Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
Vom Netzwerk:
und begann sich anzuziehen. »Du hast gar nichts zu der Musik gesagt.«
    »Sie ist stark.«
    »Gleich hören sie mein Latino-Programm.« Er checkte sich im Spiegel und sah mich an. »Deine Perücke sitzt schief.« »Kannst du sie bitte richten?«
    »Aber gern, Freund des Herrn. Du siehst super aus, Mann. Da bist du richtig in die Vollen gegangen. Ich habe dir ja gesagt, dass ich dich hier brauche.«
    Bushy ging mir voran und begab sich dann nach hinten zur Bühne. Henry wartete draußen, und er schwitzte so irrsinnig, als wäre über seinem Kopf ein Wasserrohr geplatzt. Bevor ich die Klinge einsteckte, zeigte ich sie ihm: »Das war haarscharf.« Er konnte mir ansehen, dass etwas Schlimmes passiert war. »Ich brauche unbedingt einen Drink. Mensch, Henry, manche Leute sind wirklich verrückt.«
    Bushys zweites Programm war tatsächlich ruhiger und bestand fast nur aus lateinamerikanischen Melodien, die er mit einem kehligen Gurren begleitete. Die Musik wurde so geschmeidig und ernst, dass sich die Leute ringsumher auf Sofas und Kissen zu lieben begannen; als sie kopulierten, passte Bushy Rhythmus und Tempo den Bewegungen an. »Ich habe das Ficken dirigiert«, erzählte er mir später. »Wenn sie ihren Rhythmus geändert haben, habe ich meinen der Veränderung angepasst. Dann habe ich gemerkt, dass ich einen Einfluss auf ihre Bewegungen beim Ficken hatte und sie dazu bringen konnte, es auf ganz unterschiedliche Art zu machen.«
    Ein Paar, das auf einem Sofa lag, bat mich, dazuzukommen. Es konnte keinen Zweifel daran geben, dass man an diesem Ort, an dem andere bürgerliche Normen außer Kraft gesetzt waren, außerordentlich nett und höflich zueinander war.
    »Er schaut gern zu«, flüsterte sie. Ich schaffte es gerade eben, die Frau zu vögeln, während der Mann zusah, müßig seinen schlaffen Schwanz streichelte, mich betrachtete und mir so aufmunternd zunickte, als würde ich ihm einen großen Gefallen tun. Was ich nach einer Weile auch tatsächlich zu glauben begann.
    Die Frau versuchte ab und zu, ihm einen zu blasen, aber davon abgesehen überließ er die Mühsal der Liebe ganz und gar mir. »Danke«, sagte er, als ich außer Puste in den Armen seiner Frau lag. Beim Gehen gaben wir einander die Hand.
    Es war schon spät, als Bushy uns zurückfuhr. Henry und Miriam schliefen auf der Rückbank. Ich wollte unbedingt duschen.
    »Danke für mein Lied, Bushy«, sagte ich.
    »Aber gern«, erwiderte er. »Hat mir Spaß gemacht, Sir.«
    Als Zugabe und Dank an mich hatte Bushy Robert Johnsons Crossroads gespielt. Er hatte es irgendwann einmal im Auto gesummt, und ich hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass es einer meiner Lieblingssongs war. Immerhin tötete Ödipus seinen Vater, den pädophilen Laios, am Schnittpunkt dreier Hauptstraßen - einem Kreuzweg -, worauf lokaste, seine Frau und Mutter, sagt: »Lass doch die A ngst vorm Ehebett der Mutter. / Es haben viele Menschen schon im Traum/Der Mutter beigelegen. Solche Dinge/ Blas in den Wind - und leicht wird dir das Leben.« Als ich dies Bushy erzählte - für dessen Geschmack dieser Mythos zu sehr nach Seifenoper klang -, erwiderte er, dass Robert Johnson, der schlecht sehen konnte und angeblich seine Seele an den Teufel verkauft hatte, um sein musikalisches Talent zu bekommen, von einem eifersüchtigen Ehemann in einer Bar namens Three Forks vergiftet worden sei.
    Nun sagte Bushy: »Den Leuten ist nicht klar, wie schwierig es ist, diesen Song richtig zu spielen, vor allem mit Johnsons Fingersatz. Aber ich habe ihn für dich einstudiert, weil du mir geholfen hast.«
    »Nochmals danke, Bushy«, sagte ich.
    SIEBENUNDD REISSIG
    Als ich das nächste Mal Miriam besuchte, um Fußball zu gucken, wusch sie gerade ab. Doch anstatt sich umzudrehen und mich zu begrüßen, sagte sie nur über die Schulter: »Du hast mich gemieden.«
    »Ich hatte neue Patienten. Ich wurde um einen Vortrag gebeten. Du weißt doch, dass ich meine Arbeit sehr gern mache.«
    »Ja, und? Die Suhle hat dir nicht gefallen. Das hast du allen außer mir erzählt.«
    »Mit der Perücke sah ich doch echt schräg aus, oder? Sogar du hast eingeräumt, dass ich mich ins Zeug gelegt habe.«
    »Die Sache hat dich angeätzt, und du hast die Leute als Wimmelficker und so weiter bezeichnet.« »Nicht nur ich.« »Wer denn noch?«
    »Henry hat sich aufgeführt wie ein beflissener Vater, der seinen Kindern einschärft, d en Urlaub auch ja zu genießen, á la: >Entweder ihr amüsiert euch, oder es passiert was!<«,

Weitere Kostenlose Bücher