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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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vorne, Schritt zurück. Da kommt der nächste! Parieren! Kein Platz zum Ausholen. Trotzdem zuschlagen …
    Irgendwann lehnte Tannhäuser sich keuchend auf sein Schwert. Ihm war speiübel. Sein Körper ächzte schon nach einer Erfrischung und acht Stunden Schlaf. Wo war die Stärke, wo das Durchhaltevermögen, das er einmal besessen hatte? Er war erschüttert. Noch nie hatte er gegen Männer gekämpft, die so schwer zu töten waren. Die Janitscharen waren verrückt, und er war es nicht, nicht mehr. Die Nacht dehnte sich unendlich vor ihm aus. Er hatte Angst, nicht vor dem Tod, sondern vor der Anstrengung. Hart mit Streithammer und Schwert kämpfend, schlossen Guillaume de Quercy und Agoustin Vigneron zu ihm auf dem Damm auf.
    Sein Stolz stachelte Tannhäuser wieder an. Er konnte sich doch von zwei Franzosen nicht beschämen lassen.
    Die drei standen in einer Front nebeneinander und attackiertendie türkischen Feinde, sobald die über die Toten zu ihren Füßen geklettert kamen. Hinter ihnen rückten die Malteser mit ihren Stangenwaffen auf, um ihnen ein wenig Unterstützung zu geben. Der Angriff der Blaugewandeten prallte an einer Mauer aus Speeren ab, aber schon flog eine neue Welle von Humbaras heran. Tannhäuser duckte sich unter ihnen weg. Die Pikenträger taumelten in ungeordneten Reihen zurück, ihre Eschenschäfte klapperten, als zwischen ihnen gelbe Flammen aufloderten.
    Plötzlich schien sich das Blatt zu wenden, denn nun sprangen aus dem Graben die Gazis des Sultans in die Lücke, welche die fliehenden Pikenträger hinterließen. Allein auf dem Damm, waren die drei Ordensritter auf einmal eingekreist.
    »Rücken an Rücken!« brüllte de Quercy.
    Tannhäuser drehte sich um. Die Schulterplatten der drei stießen aneinander. Schulter an Schulter standen sie in einem Kreis des Schreckens, und nichts als Schrecken wartete auf ihre Angreifer. Wie eine Meute in die Enge getriebener Wölfe tobten sie. Die Hiebe ihrer Feinde dröhnten von ihren Rüstungen, während sie den Boden, den sie gewonnen hatten, wieder aufgaben und sich durch die Flammen zurück zur vordersten Linie bewegten.
    Ein blonder junger Mann rannte mit voller Kraft in Tannhäusers Schwert, daß seine Brust hart gegen die Parierstange stieß. Tannhäuser hieb dem jungen Mann noch die Spitze seines Streitkolbens gegen den Kopf und schleuderte ihn zur Seite, wie ein Bauer einen Heuballen wirft. Einen Moment später zielte jemand einen Hieb auf seinen Kopf, und Tannhäuser parierte ihn mit dem Schaft des Streitkolbens und schlug mit dem italienischen Schwert auf ein Bein ein, das ihm so hart schien wie Zedernholz. Der Gegner sackte auf die Knie. Tannhäuser krümmte sich über sein Schwert. Ein Krampf hatte seine Eingeweide erfaßt. Verschwommen sah er zwei Köpfe mit hohen weißen Hauben auf sich zukommen. Er machte sich darauf gefaßt, ihre Hiebe zu parieren. Da rauschte eine riesige Klinge an ihm vorüber, und beide Köpfe verschwanden. Neben sich bemerkte Tannhäuser Bors, der den Zweihänder schwang.
    Bors hielt inne, den Mund weit aufgerissen. »Ich habe doch gesagt, du sollst mir Rückendeckung geben!«
    Tannhäuser rang nach Luft. »Bin nicht mehr in bester Kampfform«, räumte er ein.
    »Das seltsame ist«, sagte Bors, »daß sie – na ja – eigentlich genau wie wir aussehen.«
    »Es sind Slawen, Griechen, Magyaren, Serben«, sagte Tannhäuser. »Sogar ein paar Österreicher.«
    »Hab die Österreicher nie gemocht«, knurrte Bors.
    Tannhäuser fühlte sich ein wenig besser. Er legte das Schwert in die Armbeuge, bückte sich über eine der Wannen mit Essen, schaufelte einen Handschuh voll von dem Brei auf und schlang ihn hinunter. Es schmeckte wunderbar, süß und salzig zugleich. Sogar eine Spur Rosmarin? Er rief Bors und deutete auf die Wanne. Der Engländer beugte sich herunter, um sich zu bedienen. Tannhäuser wandte sich wieder dem Kampf zu und sammelte sich.
    Er fühlte sich nun stärker. Er lockerte die Schultern und Hüften und machte sich daran, dem entgegenzutreten, was noch kommen sollte. Es konnte nur schlimmer werden, aber er war bereit. Eine neue Welle fanatischer Angreifer stürmte aus der Dunkelheit auf den Übergang zu. Diesmal trugen sie gelbe Gewänder und Bronzehelme: Es waren Janitscharen von der Elitedivision der Peyk , mit Lassos und hellebardenähnlichen Gaddaras und den Zemberek -Armbrüsten, die daumendicke Bolzen schleuderten. Er schnaufte und holte tief Luft. Als die Verteidiger des Ordens sich für den nächsten

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