Das Sakrament
Winkel zwischen der Werftbucht und der Bastion von Frankreich einnahmen. Sie wollten dem Kerl nichts Böses, aber er mußte dafür zur Rechenschaft gezogen werden, daß er das Opium und den Kaffee gestohlen hatte, weil man sonst Tannhäuser für ein willfähriges Opfer halten könnte. Unterwegs stattete Bors seinem Vertrauten in der Heeresverwaltung einen Besuch ab, wo alle Lebensmittelvorräte nun beschlagnahmt lagen. Er kam mit einem prall gefüllten Sack und einem Korb mit Eiern, einem Topf Butter und einem weißen Zuckerhut zurück. Cakies Tür wurde von einer jungen Frau mit wunderbar zarter Haut geöffnet, die sie ins Haus bat.
Die Behausung war jedoch alles andere als wunderbar; es waren nicht mehr als zwei jämmerliche Zimmer, und das Dach war teilweise eingestürzt. Mehr als ein Dutzend arme Seelen, unter ihnen dunkelhäutige Kinder, hatte hier Schutz vor der sengenden Sonne gesucht. Drei gedrungene dunkelhäutige Gestalten erhoben sich von einem Gespräch im hinteren Teil des ersten Zimmers und blickten vielsagend zu ihren Kurzschwertern, die an der Wand lehnten. Einem von ihnen fehlte ein Arm. Es war Orlandus Freund Tomaso. Ungewißheit zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, und er sagte kein Wort. In einer Wandnische brannte ein Votivlicht vor einer kleinen Steinfigur der Madonna. Im anderen Raum summten größere Fliegenschwärme, die fünf schwerverwundete, auf Strohsäcken ausgestreckte Männer plagten. Tannhäusers Entschluß, sich möglichst unnachgiebig zu zeigen, geriet ins Wanken.
Er schaute zu Bors. »Was meinst du?« fragte er.
»Ich habe dir ja gesagt, daß wir unsere Sachen nie wiedersehen würden.«
»Dann hättest du mich davon abhalten sollen.«
Gullu Cakie tauchte wie aus dem Nichts auf. Er musterte sie vorsichtig und streckte Tannhäuser seine knochige Hand entgegen.
»Willkommen«, begrüßte Cakie sie auf italienisch. »Ihr bringt Ehre in mein Haus.«
»Sind das Eure Kinder?« erkundigte Tannhäuser sich.
»Kinder, Enkel, Neffen.«
Tannhäuser lächelte zwei der Kleinen an. »Eine schöne Kinderschar. Gott hat Euch gesegnet.«
Gullu Cakie nickte, immer noch auf der Hut. Eines der kleinen Mädchen stellte ihm auf maltesisch eine Frage. Cakie antwortete und deutete auf Tannhäuser, und das Mädchen stellte eine weitere Frage, die mit einem Nicken beantwortet wurde. Darauf breitete sich ein Kichern unter den Kindern aus. Die Frauen lächelten ebenfalls, die drei Männer jedoch nicht. Cakie schaute Tannhäuser an und bemerkte seine Neugier.
»Sie hat gefragt, wer Ihr seid, und ich habe ihr erzählt, daß ich Euch von Mdina hierhergeführt habe«, sagte Cakie. »Sie wollte wissen, ob Ihr derjenige seid, den ich auf den Schultern über den Monte Salvatore getragen habe.«
Bors schnaubte vernehmlich.
»Er hat mein Gewehr und meine Satteltaschen getragen, mehr nicht«, erklärte Tannhäuser ihm.
»Er mußte dein Gewehr tragen?« fragte Bors.
Bors lachte lauthals und löste eine weitere Runde Kichern aus, die nun auch die Männer an der Wand erfaßte. Tannhäuser schaute Cakie an, der sich ebenfalls ein Lächeln erlaubte. Tatsächlich hätte er selbst an Cakies Stelle auch eine gewisse Menge Opium als angemessene Bezahlung dafür angesehen, ihn nach Hause geleitet zu haben. Aber gleich drei Pfund erschien ihm des Guten zuviel.
»Genau das ist der Grund meines Besuches«, sagte Tannhäuser. »Ich habe gehört, daß Ihr mein Opium verkauft habt.«
Das Lachen ebbte ein wenig ab, zumindest unter den Erwachsenen.
»Ich habe eine kleine Menge an die Ritter verkauft«, antwortete Cakie ungerührt.
»Drei Pfund würden den gesamten Ritterorden eine Woche lang in Tiefschlaf versetzen.«
»Waren es wirklich drei?« Cakie zuckte die Achseln. »Der Rest ist für meine Leute – meine Familie, meine Freunde.«
Tannhäuser schaute auf die Verletzten im hinteren Zimmer.
»Wenn Ihr welches braucht«, sagte Cakie, »könnte ich Euch ein wenig verkaufen.«
Was immer Tannhäuser gegen eine solch bodenlose Frechheit hätte einwenden können, blieb ihm im Hals stecken, als Bors den Korb absetzte und ihm laut schnaubend auf den Rücken hieb.
»Was habe ich dir gesagt, Mattias? Der König der Diebe.«
Tannhäuser war geschlagen. Er rang um einen würdevollen Rückzug.
»Es stimmt schon«, gestand er Cakie ein, »daß ich es allein nicht über die Berge geschafft hätte.«
Er bedeutete dem Malteser, seine Worte zu übersetzen. Die Kinder hörten ehrfürchtig zu.
»Denn ich war krank, sogar
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