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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Buraq.
    »Mattias«, rief ihm Bors hinterher.
    Tannhäuser drehte sich um und schaute in die wilden grauen Augen des Engländers.
    »Halte zur Contessa Carla, und sei kein Narr«, sagte er lächelnd. »Ihr werdet das schönste hochwohlgeborene Paar seit Salomon und der Königin von Saba abgeben.« Dann schnaufte er tief, als müßte er wie immer herzlich über seinen eigenen Scherz lachen, und etwas barst in ihm, und er hauchte seinen letzten Atem nicht mehr aus. Sein Kopf sank gegen den Baumstamm. So starb Bors von Carlisle.
    Tannhäuser stieg auf Buraq. Er ritt durch den Staub, den der Wind aufgewirbelt hatte.
    Die beiden Ritter und der halbnackte Junge verließen die Ebene und ritten den Pfad zum Corradino so langsam hinauf, daß sie genausogut auf allen vieren hätten kriechen können. Auf der Anhöhe blieben sie stehen. Ringsum erstreckten sich die verlassenen Gräben der Türken. Dahinter lag die Landschaft, von der Orlandu geglaubt hatte, er würde sie nie mehr wiedersehen.
    Der Große Hafen glitzerte saphirblau. Die beiden Halbinseln L’Isla und Birgu waren ihm so vertraut wie seine Hosentasche, und doch schienen sie für immer und alle Zeiten verändert. Die große Umwallungsmauer war von St. Michael bis zum Kalkara Tor eingefallen, und in ihren Gräben türmten sich unzählige Tote. Ganze Bezirke beider Städte sahen aus, als hätte sie ein Riese inseiner Wut zertrampelt. Die von Kugeln zerfetzten Segel der Windmühlen auf L’Isla drehten sich nicht mehr, und doch läuteten in dieser Stadt, die wie eine Totenstadt wirkte, unaufhörlich die Glocken. Irgendwo in diesen Ruinen feierte man das Leben und die Hoffnung und die Zukunft.
    Orlandu schnürte es den Hals zu. Die Moslems waren von der Insel vertrieben worden. Sie hätten niemals hierherkommen sollen. Trotzdem hatte er in der Bucht von St. Paul das Massaker, das an ihnen verübt wurde, mit einer Angst verfolgt, die ihn kaum weniger mitnahm als das, was er für die Männer in St. Elmo gefühlt hatte. Er fragte sich, was Tannhäuser dazu sagen würde. Orlandu schaute zu Ludovico hin und musterte ihn.
    Der schwarze Ritter mit seiner tödlichen Verletzung war ihm ein Rätsel. Ludovico von Neapel. Er hatte noch nie von ihm gehört, und er glaubte doch, daß er die tapfersten Ordensritter alle kannte. Immer noch war der gespenstische einäugige junge Ritter bei ihnen, den Escobar de Corro Anacleto genannt hatte. Orlandu hatte angenommen, daß diese Männer Tannhäusers Verbündete waren, aber dann hatte Bors sie am Engpaß angegriffen und beinahe alle getötet. Nun saß Ludovico in sich zusammengesunken im Sattel. Er atmete in kurzen, kleinen Stößen. Er bemerkte, daß Orlandu zu ihm hinschaute, und hob die Hand.
    »Freust du dich, nach Hause zu kommen, Junge?« fragte er.
    Seine Stimme war sanft. Die Obsidianaugen strahlten immer noch eine Art von Liebe aus.
    »Ja«, erwiderte Orlandu. »Ich stehe für immer in Eurer Schuld.«
    Ludovico rang sich ein Lächeln ab. »Du hast die Haltung eines Mannes. Von wem hat ein Junge wie du das gelernt?«
    »Vom großen Hauptmann Mattias Tannhäuser«, antwortete Orlandu.
    Ludovico nickte, als hätte er sich derlei schon gedacht. »Du hättest dir keinen besseren Lehrmeister wünschen können.«
    Die Verwirrung des Jungen wuchs. »Ihr kennt ihn?«
    »Er und ich, wir sind durch Gottes Willen aneinandergekettet.Und was deine Schuld angeht, so betrachte sie als beglichen, mehr als das.«
    Ludovicos Gesicht verzerrte sich, als ihm der Schmerz scharf durch alle Eingeweide fuhr. Er krümmte sich zusammen. Er gab keinen Laut von sich, der Krampf schwand, und er hob wieder den Kopf.
    »Ich wollte dich mit deiner Mutter, der Contessa Carla, in Mdina vereinen, aber der Berg hätte mich umgebracht.«
    Wieder krümmte er sich zusammen.
    Fragen über Fragen gingen Orlandu durch den Kopf. Anacleto brachte sein Pferd heran, nahm Ludovico die Zügel aus der schwachen Hand und reichte sie Orlandu.
    »Bring ihn ins Hospital«, sagte er. »Frag nach Fra Lazaro.«
    Orlandu nickte, und Anacleto riß sein Pferd herum und ritt den Abhang wieder hinunter. Der Junge schaute ihm nach. Über die sonnenverbrannte Marsa kam ein Reiter in einer Staubwolke auf sie zugeritten. Das Pferd hatte die Farbe einer neuen Goldmünze, und sein Schweif war so hell wie der Weizen. Das Haar des Reiters flatterte wild im Wind und strahlte in der untergehenden Sonne wie Bronze.
    Orlandu sagte: »Tannhäuser.«
    Auch Ludovico hatte ihn gesehen. Er rief seinem

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