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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Darf ich vermuten, daß man Euch in einem fernen Winkel dieser kranken und umnachteten Welt wegen irgendeines Verbrechens sucht?«
    »Wegen vieler Verbrechen in vielen Winkeln.«
    Don Ignacio lachte wie eine Krähe über ihrem Aas. »Dann könnt Ihr hier auf einen Unterschlupf zählen. Ich habe in Tunis für Karl V. gekämpft, vor dreißig Jahren. Unter Andrea Doria. Ich kannte damals so manchen Landsknecht. Haben sie nicht auch Rom für Karl V. in Brand gesteckt?«
    »Und den Papst in seinem eigenen Gefängnis eingesperrt.«
    Noch ein heiseres Krächzen. »Tapfere Krieger, diese Deutschen, aber nur so gut wie ihre Bezahlung. Zahlt Euch La Valette gut?«
    »Der Großmeister bezahlt mich überhaupt nicht.«
    »Dann ist er ein Narr, obschon das für mich nichts Neues ist. Wenn Ihr von Eitelkeit sprechen wollt, dann sprecht von den Ordensrittern. Der Ritterorden. Pah!« Verachtung verzerrte seine verunstalteten Lippen. »Man sollte meinen, Christus wäre nur für sie ans Kreuz geschlagen worden. Und Franzosen sind es noch dazu, oder von den Franzosen kontrolliert, mehr oder weniger. In jedem Franzosen steckt mehr Eitelkeit als im ganzen Bauch der Hölle. Ihr verzeiht mir meine Gotteslästerung, wie ich weiß, denn alle Deutschen sind im tiefsten Herzen gottlose Gesellen. Haben zu viel Wald und Wildnis in der Seele. Aber die Ritter ärgern mich wirklich, wie sie da über unsere Insel stolzieren, unser ganzes Gemeinwesen so umbauen, wie es ihnen paßt, und ohne auch nur zu fragen. Ich bin im übrigen nicht der einzige, der es so sieht. Ohne ihren Kreuzzug hätten uns die Türken in Ruhe gelassen. Korsaren, ja, diese verflixten Hunde suchen uns schon fünfhundert Jahre heim. Aber ein Heer, mit dem man Granada zurückerobern könnte?« Er schnaubte verächtlich und fuhr sich mit einer zitternden Hand über den Mund. »Ich verschwende Eure Zeit. Wie kann ein sterbender Mann dem mächtigen Orden zu Diensten sein?«
    »Ich bin nicht im Namen des Ordens hier«, antwortete Tannhäuser, »sondern um Euch um einen persönlichen Gefallen zu bitten.«
    »Ich finde großes Vergnügen an der Gesellschaft von Schurkenund habe schon lange keinen mehr zu Besuch gehabt. Bittet, worum Ihr wollt.«
    »Ich vertrete Contessa Carla, Eure Tochter.«
    Das Gesicht wandte sich ihm zu, als wolle es im Halblicht Tannhäusers Züge ausmachen. »Ich habe keine Tochter.« Seine Stimme klang, als schnappte eine Falle zu. »Ich werde kinderlos und ohne Erben sterben. Es ist Gottes Wille, daß meine Familie mit mir ausstirbt. Ich bin der letzte Manduca.« Er deutete auf das Haus. »All das geht an die Mutter Kirche, wenn sie, so Gott will, diese Invasion überlebt, um ihren Anspruch darauf zu erheben.«
    »Contessa Carla verlangt weder Euer Hab und Gut noch Eure Anerkennung.«
    »Contessa Carla ist eine Hure.« Don Ignacios Lippen verzogen sich. »Wie ihre Mutter. Es stimmt schon, was die Leute sagen, daß die Ehe ein Geschäft ist, bei dem nur der Eintritt frei ist.«
    Seine Venen schienen sich auf seinem schorfigen Schädel zu winden, die Geschwülste an seinem Hals wölbten sich, und der bösartige Krater leuchtete grausig, als bäumte sich der Alte bereits in einem der tieferen Kreise der Hölle auf, in Ketten gelegt und schreiend vor Schmerz. Tannhäuser wartete ab, während der Alte sich mit einem Messer die Eiterbeulen aufschnitt.
    »In Carlas Adern fließt kein einziger Tropfen von meinem Blut. Ihr Vater war ein Chevalier aus der Auvergne, einer der ach so reinen und edlen Ordensritter, der sich in meinem Bett vergnügte, während ich das Königreich verteidigte. Kaum war Carla selbst volljährig, alt genug, die Beine breit zu machen, sprang ein anderer ruhmreicher Bruder in die Bresche. Sie pflanzen ihren heiligen Samen zwischen Besuchen im Beichtstuhl.« Die Fäuste des Alten ballten sich, Daumen und Zeigefinger von Gicht verkrümmt und unbeweglich. »Meine Ahnen haben dieses Haus als Eroberer erbaut. In meiner Zeit wurde es in ein Bordell verwandelt.«
    Die Nachricht, daß Carla mit dieser Kreatur nicht verwandt war, hätte Tannhäuser nicht willkommener sein können. »Weiß Carla, daß sie nicht Eure Tochter ist?«
    Don Ignacio bohrte mit einem knochigen Finger in dem Geschwür,das sein Gesicht auffraß. »Was, glaubt Ihr, ist der Grund für dieses Ungetüm? Jahrzehnte der Täuschung und Heuchelei. Lügen. Lügen. Unzucht und Lügen. Und Schande und Trug und Gespött und Flüstern hinter meinem Rücken. Nein, Carla weiß nichts.«
    Don

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