Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
Vom Netzwerk:
Mattias.
    »Ich dir raten?« Bors lachte kurz auf. »Im Windschatten der Bucht gibt es eine Hure, die ich wärmstens empfehlen kann, auchwenn sie kaum weniger auf die Waage bringt als ich. Ihr Anblick im Evaskostüm ist ein Wunder, das man so schnell nicht vergißt.«
    »Ich habe meine Frage ernst gemeint.«
    »Dann ist meine Antwort auch ernst. In diesem Spiel geht es nur darum, am Leben zu bleiben. Und wenn man sich verliebt, tritt man mit einem gefährlichen Nachteil an.« Er zuckte die Schultern. »Aber ich verschwende meinen Atem, denn ohne Fesseln ist dieses Spiel überhaupt kein Spiel, jedenfalls für solche wie dich. Mein Rat: Leg sie beide flach, und zur Hölle damit! Du wirst erst wissen, was alles wirklich bedeutet, wenn das hier zu Ende ist.«
    Mattias grübelte über diese Worte nach, als sie auf den Platz vor dem Heiligen Hospital traten. Seine Haltung änderte sich, wie er Pater Lazaro die Treppe hinunterkommen sah.
    »Einen Augenblick«, sagte Mattias. »Ich habe mit ihm noch ein Hühnchen zu rupfen.«
    Er verneigte sich vor Lazaro, der mit einem vorsichtigen Gruß antwortete.
    »Pater Lazaro, ich bin Mattias Tannhäuser, aus Messina hergekommen. Ich hoffe, Ihr seht dies nicht als Unverschämtheit an, aber ich möchte Euch um einen Gefallen bitten. Die Contessa Carla ist sehr begierig darauf, den Verwundeten ihre Schmerzen zu lindern, und doch wird ihr jede Möglichkeit verweigert, hier zu dienen. Ich hatte gehofft, daß wir beide, Ihr und ich, in dieser Angelegenheit handelseinig werden könnten.«
    »Die Pflege der Kranken ist die heiligste Aufgabe des Ordens. Darüber läßt sich nicht handeln«, erwiderte Lazaro. »Ohnehin besitzen nur wir die notwendigen Fertigkeiten.«
    »Welche Fertigkeit ist dazu vonnöten, einem Mann die Hand zu halten und ihm ein paar hoffnungsvolle Worte ins Ohr zu flüstern?«
    »Sie ist eine Frau.«
    »Der Klang einer weiblichen Stimme gibt einem Mann mehr Lebensmut als all Eure Elixiere und Salben zusammen.«
    »Unsere Männer werden durch Gebet und die Gnade Gottes am Leben bleiben«, sagte Lazaro.
    »Dann hat Gott die Contessa geschickt. Sie hat ihr halbes Leben auf Knien betend verbracht.«
    »Laien dürfen nicht in das Heilige Hospital kommen.«
    »Das einzige, was sie ausschließt, ist Euer Stolz – oder sollte ich sagen, Eure Eitelkeit?«
    Der Mönch starrte ihn an, sprachlos über diese Unverschämtheit. »Sollten wir allen Frauen in Birgu Tür und Tor öffnen?«
    »Ihr könntet zweifellos Schlimmeres tun«, erwiderte Mattias. »Trotzdem kann es doch keine große Sache sein, für eine Aristokratin wie sie eine Ausnahme zu machen.«
    Mattias legte dem Mönch eine Hand auf die Schulter. Lazaro zuckte zusammen, als hätte noch nie in seinem Leben sich jemand diese Freiheit herausgenommen. »Pater, Ihr seid ein Mann Gottes und, wenn Ihr mir diese Bemerkung gestattet, im fortgeschrittenen Alter. Ihr könnt Euch nicht mehr vorstellen, was der Anblick – die Gegenwart, der Duft, die Aura – einer schönen Frau für den Lebensgeist eines kämpfenden Mannes tun kann.«
    Lazaro blickte auf das zerfurchte, barbarische Gesicht über ihm. »Ich hatte gehofft, diesen Einwand nicht machen zu müssen, aber ich habe es sagen hören, daß die Contessa Carla nicht so fromm ist, wie Ihr behauptet.«
    Mattias zog warnend eine Augenbraue in die Höhe. »Ich verstehe nicht recht, Pater.«
    »Lebt sie nicht mit Euch in Todsünde?«
    »Ihr enttäuscht mich, Pater«, sagte Mattias. »Bitterlich, wenn ich das sagen darf.«
    Lazaros Mund verzog sich. Mattias schaute zu Bors. Der Engländer wandte sich ab, um ein Kichern zu unterdrücken.
    »Derlei Tratsch ist so eitel wie bösartig«, fuhr Mattias fort. »Hat nicht Moses selbst das Ablegen falschen Zeugnisses als Sünde aufgeführt?« Seine Augen verdunkelten sich. »Ich selbst habe keinen guten Namen, den es zu verteidigen lohnt, aber als Beschützer der Dame möchte ich Euch raten, ihre Ehre nicht weiter zu besudeln.«
    »Dann ist es nicht wahr«, antwortete Lazaro ängstlich.
    »Es bestürzt mich, daß Klosterbrüder sich mit derlei vulgärem Tratsch abgeben.«
    Lazaro war nun recht verlegen. »Vielleicht wißt Ihr das nicht, aber die Dame hat diese Insel unter einer dunklen Wolke verlassen.«
    »Sie hat es mir selbst erzählt, denn sie ist ohne jedes Arg. Die Schande, auf die Ihr Euch bezieht, fällt auf andere zurück, die mächtiger waren als sie, nicht auf sie. Außerdem ist das alles lange her. Ist Eure Frömmigkeit so

Weitere Kostenlose Bücher