Das rote Zimmer
Gesichtsausdruck, unnachgiebig und verschlossen.
Während ich zitternd vor Aufregung neben der Tür stand, wirkte Oban umgänglich und entspannt. Er ließ sich Will gegenüber nieder, als hätten sie vor, miteinander ein Bierchen zu trinken.
»Es hat in den Mordfällen Lianne und Philippa Burton neue Entwicklungen gegeben.« Keine Reaktion von Will.
Oban hüstelte. »Vielleicht ist Ihnen bekannt, dass am Kanal ein weiterer Überfall auf eine Frau namens Bryony Teale stattgefunden hat. Ich glaube, Sie kennen ihren Mann Gabriel.«
»Ich habe von ihm gehört«, antwortete Will tonlos.
»Aber ich kenne ihn nicht näher.«
»Er hat auch von Ihnen gehört. Aber Sie sind ja recht bekannt, nicht wahr, Mr. Pavic? Und Sie hatten natürlich mit Lianne zu tun. Wie ich zugeben muss, habe ich bis heute Morgen bezweifelt, dass in diesem Fall zwischen allen drei Frauen eine Verbindung besteht.«
Wills Augen verengten sich, und das bissige Lächeln kam ein wenig deutlicher zum Vorschein, aber er schwieg noch immer.
»Sind Sie Bryony Teale schon mal begegnet?«, fuhr Oban fort. »Sie ist Fotografin. Allem Anschein nach verbringt sie viel Zeit damit, hier in der Gegend herumzuwandern, auf den Straßen und am Kanal.«
»Nein«, antwortete Will.
»Und Philippa Burton? Haben Sie die gekannt? Sind Sie ihr mal begegnet? Oder haben Sie von ihr gehört?«
Hinter meinem Rücken ballte ich so fest die Fäuste, dass sich meine Fingernägel in die Handflächen gruben.
Will schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Wieso sollten Sie auch?«, meinte Oban. »Sie hat in Hampstead gewohnt. Als Ehefrau eines Geschäftsmannes.
Aber ich nehme an, Sie lernen alle möglichen Leute kennen.«
Keine Antwort. Diesmal sah Will zu mir herüber. Ich wich seinem Blick nicht aus, sondern versuchte, ihm mit meinem Gesichtsausdruck zu verstehen zu geben, dass ich zwar an dem Fall mitarbeitete, mir der Peinlichkeit der Situation aber durchaus bewusst war und es außerdem für völlig unangebracht hielt, ihn auf diese Weise zu befragen.
Das war ziemlich viel Bedeutung für einen einzigen Gesichtsausdruck, und das Ergebnis wirkte wahrscheinlich bloß panisch. Offenbar spielte es sowieso keine Rolle, denn Will sah mich an, als wäre ich ein Mantel, den Oban beim Hereingehen neben die Tür gehängt hatte.
»Wie ich schon gesagt habe«, fuhr Oban fort, »war ich nicht davon überzeugt, dass da irgendeine Verbindung bestand. Ich ging einfach davon aus, dass die Frauen völlig willkürlich als Opfer ausgewählt worden waren.
Dr. Quinn jedoch nervte mich die ganze Zeit mit ihrer Idee von einer Verbindung. Nun hat sie bei Philippa Burton einen Notizzettel mit den Namen von Lianne und Bryony Teale gefunden. Erstaunlich, nicht? Zwei der Opfer, niedergeschrieben vom dritten Opfer.«
Will zuckte mit den Achseln. »Und was habe ich damit zu tun?«
»Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen. Wir haben die letzten Telefonrechnungen der Burtons überprüft. Das Ergebnis war größtenteils wie erwartet, Gespräche mit ihrer Mutter, ihrem Mann an seinem Arbeitsplatz, ein paar Freunden, einem Reisebüro und so weiter. Eines aber war seltsam. Am neunten Juli wurde von den Burtons aus mit Ihrem Jugendhaus telefoniert. Ich weiß, was Sie jetzt sagen werden, aber es handelte sich nicht um das öffentliche Telefon in Ihrem Eingangsbereich, von dem aus die jungen Leute ihre Drogengeschäfte abwickeln.«
»Sie benutzen dieses Telefon nicht für Drogengeschäfte«, erklärte Will. »Ich glaube, Sie werden feststellen, dass Drogendealer ihre eigenen Handys bevorzugen.«
»Ich wollte damit nur sagen, dass der Anruf vom Telefon in Ihrem Büro entgegengenommen wurde. Uns würde interessieren, was Sie dazu zu sagen haben.«
Wäre das Ganze eine Prüfung im Fach Gelassenheit gewesen, dann hätte Will zehn von zehn Punkten bekommen. Aber es war keine Prüfung, und mir war klar, dass jeder normale Mensch in Wills Situation über die Verbindung zwischen den Frauen überrascht gewesen wäre und auf die Sache mit dem Anruf mit großer Bestürzung reagiert hätte. Ein normaler, unschuldiger Mensch hätte angefangen, sich wie ein schuldiger Mensch zu verhalten. Will wirkte bloß gelangweilt. »Ich habe dazu nichts zu sagen«, erklärte er.
»Sie meinen, Sie verweigern die Aussage. Das ist Ihr gutes Recht.«
»Nein, das habe ich damit nicht gemeint. Ich weiß nur nicht, was für eine Art Kommentar Sie erwarten. Stellen Sie mir eine Frage, und ich werde sie Ihnen beantworten.«
»Haben
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