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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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anderthalb Jahren hatte sie eingewilligt, einen von Henry geplanten Dokumentarfilm zu produzieren. Doch anstatt die Sache wie die meisten Leute innerhalb von zehn Tagen abzudrehen, hatte Henry beschlossen, seinen Film »im Laufe der nächsten paar Jahre« mit seiner eigenen Kamera in die Tat umzusetzen und nebenher unter anderem zu lehren, zu reisen und Vorlesungen zu halten - die Beschäftigungen seines Ruhestands, obwohl er sich natürlich noch gar nicht zur Ruhe gesetzt hatte.
    Karen wollte Berühmtheiten im Dokumentarfilm, und damit meinte sie Soap-Stars, doch Henry hatte gute, wohlbekannte Schauspieler im Sinn, mit denen er bereits gearbeitet hatte, und auch Laien, die sich an Sentenzen aus dem klassischen Repertoire versuchten.
    Er grollte mir allein schon deshalb, weil ich ihn mit Karen zusammengebracht hatte, die behauptete, sie werde durch seine Dickschädeligkeit in den Bankrott getrieben. Er dürfte allerdings nicht der einzige Grund dafür gewesen sein. Sie hatte mich kürzlich zu einer ihrer Pop-Galas eingeladen, in ein Speicherhaus, in dem es von sparsam bekleideten und in den Schminktopf gefallenen Sternchen nur so wimmelte, alle noch halbe Kinder. Karen hatte sich in die Hattie Jacques der Carry-On-Filme verwandelt: eine gönnerhafte Matrone mit albern großtuerischen Allüren.
    Sie trank gern einen, und in ihrer Dickschädeligkeit konnte sie genauso unbeherrscht und zickig sein wie Henry. Sie war zwar eine Vorreiterin der Sendungen über Neugestaltung - von Gärten, Häusern, Frauen -, aber eine ganze Weile war es nicht gut für sie gelaufen, weil auch viele andere auf diese Idee gekommen waren. Die von ihr gegründete Firma war kürzlich aus einer Serie geflogen, die sie für einen Edelkoch produziert hatte. Daher schwante mir, dass Karen nicht gerade vor Freude platzen würde, wenn sie von Henrys neuer, wenn auch gewiss rührender Idee erfuhr, seine Freundin im Fernsehen Sonjas Monolog in ganzer Länge deklamieren zu lassen. Da standen noch einige Schlachten bevor.
    »Bushy hat mich nach Hause gefahren«, sagte Miriam. »Ich hatte das Gefühl, auf einer Wolke zu schweben. Meine letzte richtige Liebe ist Jahre her. Ich habe die ganz Zeit gesungen. Am liebsten hätte ich einen Song von Enya gehört.«
    »Oh, böses Omen.« Bevor sie mir eine Ohrfeige geben konnte, sagte ich: »Wirst du ihn wiedersehen?«
    »Nur, wenn du mir verrätst, warum er mich mag.« »Du bist liebenswert.«
    Sie fragte: »Warum hast du keine Geliebte? Ich weiß, dass du Josephine vermisst.«
    »Ja, ich vereinsame. Aber wie mein erster Analytiker immer gesagt hat: >Nur keine Sorge, ich habe ja meinen Sartori.<«
    »Die Frau vor Karen, diese Ajita, war immer deine große Liebe«, sagte sie.
    »Ja?«
    »Wie oft bin ich ihr begegnet? Zwei- oder dreimal? Das hat gereicht, um Bescheid zu wissen. Sie war wunderbar und unkompliziert. Sie hat mir sogar diesen Schmuck geschenkt. Warum seid ihr nicht zusammengeblieben?«
    »Die Sache ist auseinandergekracht.«
    »Was ist wirklich zwischen euch gelaufen? Vielleicht könnte es noch klappen. Warum versuchst du nicht, sie ausfindig zu machen?« »Ich weiß nicht so genau, ob ich das möchte.« »Ist damals nicht jemand ermordet worden?« »Ja.«
    »Wann erfahre ich die ganze Geschichte?«
    »Sie kommt mir oft in den Sinn«, sagte ich. »Am Jahrestag unserer letzten Begegnung sitze ich immer da und denke an sie und fühle mich verdammt bedrückt, bedrückt, bedrückt.«
    »Jamal, such sie doch einfach. Sie wohnt bestimmt ganz in der Nähe. Genau wie du wird sie andere Beziehungen gehabt haben, aber ich habe das Gefühl, dass da immer noch etwas zwischen euch ist.«
    »Und wenn nicht? Das wäre ja noch schlimmer, oder? Für mich ist das wie die Büchse der Pandora.«
    »Um das herauszufinden, musst du es ausprobieren.«
    »Hör zu, Miriam«, sagte ich, um das Thema zu wechseln, »du kannst natürlich zu Henry, aber manchmal ist sein Sohn dort. Ich stelle euch meine Wohnung zur Verfügung. Ich lasse euch zwei Schlüssel nachmachen. Ihr könnt jederzeit dorthin, wenn ich nicht arbeite, abends und am Wochenende. Wenn Maria da ist, schickt ihr sie einfach weg.«
    Ich bemerkte, dass Bushy eingetreten war. Er stand da und nickte Miriam zu. Sie hatte Make-up und Parfüm aufgelegt, was ich zwar bereits bemerkt, aber nicht richtig eingeordnet hatte.
    »Ich muss los, Jamal. Henry führt mich auf einen Drink in einen Club aus.«
    »Ausgezeichnet«, sagte ich. Sie fuhr sich mehrmals mit der Hand über das

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