Das Sakrament
dann?«
»Ich weiß es nicht.«
»Warum beeilen wir uns nicht?« fragte Bors vom offenen Tor aus.
»Einen Moment«, meinte Tannhäuser. Er wandte sich wieder Nicodemus zu. »Erkläre.«
Nicodemus deutete mit seiner Fackel auf das Kalkara-Tor. »Es befinden sich Männer auf der Mauer oberhalb des Deckungswalls, Männer mit Musketen und Humbaras . Ihr müßt Euch ergeben.«
Diese Geste mußte ein Signal gewesen sein, das von jemandem am Fallgatter zum Blockhaus und von dort zu den oberen Deckungswällen draußen weitergegeben wurde, denn in diesem Augenblick explodierte ein Feuerball auf dem Deckungswall vor dem Ausfalltor. Bors fluchte und duckte sich hinter das Tor. Er drückte das Eisentor zum Schutz gegen die Flammen mit der Schulter zu.
»Wem ergeben?« fragte Tannhäuser.
Nicodemus antwortete: »Fra Ludovico.«
Tannhäuser blickte auf Carla in der Nische. Ihre Augen waren vor Schrecken weit aufgerissen.
Bors nahm die Satteltaschen von der Schulter und ließ sie fallen. »Ludovico? Wie viele Verbündete kann er schon haben? Mit denen können wir es aufnehmen.«
Sie hörten weitere Schritte, und Nicodemus wandte sich um, den anrückenden Männern entgegen. Er hatte offensichtlich große Angst. Die Schritte hielten kurz vor dem stumpfen Winkel im Durchgang an. Ludovicos Stimme dröhnte durch die Passage.
»Wenn Ihr Euch zum Kampf entscheidet, werden auch die Frauen nicht verschont werden.«
»Wir ergeben uns nur Oliver Starkey und dem Großmeister«, rief Tannhäuser. »Sonst niemandem.«
»Der Großmeister weiß nichts von Eurem Verrat«, erwiderte Ludovico. »Und dafür solltet Ihr dankbar sein. Wenn Ihr in seine Hände gerietet, wäre Euch der Galgen sicher.«
»Und in Euren Händen?«
»Bekommt Ihr Gelegenheit, die Reichtümer, die Ihr den Menschen abgepreßt habt, zu behalten und Euch die ersehnte Freiheit zu verdienen.«
»Wie das?« wollte Tannhäuser wissen.
»Das Heilige Offizium schachert nicht. Ihr seid in meiner Gewalt.«
Tannhäuser meinte eine Bewegung gespürt zu haben. Richtig, da zeigte sich auch schon der Lauf einer Muskete im Mordloch zu ihren Köpfen. Flammen schossen mit einer ohrenbetäubenden Explosion aus der Mündung, dann fiel Nicodemus mit einem zerschmetterten Bein auf den Steinboden. Er lag da, vor Schmerz benommen. Das Blut aus seiner Wunde zischte, als es sich in einer Lache um die heruntergefallenen Fackeln sammelte.
»Der Grieche hätte die Gelegenheit gehabt, seine Freunde weise auszuwählen, aber er war ein Narr«, sagte Ludovico. »Ich rate Euch dringend, klüger zu sein.«
»Zeig dein Gesicht, du Lump!« brüllte Bors.
Carla trat aus der Mauernische hervor. Sie rief den Gang entlang: »Ludovico, gebt mir Euer Wort, daß Ihr sie ziehen laßt, dann bleibe ich hier bei Euch.«
Tannhäuser wandte nichts dagegen ein. Wenn Ludovico diesen Handel annahm, würde Tannhäuser noch vor der Morgenrötezurückkehren und ihm die Gurgel durchschneiden. Der Mönch hatte jedoch keinen Grund, auf dieses Angebot einzugehen.
»Höre ich keinen Einspruch von Eurem galanten Bräutigam?« höhnte Ludovico.
»Carla verschwendet ihren Atem an Euch, ich dagegen nicht«, erwiderte Tannhäuser. »Gebt uns Zeit, uns zu beraten.«
»Wie Ihr wollt, aber beeilt Euch. Der arme Nicodemus leidet große Schmerzen.«
Tannhäuser schaute Bors an und sprach leise: »Gegenwehr wäre Selbstmord. Solange wir noch am Leben sind, ist alles möglich.«
»Und wenn die falsche Schlange uns meuchlings ermordet?« knurrte Bors.
»Wenn das seine Absicht wäre, dann hätte er es bereits getan. Er hat für uns andere Pläne. Er will uns für etwas anderes einsetzen, und darin liegt unsere Chance.«
Bors zog eine Grimasse, und seine schiefe rosafarbene Narbe verzog sich wütend. »Nach all dem, was ich hier durchgemacht habe, würde es mich wirklich erbittern, wenn ich in einer Folterkammer enden müßte.«
»Ich weiß, es ist nicht gerade der beste Zeitpunkt dafür, aber ich muß dich bitten, mir zu vertrauen«, sagte Tannhäuser. »Tust du das?«
Bors nickte. »Wann hätte ich das je nicht getan?«
Tannhäuser nahm Carla bei den Handgelenken und zog sie nah an sich. Ihr Gesicht leuchtete blaß in der Finsternis.
»Um herauszufinden, welche Trümpfe er noch in der Hand hat, müssen wir unsere Karten eine nach der anderen ausspielen«, sagte er. »Verzweifelt nicht! Wir haben zwar nur einen einzigen Vorteil, doch der ist von unschätzbarem Wert. Ludovico liebt Euch.«
Carla blinzelte, war sich
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