Das sag ich dir
wer was rauchte oder schnupfte. Über der Erde gehörten das Personal an der Bar, die Sicherheitsleute und Manager zu dieser Kette von Kumpanen: Jeder Drink, Annäherungsversuch oder Blick wurde von zahllosen ungesehenen Augen registriert. Wolf und seine Kumpel hatten außerdem Zugang zum System der Überwachungskameras des Clubs, und sie verkauften die passenden Aufnahmen an die entsprechenden Dealer im Netz.
»Was ich da höre, überrascht mich nicht sehr, Bushy«, sagte ich. »Ist doch gut für unseren Freund, wenn er zu tun hat und seinen Lebensunterhalt verdient.«
»Ja, aber weißt du was? Er ist hinter fetterer Beute her. Er ist ein absolut gerissener Typ. Da im Westen gibt es eine reiche indische Puppe. Nach der Arbeit geht er zu ihr. Sie hat eine superedle Bude in einer stillen Straße in Soho. Kennst du das Mädchen persönlich? Jamal?« Er rüttelte mich am Arm. »Du kennst sie doch?«
»Ja, ja. Ajita.«
»So heißt sie, glaube ich. Genau.«
»Und du bist dir ganz sicher?«
Bushy tippte sich an die Nase. »Läuft alles über die Cross-Keys-Leitung. Die Fahrer draußen quatschen, alle Mädchen schwatzen. Aber ich war es, der die Einzelteile zu einem Ganzen zusammengesetzt hat, so wie du es mit Träumen machst.«
»Aber, Bushy, das verwirrt und ärgert mich jetzt. Du hast mir doch erzählt, dass Wolf mit der Wuchtbrumme angebändelt hat.«
»Schau sie dir doch an! Das hat nicht lange gehalten. Der Grund liegt doch auf der Hand. Die Wuchtbrumme ahnt, dass Wolf zu einer anderen Frau geht. Das passt ihr nicht, aber sie will ihn nicht verlieren. Er kümmert sich um die Elektrik, die Klempnerarbeiten, er kann streichen und so weiter. Ich arbeite für Miriam, nicht für diese Frau hier. Die Wuchtbrumme war nie meine Chefin. Ich habe ihr nur ein paar Gefallen getan.«
»Und welche Gerüchte über Wolf und dieses Mädchen gehen um?« »Er setzt alles auf eine Karte.«
»Wie genau?«
»Wenn er seinen Namen auf dem Vertrag für den Pub und so weiter haben und gleichberechtigt mit Jenny Wuchtbrumme sein will, sollte er sie besser nicht verärgern, indem er was mit anderen Weibern hat.«
Also wollte Wolf das Cross Keys übernehmen. Er hatte auch tatsächlich mit der Renovierung der oberen Zimmer begonnen, die die Wuchtbrumme gern für private Anlässe vermieten wollte. Doch wie gemunkelt wurde - und das schien unausweichlich zu sein -, sollte das Cross Keys verkauft und in einen Pub umgewandelt werden, der Basilikum-Risotto und spanische Flaschenbiere mit in den Hals gezwängten Limonenscheiben verkaufte. Das war das Schicksal, zu dem alle schäbigen Eckpubs und ganz sicher alle derben, billigen Kaschemmen verdammt waren. Das Cross Keys war nicht die Art von Kneipe, die diese Entwicklung unbeschadet überstehen würde. London wurde aufgehübscht, und vielleicht würde man die Stadt am Ende in »Tesco« umtaufen.
»Wolf ist mehr als nur ein bisschen verrückt«, sagte ich. »Wenn sich die Wuchtbrumme weigert, den Laden gemeinsam mit ihm zu leiten, oder wenn sie ihn feuert, könnte er durchdrehen. Er ist ja jetzt schon auf der Kippe.«
»Doktor, versteh mich nicht falsch«, erwiderte er, »aber hast du je daran gedacht, dass du der Verrückte sein könntest? Mit Paranoia und allem Drum und Dran?«
»Weiß ich nicht genau.«
»Wolf ist endlich beim Ficken. Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber sie treiben es ziemlich oft miteinander, das hat er den Mädchen erzählt. Das wird ihn beruhigen.«
»Meinst du? Das wird auch nichts nützen. Es könnte sogar noch schlimmer werden. Man entlässt Verrückte immer aus den Anstalten, weil sie sich angeblich beruhigt haben. Und eine Woche später verspeisen sie dann eine Portion getoastete Hoden.«
»Na, der Doc bist du«, sagte er gelassen, und ich begann mich zu fragen, ob ich wirklich einer war.
»Das mit Ajita hätte ich ahnen können«, sagte ich. »Vielleicht habe ich es unbewusst auch getan. Jetzt kann ich nur noch abwarten, was er ihr erzählen wird.«
»Über deine schmutzige Schandtat?«
»Meine schmutzige Schandtat, ja.«
»Geht dir das immer im Kopf rum?«
»Manchmal.«
»So etwas hasse ich«, sagte er.
Ich merkte, dass Bushy im Spiegel seine Nase betrachtete und sie streichelte. Ich dankte ihm für die Informationen und ging zur anderen Seite der Bar, wo die Mädchen arbeiteten. Ich bestellte einen Drink bei Wolf und sagte: »Bitte, Wolf, ich muss das Bild wiederhaben. Du hast es mir gestohlen, einem alten Freund. Wie konntest du mir das
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