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Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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vorherigen Malen. Ich war vor Emily eingetroffen und fand einen Platz in der Küche, wo ich meinen Kassettenrekorder einstecken konnte.
    Neurotisch, wie ich war, testete ich ihn zweimal, indem ich »eins-zwei, eins-zwei« sagte und wieder zurückspulte.
    Emily platzte wie ein kleiner plappernder Kobold in den Raum. Sie trug eine rote, mit Farbe bekleckerte Hose. Ihr folgte ein blondes Au-pairmädchen, das Schwierigkeiten hatte, mit ihr Schritt zu halten. Sie wirkte so glücklich. Ich stellte sie mir fünf Jahre später vor. Dann würde sie keine Erinnerung mehr an ihre Mutter haben, nichts, was sich von Schnappschüssen und den halb erfundenen Geschichten trennen ließ, die ihr andere über Philippa erzählten. Sie stürmte auf ihre Großmutter zu und schlang die Arme um ihre Knie. Als sie mich erblickte, verstummte sie. Ich ging zu ihr und kniete mich neben sie.
    »Erinnerst du dich an mich?«, fragte ich. Sie schüttelte ernst den Kopf und wandte den Blick ab. »Ich habe was mitgebracht, das ich dir zeigen möchte.«
    Ihre Neugier war stärker als ihre Schüchternheit. Sie gab mir die Hand, und wir gingen zum Küchentisch hinüber, wo mein Kassettenrekorder stand. Pam, die uns nicht aus den Augen ließ, nahm uns gegenüber Platz.
    »Sieh dir das an«, sagte ich.

    »Was?«, fragte sie.
    Ich drückte auf den Aufnahmeknopf.
    »Sag was.«
    »Ich will aber nichts sagen.«
    »Was spielst du denn im Kindergarten für Spiele?«
    » Alle Spiele«, antwortete sie in bestimmtem Ton.
    Ich drückte auf Aus, spulte zurück und spielte ihr das gerade Aufgenommene vor. Sie riss staunend den Mund auf.
    »Nochmal!«, bat sie.
    »Ja.« Ich drückte auf den Aufnahmeknopf und rückte noch ein wenig näher an sie heran. Sie roch nach Seife und Farbe.
    »So«, sagte ich, »worüber sollen wir reden?«
    Emily zog kichernd die Nase kraus. »Ich weiß nicht«, antwortete sie. »Das ist deine Narbe!« Sie deutete auf mein Gesicht.
    »Stimmt«, sagte ich. »Siehst du? Du erinnerst dich doch!«
    »Tut es noch weh?«
    »Nicht mehr schlimm«, antwortete ich. »Es ist besser geworden.«
    »Darf ich sie anfassen?«
    »Ja.«
    Ich beugte mich vor, und Emily streckte ihren kurzen, dicken Zeigefinger aus und fuhr damit von meinem Ohr über meine Wange bis zu meinem Kinn. Es juckte ein bisschen, schmerzte aber nicht mehr.
    »Als wir uns das erste Mal unterhalten haben, hast du gerade mit deiner Freundin gespielt, und wir haben über den Spielplatz geredet. Du hast auf dem Spielplatz gespielt, als deine Mami wegging. Erinnerst du dich?«
    »Ja«, antwortete sie.
    »Viele Leute haben mit dir darüber gesprochen, nicht wahr?«
    »Bollizisten.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Und diese Polizisten und Polizistinnen haben dich gefragt, ob du gesehen hast, wie deine Mami mit jemandem weggegangen ist, und du hast Nein gesagt.«
    Emily kratzte auf dem Tisch herum. Ich spürte, dass sie mir entglitt. Die kurze Spanne Aufmerksamkeit, die man von einer knapp Vierjährigen erwarten konnte, war fast zu Ende. Ich warf einen Blick auf den Kassettenrekorder. Die Spulen drehten sich. Ich war mit nur einem Schuss im Lauf gekommen. Nun würde ich ihn abfeuern, und wenn nichts dabei herauskam, würde ich wirklich einen Schlussstrich unter die Sache ziehen. Ich streckte die Hand aus und legte sie um Emilys kleine, warme, klebrige, drückte sie leicht, um mir ihre Aufmerksamkeit zu sichern.
    Sie sah mich an.
    »Ich möchte dich was anderes fragen, Emily. Kannst du mir ein bisschen von der netten Frau erzählen?«
    »Was?«, sagte Emily.
    »Worauf wollen Sie …?«, fragte Pam.
    »Schsch«, unterbrach ich sie mit einer abrupten Handbewegung. »Emily, was hat sie dir gegeben?«
    »Nix.«
    »Nichts?«
    »Einen Lolly.«
    »Das ist aber nett.« Ich spürte das Pochen meines Herzens im ganzen Körper, sogar im Kopf. »Was hat sie gemacht? Hat sie dich auf der Schaukel angeschubst?«

    »Ein bisschen. Dann ist sie mit mir zum Sandkasten gegangen.«
    Ich versuchte mir den Spielplatz vorzustellen. Ja, natürlich. Der Sandkasten war am weitesten von der Stelle entfernt, wo Philippa gestanden und ihrer Tochter zugesehen hatte.
    »Das hat bestimmt Spaß gemacht«, sagte ich. »Und dann ist sie gegangen. Hat sie dich dort allein gelassen?«
    »Weiß nicht.«
    »Wie hat die Frau denn ausgesehen?«
    »Mir ist la-angweilig«, sagte Emily laut.
    »War sie dick?«
    »La-a-angweilig.«
    »Danke, Emily«, sagte ich. »Vielen Dank.« Ich legte den Arm um sie und drückte sie an mich. Rasch befreite

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