Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
sagte er nur, dass ich am besten gleich mit ihm mitkommen sollte. Ich habe ihn nur ausgelacht, aber losgelassen hat es mich jedoch nie. Aber ich musste erst meine eigenen Erfahrungen machen, bevor ich den Weg zum Konvent fand.“
Gareth fragte sich, was Eliar mit „eigenen Erfahrungen“ wohl mei nte, wollte aber nicht nachfragen. Sie hatten sowieso schon mehr geredet als sie sollten. Also widmete er sich wieder dem Text und las weiter.
Ihre Köpfe lagen in einem Innenkreis nebeneinander, die Füße bi ldeten den äußeren Kreis. Im Winter nur mit einer Robe bekleidet im Garten des Konvents zu liegen und den Mond anzuschauen, das wäre ihm vor ein paar Monaten noch ziemlich dumm vorgekommen. Nicht, dass er es jetzt als einfach empfand, aber er konnte zumindest den Wert erkennen. Wirklich nur den Mond zu sehen und hineinzulassen, das war gelinde gesagt äußerst schwierig. Er schaffte es meist nur eine halbe Minute, dann nahmen seine Gedanken ihn auf eine Reise mit und schon war er irgendwo, seine Aufmerksamkeit verloren und die Übung vertan.
Jede Vollmondnacht lagen sie so da, auch in bewölkten Nächten, so wie heute. Es war kalt und die Gedanken wollten ihn fortzerren. Er roch den würzig süßen Geruch von Schweiß neben sich und spürte wie die Kälte des Bodens sich von seinem Rücken immer weiter über seinen ganzen Körper ausdehnte. Und er sah seinen Vater, der jetzt irgendwo im Thronsaal sitzen würde, warmen Met am Kamin trinken und mit Verachtung an seinen Sohn im Konvent der Kirche des Mondes denken würde. Dann dachte er an Meliandras hartes Gesicht, das Stärke und Weisheit ausstrahlte. Er dachte an Derek, auf den er anfangs so wütend gewesen war, dass er ihm dies hier eingebrockt hatte und er dachte an den Krieg gegen die Ankil oder auch gegen die Norr, den er führen würde.
Dann sah er den Mond, der eben hinter den Wolken hervorkam. Gareth wusste nicht, ob es anderen auch so ging, aber für ihn hatte der Mond immer das Gesicht eines traurigen Mannes, der ein Kl agelied sang. Und es war, als wollte er, dass ihm jemand zuhören solle, dass er eine Anziehungskraft habe, die seiner Aufmerksamkeit bedurfte. Je genauer er hinsah und je mehr er sich auf diese Anziehung einließ, desto stärker wurde sie. Er hatte die Anweisung von Meliandra im Kopf: „Lass los.“ Der Mond breitete sich immer mehr über sein Blickfeld aus. Nein, dachte er, das ist Einbildung. Und schon war alles wie vorher. Eine Wolke schob sich vor die silberne Scheibe.
Solbaek
28. Die Laauri
as erste was An’luin sah, war ein freundliches Ki ndergesicht, das ihn interessiert beobachtete. Dann war das Gesicht weg und er fragte sich wo er war. Er versuchte sich zu erinnern. Irgendwann schon vorher war er aus der Kälte erwacht und hatte gespürt, wie ihn jemand auf eine Art Tuch gehoben hatte. Dann, später, sah er auf einmal die weiße Schneelandschaft in ungeheuerlicher Geschwindigkeit an sich vorüberziehen. Dann erinnerte er sich an heiße Flüssigkeit, die ihm jemand eingeflößt hatte. Er war nicht im Dreischafetal, soviel stand fest. Er öffnete die Augen erneut und sah, dass er sich in einem großen Zimmer befand, das durch eine Kerze, die neben dem Bett, in dem er lag, erhellt wurde. Es gab aber noch eine andere Lichtquelle, einen hellen Lichtschein, der durch eine Öffnung oberhalb der Tür zu seiner Rechten in den Raum drang. Das Bett in dem er lag war groß und weich. So etwas Weiches hatte er noch nie unter seinem Rücken gehabt. Die Laken waren sauber und weiß, nicht wie die stinkenden Wolldecken, die er von Zuhause oder Starkirs Siedlung kannte. Starkir, die Erinnerung schmerzte. An’luin sah den Leichnam vor sich, dessen tote Augen ungläubig in die Nacht starrten. Er schauderte.
Zu seiner linken war ein Fenster mit echten Fensterscheiben, dahi nter sah er in eine klare Sternennacht mit einem hellen runden Vollmond. Die in Bögen zusammenlaufende Decke war weiß und mit Stuckmustern verziert. Wo war er? Noch nie, nicht einmal an König Olafs Hofe, hatte er so edle und saubere Räumlichkeiten gesehen.
Die Tür ging auf. Ein Mann mit dunklen, kurzen Haaren, die an den Schläfen schon weiße geworden waren, kam herein. Er hatte diesen Mann noch nie gesehen, doch dieser lächelte ihn freundlich an. „Willkommen An’luin. Willkommen in Solbaek. Du hast einen langen Weg hinter dir.“
An’luin wollte sich aufrichten, doch da merkte er erst, wie schwach er war und so blieb es bei einer Verkrampfung seiner
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