Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
mehr Aufmerksamkeit. Die Männer, die am Tresen gesessen hatten, drehten sich nun zu ihr, alle in schwerer Wollkleidung mit wettergegerbten Gesichtern. Der Gastraum war relativ dunkel, und doch wünschte sich Cathyll, dass er noch dunkler wäre. Sie sah einen Mann von einem Tisch am anderen Ende des Raumes aufstehen, einen Bierkrug erhebend. Er war von großer Gestalt, hatte rote, zerzauste Haare und stand auf wackligen Beinen. Sein Gesicht war von einer großen Narbe gekennzeichnet, die sich senkrecht über seine linke Wange senkte.
„Stoßt mit mir an, Frollein.“ Der Raum lachte. Als Cathyll es wagte kurz vom Tisch aufzuschauen, sah sie, dass sogar der glatzköpfige Wirt lachte. Von ihm war keine Hilfe zu erwarten. Sie wünschte nun, dass sie niemals so dumm gewesen wäre in ihrer infantilen Angst die Burg zu verlassen und einfach in die Stadt zu laufen. Wenn Rabec jetzt hier wäre, dann könnte er sie beschützen und aus dieser üblen Gaststätte herausholen. Warum nur hatte sie seine L oyalität in Frage gestellt.
Sie sah den großen Rothaarigen nun langsam auf ihren Tisch z uwanken. Der ganze Raum schaute gebannt zu. Auf halbem Wege rülpste er laut. Schlurfend kam er auf den Tisch zu und blieb stehen. Cathyll konnte ihn nicht länger ignorieren und sie schaute auf. Er schaute sie stumm an. Dann ließ er sich krachend auf der Bank direkt neben ihr nieder.
„Du süßes Ding.“ Cathyll schaute zur Seite.
„Was ist denn, bin ich nicht auch ein schöner Junge?“, kicherte er. Vereinzeltes Gelächter. Der Mann nahm Cathylls Kinn in seine großen Hände und zog ihr Gesicht zu sich.
„Du bist eher schüchtern, oder? Du sagst nicht viel. Du willst ei nfach geküsst werden.“ Er beugte sich zu ihr hinab und sie konnte seinen bierigen Atem riechen. Sie entwand sich und kroch in die Ecke der Bank. Der Rothaarige grunzte. „Ich bin Svein, und man weist mich nicht ab.“ Er schob seinen massigen Körper an sie heran und legte seinen Arm um ihre Schulter. „Komm Mädchen, lass uns gehen. Ich sehe, dich stören die vielen Menschen.“ Cathyll wollte sich aus seinem Griff herausdrehen, doch gegen seine Stärke kam sie nicht an. Er drückte ihr einen stinkenden Kuss auf die Stirn.
„Lassen sie mich bitte in Ruhe, ich bin Ca…“ Sie kam nicht weiter, denn schon wieder hatte er ihren Kopf gedreht. Sie erwartete nun seine Lippen auf ihren, doch irgendetwas ließ ihn innehalten. Sie schaute auf und sah eine Gestalt, die sich an die andere Seite des Tisches gesetzt hatte.
„An Deiner Stelle würde ich ihm Deinen Namen nicht sagen. Das würde die Sache nur unnötig verkomplizieren.“, sagte eine sanfte dunkle Stimme. Cathyll schaute genauer hin und sah, dass der Mann, der diese Worte gesprochen hatte, anders als die anderen hier gekleidet war. Er trug einen einfarbigen, braunen Umhang.
Svein grunzte wieder. Er spuckte auf den Boden. „Lass mich in Frieden, Vater Balain. Man will doch auch mal seinen Spaß.“ Statt zu antworten blickte dieser Pater Balain Svein einfach nur an. Dieser sabbelte etwas vor sich hin und stand schimpfend auf. Cathyll war beeindruckt. Dieser Vater musste eine Waffe haben, die stärker war, als die Muskelkraft Sveins. Als dieser den Tisch verlassen hatte, blickte sie genauer auf den Priester. Sie sah in das Gesicht eines älteren weißhaarigen Mannes mit Bart, dessen Gesicht faltig und dünn war, dessen Augen aber eine besondere Strahlkraft hatten. Sein Umhang war braun, also musste er ein Priester der Kirche der Sonne sein, was das Leuchten in seinen Augen erklären konnte. Cathyll wusste nicht was sie sagen sollte, obwohl ihr klar war, dass sie dem Manne danken musste. Aber alles, was sie sagen konnte, war: „Ich will nach Hause.“ Daraufhin legte der Pater seinen Kopf in den Nacken und fing schallend an zu lachen. „Das ist gut, Eure Hoheit.“ Nun wurde Cathyll doch ein wenig böse. „Was lacht Ihr über mich? Ich will nach Hause, habe ich gesagt.“ „Natürlich wollt Ihr nach Hause, Eure Hoheit. Ich werde Euch auch gleich nach Hause begleiten. Ich dachte nur…“ „Ihr fragt Euch, was ich hier mache.“ Statt zu antworten, schaute der Pater sie an. Schon wieder, dachte sie. Er benutzt keine Worte, und dennoch muss man reagieren. „Ich bedanke mich bei Euch, Vater. Ich habe mich verlaufen.“ Der Vater legte sein schmales Gesicht zu Seite und lächelte, wie Cathyll zu deuten meinte, etwas spöttisch. „Cathyll Marc hat sich verlaufen? Das kann ich mir kaum vorstellen.
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