Das Sakrament
Herz.«
»Und danach? Können wir uns weiterhin auf Eure Ergebenheit verlassen?«
»Ich habe dem Orden meine Treue bereits unter Beweis gestellt.«
»Eine vorsichtige Antwort«, sagte Starkey.
»Auf eine Frage, die manch einer als tödliche Beleidigung aufnehmen würde«, erwiderte Mattias.
»Kein Mann steht höher in der Achtung des Großmeisters.«
»Dann gebe ich Euch guten Grund, diese Achtung noch zu steigern – und mich zudem nach Mdina zu schicken.«
Mattias deutete, und Starkey wandte sich um. Sie schauten alle auf den Galgenpunkt, die Landspitze, die zusammen mit der Festung von St. Elmo den Großhafen umfing und vor dem offenen Meer abschirmte. Genau wie Mattias vorhergesagt hatte, war Torghoud Rais mit seiner Flotte am 30. Mai eingetroffen. Er hatte seine Belagerungsgeschütze auf dem Galgenpunkt errichtet, und die Kanonen bestrichen nun St. Elmo von Osten. Während sie zuschauten, feuerten die Batterien eine Kanonade auf die rauchende Festung ab.
»Die Türken bringen in jeder Stunde dreihundert Runden Munition in die Festung«, sagte Tannhäuser. Er deutete auf den Kanal, der quer durch den Großhafen verlief. »Torghouds Kanonen bedrohen zudem Eure Nachschubboote. Gebt der Kavallerie von Copier eine Männerarbeit, anstatt nur Wasserträger und Kameltreiberabzuschlachten. Schickt mich nach Mdina, und ich führe dann eine Kompanie seiner Reiter zum Galgenpunkt.«
»Wie immer«, meinte Starkey, »beschämt mich Eure Kühnheit.«
»Und die Passepartouts?« fragte Mattias.
Vom Cavalier von St. Elmo dröhnte eine Kanone, und Bors beobachtete, wie die Kugel über die Bucht flog. Sie landete inmitten einer Truppe von Mohren, die soeben einen türkischen Graben verlängerten.
»Kommt mit«, sagte Starkey. »Ich stelle Euch die notwendigen Papiere aus. Ich kann Euch auch sagen, wo Ihr Don Ignacio, den Vater von Contessa Carla, finden könnt. Er ist krank und wird vielleicht nicht sonderlich aufgeschlossen sein, aber wenn jemand etwas von dem Jungen weiß, dann ist er es.«
Starkey ging auf die Treppe zu. Mattias folgte ihm. Bors tat es leid, seinen Beobachtungsposten aufzugeben. »Eure Exzellenz«, sagte er. Starkey blieb stehen. »Mit Eurer Genehmigung bleibe ich noch und mache für Eure Kanoniere die Ziele aus. Ich habe bemerkt, daß recht viele Schüsse ins Leere gehen.«
Starkey nickte. »Ich werde die Mannschaften davon in Kenntnis setzen.«
Mattias sagte: »Heute ist der moslemische Sabbat, deswegen werden ihre Angriffe heute ungewöhnlich wild sein.« Er packte Bors bei der Schulter und wies ihn auf die türkischen Redouten auf dem Monte Scibberas hin. »Siehst du den großen weißen Turban?«
Bors spähte durch den Staubnebel auf die winzigen Gestalten. »Ich sehe tausend weiße Turbane.«
»Einer ist größer als die anderen, ein Zeichen seines Rangs. Das grüne Gewand. Da, über der Stellung mit den sechs Geschützen, mit den Feldschlangen.«
Bors suchte noch immer das Schlachtfeld ab, hielt inne, als er einen riesigen weißen Turban erblickte. »Ich hab ihn.«
»Das ist Torghoud Rais.«
Bors spürte, wie sich sein Mund verzog.
»Er schläft zusammen mit seinen Männern im Graben und ißtdas gleiche wie sie«, sagte Mattias. »Sie beten ihn an. Sein Tod wäre eine ganze Division wert. Schleudert ein paar Schuß in seine Richtung, der Zufall mag den Rest erledigen.«
Mattias wandte sich zum Gehen. Bors packte ihn am Arm. »Viel Glück, mein Freund.«
»Sag den Frauen, daß ich bis morgen abend wieder hier bin.«
Bors schaute Starkey und Mattias hinterher, die die Mauertreppe hinuntergingen und das Dach überquerten. Eine Kanone dröhnte vom Cavalier der Ritter. Bors drehte sich um, beobachtete die Flugbahn der Kugel und dachte über mögliche Korrekturen nach. Er schnaufte vor Vergnügen. Das war ein Leben, wie Gott es für ihn bestimmt hatte! Er bekreuzigte sich und dankte Jesus Christus.
F REITAG , 8. J UNI 1565
In Mdina
Die von der Hitze wie betäubt daliegenden Straßen von Mdina erinnerten Tannhäuser an Palermo. Die Häuser im normannischen Stil waren großartig, aber finster, als seien sie von Männern erbaut worden, die sich selbst viel zu wichtig nahmen. Am Ende einer Sackgasse, die von der König-Ferdinand-Straße abzweigte, fand er die Casa Manduca. Er klopfte an, und ein blasser, grauhaariger Verwalter von vielleicht sechzig Jahren öffnete ihm die Tür. Er trug einen dunkelblauen Samtrock, von dem er offensichtlich kürzlich Flecken mit einem Schwamm zu entfernen
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