Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
tröstende Brennen der Lungen.
Es war Nacht, doch so eine Nacht hat es noch nie gegeben, eine Nacht, die noch schwärzer war als die Schatten, die die Berge am Horizont werfen, wenn sich ihre Spitzen mit dem Dunkel der Nacht verbinden.
An’luin flog nun, er wusste, dass er entkommen konnte, dass dieses Leben in seiner ekelerregend rauhen Wirklichkeit ihn nicht mehr einholen kann. Er war bereit zu lachen und zu schreien und wollte das gerade tun, als…
Ein Loch im Schnee tat sich auf. Es gab keinen Weg auf den weißen Feldern und keinen ausgetretenen Pfad. So ist der Junge aus fernen Landen einfach versunken, sein Antlitz von der Bildfläche verschwunden, und An’luin sah und roch und fühlte und schmeckte nur noch Schnee. Zuerst verstand er nicht was passiert war, er, der eben noch geflogen war. Doch nun, da er sich nicht mehr bewegen konnte angesichts der drückenden Schneemassen um ihn herum, da wurde ihm langsam bewusst, dass er aus dieser Falle nicht mehr entkommen konnte. Er versuchte es freilich, verzweifelt wie ein Insekt, das vergeblich versucht auf die Beine zu kommen. Doch kommt er gegen den Zusammenhalt dieser vielen abertausenden, Millionen von kleinen unscheinbaren Schneeflocken, die aussehen, als wären sie das zerbrechlichste Ding auf der Welt, nicht an.
An’luin wusste nun, dass auch er heute Nacht sterben würde – alle rdings auf eine weitaus weniger glorreiche Art als der Jarl des Dreischafetals. Man würde ihn im Frühling finden, irgendwo auf einem wilden Feld liegend, das Runenschert neben sich, ohne Verletzungen oder Wunden. Denn er würde ganz einfach erfrieren. An’luin schloss die Augen und weinte – zum ersten Male an diesem Abend.
Mal Tael
27. Der Mond
ie lachten. Es war nur ein kurzes, bescheidenes L achen, anders als das Lachen der Adligen bei Hofe, wo jeder versuchte durch die Gewalt seiner Laute seine Stärke darzustellen. Es war ein echtes Lachen, das Gemeinsamkeit und Verständnis ausdrückte. Und Gareth stellte fest, dass er tatsächlich gelernt hatte, über sich zu lachen, ohne sich zu schämen. Als er geglaubt hatte es nicht auszuhalten und ernsthaft überlegt hatte den Konvent zu verlassen, als er all seinen Mut zusammengenommen hatte und Sab von seinen Gedanken gegenüber Meliandra erzählt hatte, da hatte der Südländer nichts Besseres zu tun gehabt, als es laut im Speisesaal herauszubrüllen. Gareth hatte schon das Messer in der Hand, als ihm Col eine Hand auf die Schulter gelegt hatte und ihn zärtlich und mitleidig anschaute. Nur mühsam unterdrückte Gareth seinen Hass, mit dem festen Vorsatz Sab zu töten. Col deutete mit seiner Hand durch den ganzen Raum und sagte: „Wir alle hier haben feuchte Träume von Meliandra gehabt. Was glaubst Du denn, was passiert, wenn man 24 junge Männer in ein Haus steckt, zusammen mit einer Frau?“ Wieder lachten die anderen und Gareth erkannte, dass sie alle zwar teils über seine Naivität lachten, aber genauso lachten sie über sich selber und keineswegs darüber, dass er eine ältere Frau begehrt hatte. Gareth schaute sich um. Er brauchte sich nicht zu verstecken. Es schien diese Menschen um ihn herum kannten ihn besser als er es wahr haben wollte, aber anscheinend mochten sie ihn auch mehr als er selber.
Nun saß er mit Eliar an den Schriften und hatte seinen Lesefehler korrigiert. „Jeder Mensch lebt in seiner eigenen Welt. Wenn du dies weißt, dann kannst du neue Welten entdecken.“ Er hatte Jeder Mensch lebt in DEINER eigenen Welt gelesen und Eliar und er mussten kichern, denn auch dies ergab einen eigenen Sinn: Du siehst jeden anderen, wie du ihn sehen willst, nicht wie er ist.
Gareth blickte den etwas älteren, großen und mit dunklen struppigen Haaren über seinem breiten Gesicht ausgestatteten Ankil in die A ugen. „Warum bist Du eigentlich hier, Eliar? Du kommst aus gutem Hause.“ Eliar schaute zu Gareth auf und hielt mit dem Abschreiben inne. „Ich weiß nicht. Ich schätze, ich wollte kein Kaufmann werden und den ganzen Tag arbeiten.“ Als Gareth ihn weiter anschaute, fuhr er fort: „Nein, es war irgendwie anders. Da kamen ein paar Spielleute in unser Dorf und einer von denen war ein Akolyt. Man konnte bei ihm etwas über seine Zukunft erfahren und während er meinen Freunden Erfolg oder Reichtum oder Glück bei den Frauen oder Glück im Kampfe voraussagte, schaute er mich nur genau an, starrte durch mich hindurch und sagte, ich müsse den Glauben finden. Als ich ihn fragte, was er damit meine,
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