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Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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jetzt an möchte ich Sie an meiner Seite haben.« Es hatte sich nicht wie ein Befehl angehört, sondern wie eine Bitte, als wäre aus dem Chef von einer Sekunde auf die andere ein Bittsteller geworden.
    Es bestand kein Zweifel daran, dass ich die Heldin der Stunde war: die Frau, die gesehen hatte, was für alle anderen unsichtbar gewesen war. Ich konnte mich nicht besonders darüber freuen. Sicher, ich hatte ein Muster entdeckt, aber leider eines, das keinen Sinn ergab. Ganz im Gegenteil, es zerstörte eher den kleinen Rest von Sinn, der uns noch geblieben war. Und da draußen lief nach wie vor ein Mörder herum.
    Ich griff nach dem Bild von Daisy Gill und betrachtete es. Sie hatte ein Piercing in der Augenbraue und, wie ich bei genauerem Hinsehen entdeckte, auch eins in der Zunge. Um den Hals trug sie ein Medaillon. Auf dem dritten Foto konnte ich es deutlicher erkennen. Es war ein kleines Herz, genau wie das, das Lianne getragen und auf dem gestanden hatte: »Beste …«. Ich fragte mich, ob auf Daisys Medaillon vielleicht »… Freundin« stand.
    »Ist Ihr Mann nicht da?«, fragte ich.
    »Gabe? Nein, er ist schnell zur Post gegangen, nur ein Stück die Straße runter. Er kommt bestimmt jeden Augenblick. Er arbeitet normalerweise erst später am Nachmittag. Hier, bitte, Sie trinken ihn ohne Milch, oder?«
    »Ohne Milch und Zucker. Danke.«
    Sie ließ sich wieder am Küchentisch nieder und legte die Hände um ihre Tasse, als würde ihr die Wärme Trost spenden. Plötzlich wirkte sie sehr jung und verletzlich.
    »Und jetzt?«, fragte sie. »Was passiert jetzt?«
    Oban räusperte sich, ehe er eine Antwort gab, die zwar gewichtig klang, im Grunde aber nichts aussagte: »Wir werden umfassende Ermittlungen in die Wege leiten.«
    Bryony starrte ihn verblüfft an.
    »Hören Sie«, sagte ich, »es ergibt auf den ersten Blick keinerlei Sinn, dass ein Mordopfer die Identität von zwei anderen Opfern oder potenziellen Opfern kennt. Wir wissen natürlich nicht, wann sie die Namen notiert hat, und deswegen wissen wir auch nicht, ob Lianne zu diesem Zeitpunkt schon tot war oder nicht.« Ich zögerte einen Moment, aber sie war eine intelligente Frau und wusste bereits, was ich sagen wollte. »Auf jeden Fall deutet nun Einiges darauf hin, dass es sich bei dem Angriff auf Sie nicht nur um einen Raubüberfall gehandelt hat.«
    Sie nickte. Ihre Lippen waren weiß.
    »Und dass der Mörder nicht willkürlich handelt«, fügte ich in sanftem Ton hinzu.
    »Nein«, murmelte sie. »Ich verstehe.«
    »Deswegen wird die Polizei nun einige Zeit mit Ihnen verbringen und herauszufinden versuchen …«
    Während ich sprach, hörte ich, wie sich die Haustür öffnete und jemand in der Diele ziemlich unmelodisch vor sich hinpfiff.
    »Gabe!«, rief Bryony. »Gabe, ich bin in der Küche. Mit jemandem von der Polizei.«
    Das Pfeifen brach abrupt ab. Als er hereinkam, schlüpfte er gerade aus einer alten Lederjacke. Sein Gesicht wirkte angespannt. »Was ist passiert?«, fragte er. »Bry? Alles in Ordnung?«
    »Wir wollen Sie nicht beunruhigen, Mr. Teale«, begann Oban, aber Bryony schnitt ihm das Wort ab. »Philippa Burton hat meinen Namen aufgeschrieben, bevor sie ermordet wurde.«

    Gabriel öffnete den Mund, brachte aber offensichtlich nichts heraus. Er starrte uns nur an, erst seine Frau, dann Oban und mich. Er wirkte total erschüttert.
    »Meinen und den dieses Mädchens Lianne und den eines anderen Mädchens namens Daisy«, fuhr Bryony langsam fort, als wollte sie sicherstellen, dass er alles genau verstand. Sein Entsetzen schien ihr neue Kraft und Entschlossenheit zu verleihen.
    »Daisy Gill, so war doch ihr Name, nicht?«
    »Genau, Mrs. Teale.«
    »Demnach war es also kein Raubüberfall. Und es sieht ganz so aus, als hätte er es auf mich abgesehen, nicht einfach auf eine x-beliebige Frau.«
    Gabriel ging zu ihr, kniete sich neben ihren Stuhl, umfasste ihre Hände und küsste sie; dann vergrub er seinen Kopf in ihrem Schoß. Nachdem sie einen Moment sanft über sein dunkles, zerzaustes Haar gestreichelt hatte, hob sie sein Gesicht an und hielt es so, dass er sie ansehen musste. »Es wird alles gut«, sagte sie, »das verspreche ich dir. Es wird nichts passieren. Hörst du, mein Liebling?«
    »Dürfen wir Ihnen noch ein paar Fragen stellen, bevor wir Sie der Obhut meiner Detectives anvertrauen?«, fragte Oban.
    Gabriel erhob sich und stellte sich hinter Bryony, beide Hände auf ihren Schultern.
    »Kennen Sie einen Mann namens Will Pavic?«,

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