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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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Bilder, und dafür wurde sie mit einer Prise Freundlichkeit belohnt.
    Vor dem Fenster stand ein großer Lehnstuhl, daneben ein Tisch mit Radio. Dort las Henry Zeitungen, Lyrik, Dramen und Dostojewski und schaute dabei auf den Fluss. Wie er gern behauptete, konnte er nachts seine schwulen Freunde sehen, die sich unter den Bäumen Freiluftorgien hingaben.
    Miriam sagte: »Mir hat die Bude gefallen. Die Geschichte seines Lebens war überall, Preise und Fotos, die ihn mit dieser berühmten französischen Schauspielerin zeigen - Bridget Bardot.«
    »Jeanne Moreau.«
    »Wir wollten sofort miteinander schlafen«, erzählte Miriam. »Wir waren beide ausgehungert nach körperlicher Liebe. Er hat sich aufgeführt wie ein verrücktes Weib und behauptet, sein Körper würde jede Frau anwidern. Er wollte sich auf keinen Fall ausziehen. Im Gegenteil - er hat sich sogar noch einen Pullover übergestreift. Du weißt ja, dass ich einige Merkwürdigkeiten erlebt habe, aber es war wirklich bizarr, nackt mit einem vollständig bekleideten Fremden im Bett zu liegen, der mir unaufhörlich erzählt hat, er würde vor Angst sterben. Na, du musst ja nicht alles erfahren.« »Warum nicht?«
    »Vielleicht wirst du dann traurig - über dich.« Ich lachte. Sie konnte so gefühlsduselig sein wie Rafi, der manchmal sagte: »Oh, Dad, ich will nicht, dass du traurig bist.« Miriam fuhr fort: »Gut, nach dem Sex hat er dieses Buch geholt. Wir haben Wodka getrunken und noch einen Joint geraucht. Er hat mich genötigt, ihm vorzulesen. Sie hieß Sonja.«
    »Aus Onkel Wanja? Der letzte Monolog?«
    »Er hat einen Stuhl mitten in das Zimmer gestellt und zugeschaut, wie ich mich gesetzt habe. Er hat sogar die Dreistigkeit besessen, mir Anweisungen zu geben.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Dass ich langsamer sein soll. Wann ich in das Buch schauen und wann ich den Kopf heben soll. Zugleich wollte er, dass ich mich so natürlich verhalte, als wäre ich zu Hause. In der Rede ging es um die
    Arbeit und die Engel und den Himmel, ziemlich gefühlig. Für meinen Geschmack ging es zu viel um die Arbeit. Er hat sich richtig hineingesteigert und ist ständig hin und her gesaust. Ich wusste gar nicht, dass er so leichtfüßig sein kann.«
    Im Laufe der Jahre hatte ich gelegentlich Henrys Proben beigewohnt, sowohl für klassische als auch für moderne Stoffe. Ganz besonders hatten mir seine Workshops für Laien und seine Hochachtung vor dem gefallen, was er »naive« Schauspielerei nannte, die seinen Worten nach ihre eigene Schönheit hatte. »Schafft mir nur die lausigsten Schauspieler ran - was könnte deprimierender sein als Talent?«, sagte er immer. »Ich kann nur hoffen, nie wieder jemandem mit Talent zu begegnen!«
    Wenn er bei einer seiner Produktionen Probleme mit einem Schauspieler hatte, bat er mich, vorbeizukommen und die betreffende Person in Augenschein zu nehmen. Danach tauschten wir uns in einer Bar darüber aus. Bei der Arbeit war Henry anders als sonst. Mir wurde erzählt, dass er die Leute schikanierte, vor allem die Frauen, aber das schien er überwunden zu haben. Im Probenraum war ich beeindruckt von seiner Selbstsicherheit und ungeheuren Konzentration, von seiner Sorge um die Schauspieler und seinem Interesse an ihren Auftritten, aber auch von der Entschiedenheit, mit der er seine eigenen Vorstellungen durchsetzte. Ich merkte, dass er dort hingehörte, dass er genau dafür lebte. Aber ich fragte mich auch, warum sich dieses lebhafte, sprühende Selbst so stark von dem ängstlichen Alltags-Selbst unterschied, das ich kannte.
    »Er hat behauptet, meine Rede für das Fernsehen aufzeichnen zu wollen«, sagte Miriam. »Hat er mich da angelogen oder nur verarscht? Ich kenne dieses Gelaber. Verheiratete Männer haben mich immer angehimmelt.«
    »Wirklich?«
    »Ja, und ich habe ihnen alles geglaubt...« »Tatsächlich?«
    »Eigentlich wäre es mir egal, wenn er gelogen hätte, aber ...«
    »Das würde Henry nicht tun. Er hat einen Auftrag für einen Dokumentarfilm über Schauspieler. Wenn du nicht aufpasst, baut er dich mit ein.«
    »Echt? Dann muss ich dringend zum Friseur und außerdem meine Tätowierungen übertünchen lassen. Ich wünschte, ich hätte ein bisschen Kohle auf der hohen Kante.«
    Ein paar Jahre zuvor hatte ich Henry einer meiner ehemaligen Freundinnen vorgestellt, Karen Pearl, auf die ich manchmal liebevoll als »die TV-Hure« Bezug nahm, obwohl sich dieser Spitzname bald auch bei anderen großer Beliebtheit erfreute. Vor ungefähr

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