Das Sakrament
nicht ganz sicher, ob sie ihn verstand.
»Treibt kein falsches Spiel mit ihm! Versucht nicht, ihn zu hintergehen oder gegen seine Intrigen und Spielchen anzukämpfen! Dann verliert Ihr gewiß. Bleibt einfach Euch selbst treu, ganz gleich, welche Drohungen er auch gegen uns andere ausstößt, ganz gleich, wie grausam er uns behandelt.« Tannhäuser sah, wiesie zusammenzuckte, und drückte ihr fest die Handgelenke. »Das Ergebnis hängt ganz allein von Euch ab, versteht Ihr?«
Carla nickte, immer noch unsicher, aber er wußte, daß sie sich der Lage gewachsen zeigen würde.
Er ließ sie los und wandte sich Amparo zu. Von allen vieren war sie diejenige, die am wenigsten Angst zeigte. Wie während ihrer Nacht in der Schmiede von St. Elmo im Schein der Esse spürte er, daß die Gewalt, die sie in ihrer Jugend kennengelernt hatte, so schrecklich gewesen war, daß sie nun gegen jegliche Bedrohung immun zu sein schien. Ihre feuchten Augen blickten zu ihm auf, und wie schon früher hatte er das Gefühl, daß sie nur ihn allein sahen, nicht das, für das er stand oder was er war oder was die Welt sich von ihm vorstellte. Er wußte, daß niemand sonst ihn je so anschauen würde, daß sie die Frau seines Lebens war und er nicht gewagt hatte, sich ganz auf sie einzulassen. Er nahm sie in die Arme und drückte sie eng an sich, denn er wußte, daß sie die Erinnerung an diesen Trost brauchen würde.
»Amparo«, sagte er, »sie werden dich als ihre schrecklichste Waffe einsetzen.« Carla gab einen erstickten Schmerzenslaut von sich, den er jedoch überging. Die nächsten Worte blieben ihm beinahe im Halse stecken. »Und ich kann dich nicht schützen. Sag mir, daß du aushalten wirst.«
Amparo schaute ihm einen Augenblick lang in die Augen, und selbst im Schatten waren ihre Augen strahlend und voller Liebe, die er nicht verdient hatte.
Amparo antwortete: »Die Nachtigall ist glücklich.«
Es schnürte ihm die Kehle zu, aber er küßte sie trotzdem auf den Mund, und sie schmiegte sich an ihn. Dann ließ er sie los und wandte sich sofort ab, damit sein fester Entschluß nicht ins Wanken geriet und er nicht doch durch den Gang stürmen und sie alle zum Untergang verdammen würde. Er rief Ludovico mit fester Stimme zu: »Wir legen unsere Waffen beim Blockhaus nieder, vorher nicht.«
»Nun gut«, stimmte ihm Ludovico zu.
Tannhäuser schaute seine Gefährten an. »Nur Mut«, sagte er.Sie machten sich auf den Weg durch den langen Gang, gaben den Frauen unter dem Mordloch Deckung mit ihren Gewehren. Ludovico war verschwunden. Sie zogen Nicodemus auf die Beine, stützten ihn zwischen sich und brachten ihn so unter dem Fallgatter hindurch ins Blockhaus.
Aus den Schießscharten auf den drei äußeren Seiten des Gebäudes waren fünf Läufe von Hakenbüchsen auf sie gerichtet, doch niemand gab einen Schuß auf sie ab. Tannhäuser und Bors legten ihre Gewehre und Schwerter auf den Boden. Nicodemus erwachte aus seiner Ohnmacht, und Bors legte sich den Arm des Jungen um die Schulter. Nun ging es zurück in die Stadt, die sie vor so kurzer Zeit verlassen hatten.
Ludovico und seine Handlanger führten sie im Kreis. Der Mönch trug das Gewand des Ritterordens und schien unbewaffnet. Zur Schande ihres Ordens begleiteten ihn drei Ritter in Halbrüstung. Einer von ihnen war Bruno Marra, den Tannhäuser entfernt kannte. Der zweite sah auch so aus, als könnte er zur italienischen Zunge gehören. Bei dem dritten handelte es sich um Escobar de Corro, den Ritter, den Tannhäuser am Galgenberg verärgert hatte.
Von den übrigen vier Häschern waren zwei Abenteurer aus Messina, Tasso und Ponti. Einer war ein spanischer Tercio namens Remigio, und der letzte war Ludovicos Gehilfe Anacleto.
Anacleto starrte Amparo an, und Tannhäuser gefror das Blut in den Adern. Wieder einmal mußte er mit Gewalt die Wut unterdrücken, weil er sonst den einäugigen Bastard auf der Stelle umgebracht hätte. Er überlegte, ob er fragen sollte, wer sie verraten hatte, aber das würde ihnen auch nicht weiterhelfen. Der Mönch würde es ihm gewiß irgendwann verraten. Aus der Tasche zog Tannhäuser den Brief, den ihm Starkey Wochen zuvor geschrieben hatte und den er in der Herberge für genau solche Augenblicke aufbewahrt hatte. Mit einer galanten Handbewegung hielt er den Brief Ludovico hin.
»Dies ist unser Passepartout nach Mdina, ausgestellt von Bruder Starkey. Es beweist, daß wir keine Deserteure sind.«
Ludovico nahm den Brief entgegen. Ohne das Siegel zu
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