf uns seit Langem begleitet. Es ist Bestandteil unserer Schulungen dem en t gegenzutreten. Wir dienen dem Wohle der Menschheit und bieten lediglich Möglichkeiten.“
„Darauf wette ich und dabei behalten Sie stets ihre lupenreine We s te.“
Jürgen Kremer kniff unter Leylas bissigem Sarkasmus die Augen zusammen. Eine u n schöne Zornesfalte kämpfte sich durch die widerspenstige Schicht seiner gelähmten Stirn. „Diese moral i schen Belehrungen sind uns wohlbekannt. Doch kenne ich keinen Arzt, der sich nicht ein bisschen wie Gott fühlt, wenn er einem Menschen mit einer Operation ermöglicht hat weiterzul e ben.“
Darüber ließ es sich allerdings streiten, zumal ein Arzt keinen persönlichen Vorteil damit verfolgte, wenn
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