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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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Independent gelesen hatten. Billie und Mum gefiel der Markt um die Ecke, der während der Woche nicht so überlaufen war. Vermutlich war er teuer, aber sie hatten kein Interesse am Sparen. Das Geldausgeben schien ihnen inzwischen als Beweis dafür zu dienen, dass sie noch am Leben waren.
    Beim Essen war Henry auf den Gedanken gekommen, dass es ihm guttun würde, ernsthaft mit Ton zu arbeiten. Billie sollte ihm Bildhauerunterricht geben, sobald ihr gerade im Bau befindliches Atelier fertig war.
    Während und nach diesem Lunch - Mum, Henry und Billie diskutierten über ihre Lieblingsbildhauer, und Miriam simste - hatte sich Miriam trotz eines anfänglichen Dämpfers zusammengerissen. Gleich nach ihrem Eintreffen hatte sie ihre neueste Tätowierung vorgeführt, eine kleine Taube auf ihrem Fuß, die nicht das von ihr erwartete Interesse erregt hatte. Billie hatte sogar gesagt: »Wie man hört, hat sich Freddie Ljungberg - der Fußballgott von Arsenal, falls jemand nicht Bescheid weiß - mit seinen Tätowierungen vergiftet.«
    »Dann ist er auf keinen Fall bei Mike, dem Künstler, gewesen«, sagte Miriam.
    »Wo wohnt dieser Mann?«, fragte Billie. »In Hounslow«, antwortete Miriam.
    Mutter betrachtete Billie und lächelte leise, was sie jetzt oft tat. Billie grinste. Diese neue, heitere Seite von Mutter - irgendetwas Dunkles war langsam abgekratzt worden oder von allein abgefallen - war unabhängig, selbstbezogen und schmetterte alles ab, was nicht unmittelbar mit ihr zu tun hatte.
    Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass Miriam wenige Tage später, als Bushy mit der Arbeit am Bildhauerschuppen begann, plötzlich von Henry verlangte, sie zu heiraten. Das hatte sie schon früher angesprochen, aber nun pochte sie immer wieder darauf und sagte, sie könne erst glauben, dass er sie liebe, wenn sie einen neuen Klunker am Finger habe.
    Diese zickige, selbstgerechte Seite Miriams hatte ich jahrelang ertragen müssen, und ich mochte sie immer noch nicht, doch Henry nahm sie so ernst, wie es sich gehörte. Die beiden verbrachten mindestens zweimal pro Woche die Nacht miteinander, entweder bei ihm oder bei ihr, aber sie hatte ja immer noch Kinder im Haus, jedenfalls zeitweise. Daher konnten sie nicht zusammenziehen, selbst wenn sie dies gewollt hätten. Doch Miriam brauchte einen Beweis für seine Liebe, vor allem jetzt, da er stundenlang mit Lisa und Valerie telefonierte, obwohl dies eine unendliche Reihe von sinnlosen Liebesschwüren zur Folge haben würde.
    Was Henry betraf, so wollte er niemanden mehr heiraten - »Mein Gott, das mache ich im Leben nicht noch einmal, außer aus einem sehr guten Grund, etwa Steuerersparnis!« -, doch Miriam deutete dies als Zurückweisung. In ihren Augen hielt er Valerie weiterhin für seine »Hauptfrau«. Als ich nach dem Spiel gehen wollte, kam Miriam mir nachgelaufen. An der Tür sagte sie: »Bruder, du musst mit ihm reden. Ich merke, dass ich langsam durchdrehe. Gestern Abend hatte ich wieder eine Rasierklinge in der Hand und wollte mich schneiden. Hilf mir, Bruderherz.«
    Am nächsten Tag traf ich Henry zum Lunch. Als er endlich aufkreuzte, sagte ich zu ihm: »Deine Haare stehen zu Berge, du hast dich nicht rasiert, und dein T-Shirt ist vollgesabbert. Du wirkst ein bisschen manisch, Mann, und meine Schwester will dich heiraten.«
    »Das wäre Wahnsinn in meiner Situation«, erwiderte er. »Ich glaube, ich brauche ein gutes Dutzend Austern. Isst du auch welche?«
    »Aber sicher«, sagte ich. »Gibt es Neuigkeiten von diesem berühmten Stück Ingwer?«
    Er hob den Blick von der Weinkarte und setzte die Brille ab. »Jamal, ich weiß, dass Miriam ein Plappermaul ist, aber ich bitte jeden dringend, die Sache für sich zu behalten. Ich will nicht, dass sie die Runde in der Stadt macht - oder in den Zeitungen.« Er fuhr fort: »Eigentlich amüsant. Wenn das Teil nicht so wertvoll wäre.«
    »Ein Stück Ingwer? Ist es vergoldet oder so?«
    »Ein verfickter Ingres ist es«, sagte er. »Eine Zeichnung. In Rötel. Eine Frau im Profil. Valeries Zimmer ist so mit Kunst vollgemüllt, dass ich es hasse hineinzugehen. Ihr Vater war ein Sammler. Die Superreichen gehen ziemlich sorgl os mit solchen Dingen um.«
    »Dann kann Lisa sie wohl behalten, oder?«
    »Wozu denn, zum Teufel? Die Zeichnung ist nicht versichert und unverkäuflich. Kaufen könnte sie nur ein Krimineller, und Kriminelle hasst Lisa noch mehr als ihre eigene Familie. Das Dumme ist nur, dass Valerie in einem solchen Nebel der

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