Das Sakrament
hoch, und der Reif schimmerte mit einem matten, beinahe ockerfarbenen Schein. »Es enthält eine Kraft, die dem Auge verborgen bleibt.«
Nicodemus nickte feierlich.
Tannhäuser sagte: »Ehe er zum Sultan gekrönt wurde, hat Suleiman Khan das Handwerk des Goldschmiedes erlernt.«
»Ja«, erwiderte Nicodemus. »Ich auch.« Tannhäuser schaute ihn an. »Zumindest war ich fünf Jahre lang in der Lehre. Ich bin nie in die Gilde aufgenommen worden.«
Die kleineren Fehler ergaben nun einen Sinn. »Das ist also dein Werk.«
Nicodemus nickte. »Aus neunundvierzig Goldstücken.« Er sagte das, als seien die Münzen eine Bezahlung für etwas gewesen, das nie hätte verkauft werden dürfen.
»Dann hast du damit etwas Niedriges in ein Ding von großer Schönheit verwandelt«, sagte Tannhäuser. »Es gibt keinen höheren Zauber.«
Ein Hauch von Melancholie hing weiter über dem Gesicht des Makedoniers.
Tannhäuser lächelte. »Laß dich umarmen.«
Nicodemus trat vor, und Tannhäuser drückte ihn an seineBrust. »Jetzt geh und wecke Bors in seiner Höhle auf.« Er ließ den jungen Mann los. »Und koche ein schmackhaftes Mahl für die Frauen, während ich fort bin. Sie essen wie die Spatzen.« Nicodemus schickte sich zum Gehen an, und Tannhäuser hielt ihn noch zurück: »Du hast meine Sorgen bereits gelindert.«
Ein strahlendes Lächeln erhellte das Gesicht des Makedoniers. Er verneigte sich und ging fort. Tannhäuser schritt zur Tür. Das Sonnenlicht blitzte auf dem Armreifen. Nur Gold sah wie Gold aus und fühlte sich wie Gold an. Alles andere konnte täuschen, und deswegen liebten die Menschen es. Tannhäuser spürte ein schwaches Beben unter den Sohlen seiner Stiefel, als das Dröhnen von Dutzenden von Explosionen zur Herberge vordrang. Die Belagerungskanonen hatten ihren Beschuß von den Hängen des Monte Sciberras begonnen.
In der Festung St. Elmo war ein neuer Tag angebrochen.
F REITAG , 8. J UNI 1565
Auf der Piazza vor dem Hospital – Im Kastell St. Angelo
Bors schlang ein Brot mit Käse herunter und spülte mit Wein nach, während sie durch die Stadt gingen.
»Die Frauen treiben mich zum Wahnsinn«, sagte Mattias.
Bors heuchelte Überraschung. »Was haben denn die schönen und sanften Jungfern diesmal angestellt?«
»Müssen sie überhaupt irgend etwas machen? Reicht es nicht, wenn sie atmen?« Tannhäuser spreizte die Hände, als sei er das Opfer höherer Gewalten, die ihn an Gerissenheit weit übertrafen. »Die eine habe ich, aber ich will auch die andere.«
»Die Contessa?« fragte Bors. »Ich hätte gedacht, sie wäre zu hochmütig für dich.«
»Sie übt auf mich einen Zauber aus, ohne es selbst zu merken.«
»Nun, ich würde mal sagen, sie würde dir ein heißes Willkommen in ihren Armen bereiten, wenn du deine Liebelei mit ihrer liebsten Freundin beenden und dich ordentlich demütig verhalten würdest. Sieht mir ganz so aus, als hätte sie niemand belästigt, seit ihr Junge geboren ist. Obwohl Frauen ja viel geschickter als wir sind, wenn es darum geht, diese Dinge zu vertuschen.«
»Wenn es nur eine Frage der Lust wäre, dann wäre es kein großes Rätsel, aber ich verspüre Zuneigung zu beiden.«
»Selbst in den besten Zeiten ist die Liebe ein verräterischer Zuhälter«, warnte Bors.
»Ich habe nicht von Liebe gesprochen.«
»Dann können wir uns nun genausogut darüber unterhalten, wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können.«
»Sprich weiter.«
»Im Krieg ist die Liebe wie eine ansteckende Krankheit«, erklärte Bors. »Von Herzen gehaßte Rivalen werden Brüder, aus Boshaftigkeit wird feste Kameradschaft, und wildfremde Menschen umarmen einander. Sieh dir nur La Valette an! Ich gehe jede Wette ein, daß noch vor sechs Monaten viele italienische oder spanische Ordensritter einen Freudentanz aufgeführt hätten, wenn ihm jemand ein Messer in die Rippen gerammt hätte. Aber jetzt behandeln sie ihn, als könnte er über das Wasser wandeln. Und warum? Weil die Liebe das Zugpferd ist, das den Kriegswagen voranbringt. Warum sind wir denn zurückgekommen? Und was Frauen und den Krieg betrifft: Nie ist ihr Körper weicher, nie leuchten ihre Tugenden heller, und nie ist ihre Sanftheit der Seele willkommener.« Er schaute Mattias in die Augen. »Und nie ist das Loch zwischen ihren Schenkeln eine tiefere Grube, in die man fallen kann.«
Mattias schwieg eine Weile, und Bors war es zufrieden. Für gewöhnlich hatte Mattias eine Antwort auf alles. »Was rätst du mir also?« fragte
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